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Verkehrsexpertin über Mobilitätswende„Man muss die Alternativen fördern“

Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmen nötig, sagt Ruth Blanck vom Öko-Institut. Etwa eine Energiesteuer und mehr E-Autos.

Für umweltfreundliche Verkehrsanfänger: der „Junior Beetle“ als Bobbycar bei einem VW-Händler Foto: dpa
Heike Holdinghausen
Interview von Heike Holdinghausen

taz: Frau Blanck, gerade reden alle über das Tempolimit. Ist das für den Klimaschutz so wichtig?

Ruth Blanck: Ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn würde ein bis zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen, das sind 1 bis 2 Prozent der Pkw-Emissionen. Das ist noch nicht genug, um die Lücke von 50 Millionen Tonnen Emissionen zu schließen, die wir im Verkehrsbereich 2030 haben, wenn wir weiter nichts tun.

Was sind die einfachsten Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr – die nicht gleich einen Riesenaufstand verursachen?

Wie man sie politisch vermittelt, kann ich nicht beantworten, aber aus wissenschaftlicher Perspektive wären verschiedene Maßnahmen nötig. Es ist derzeit oft sehr schwierig, sich umweltfreundlich zu verhalten. Ich will eigentlich mit dem Rad zur Arbeit fahren, bin aber dabei Schadstoffen ausgesetzt und fühle mich unsicher. Oder will mit der Bahn verreisen, aber Flüge sind billiger. Man muss also die Alternativen fördern – etwa den öffentlichen Verkehr attraktiver machen, das Fahrradfahren sicherer. Aber fördern alleine reicht nicht, man muss auch stupsen.

Stupsen?

Wenn man nur fördert, das zeigen alle wissenschaftliche Studien, dann gibt es mehr Verkehr. Sind Bus und Bahn attraktiv, fahren die Leute zusätzlich damit, lassen das Auto aber trotzdem nicht nur noch stehen. Wir brauchen also auch Maßnahmen, die Verkehr verlagern. Beispiele dafür sind eine Energiesteuer oder eine verbrauchsabhängige Pkw-Maut.

Konflikt um Verkehrs-AG

Nach der Debatte um ein Tempolimit auf Autobahnen hat das Bundesverkehrsministerium ein für Mittwoch geplantes Treffen der Arbeitsgruppe zu mehr Klimaschutz im Verkehr abgesagt. Im Ministerium von Ressortchef Andreas Scheuer (CSU) wurde dies am Dienstag mit der Koordinierung der weiteren Arbeiten aller Arbeitsgruppen der Kommission Nationale Plattform Zukunft der Mobilität begründet. Im Sinne einer „verkehrsträgerübergreifenden Betrachtung“ bedürfe es einer engen Abstimmung mit den übrigen Arbeitsgruppen der Plattform. Ein neuer Termin werde „zeitnah“ mitgeteilt. (dpa)

Dann demonstrieren hier auch bald die Gelbwesten, wie derzeit in Frankreich …

Man müsste das sozial abfedern, zum Beispiel, indem man die Einkommensteuer verändert und niedrige Einkommen geringer besteuert.

Erreichen wir die Klimaziele nicht auch, wenn wir möglichst schnell auf Elektromobilität umstellen?

Elektrofahrzeuge sind eine wesentliche Säule für den Klimaschutz im Verkehrssektor. Mehr Elektroautos brauchen wir also auf jeden Fall. Die bisherige Entwicklung bei der Elektromobilität ist mit den Klimaschutzzielen nicht kompatibel, dazu bräuchten wir im Jahr 2030 etwa 10 Millionen E-Autos. Aber, sich alleine auf die Pkw zu konzentrieren, reicht nicht aus. Allein der Güterverkehr hat ja einen Anteil von etwa einem Drittel an den Treibhausgasemissionen, mit steigender Tendenz. Abgesehen davon geht das auch gar nicht, innerhalb von zehn Jahren den Pkw-Bestand umzustellen. Autos haben eine lange Lebensdauer von zehn bis 15 Jahren; es wäre auch ökologisch nicht sinnvoll, die jetzt alle abzuwracken.

Im Interview: Ruth Blanck

Mathematikerin, forscht am Freiburger Öko-Institut zu Ressourcen und Mobilität.

Den Güterverkehr könnte man ja gleich mit elektrifizieren …

Ja, und zwar zum Beispiel über Oberleitungen. Wir haben dazu gerade ein Forschungsprojekt, das zeigt: Für den Klimaschutz sind Oberleitungen für Lkw am effizientesten. Sie verbrauchen wenig Energie, die Mehrkosten von Fahrzeug und Infrastruktur amortisieren sich schnell. Oberleitungen sind besser als alternative Kraftstoffe. Natürlich ist Diesel etwa auf Basis von Wasserstoff oder Kohlendioxid, an dem geforscht wird, einigen Spediteuren sympathisch. Sie können ein Dieselfahrzeug, das die sogenannten synthetischen Kraftstoffe tankt, so einsetzen wie gewohnt. Mit Oberleitung hingegen müssen sie möglicherweise Routen anders planen und können die Fahrzeuge weniger flexibel einsetzen als zuvor.

Anders planen, flexiblere Routen – ist das vielleicht das größte Problem, dass Klimaschutz im Verkehr uns zu viele Veränderungen abverlangt?

Nein, Menschen können sich verändern. Sie können merken, dass es viel toller ist, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren und entspannt anzukommen. In Deutschland ist aber vieles auf das Auto ausgerichtet, es gibt keine Zulassungssteuern, Parken in den Innenstädten ist immer noch relativ günstig. Wandel ist möglich, man muss ihn nur wollen und darf ihn den Menschen nicht so schwer machen.

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3 Kommentare

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  • Anstatt steuerlich CO2 Erzeugung zu bestrafen, wird Co2 Erzeugung bei der Pendlerpauschale steuerlich noch belohnt. Diese in der Regel besserverdienenden Pendler, die in der grünen Pampa wohnen, stinken mir dann die Stadt zu und fahren mich dann im Schnitt alle zwei Jahre einmal über den Haufen.

    Wenn es dann mal echt böses Wetter hat, dass man überlegt, das Rad stehen zu lassen, muss man viel Geld für eine Fahrkarte ausgeben. Wenn Co2 Reduzierung wünschenswert wäre, sollte man doch die Kosten für den ÖPNV senken oder abschaffen.

  • Für mich ist nicht zu begreifen wie gerade Öko Institute immer noch massal das E-Auto als Lösung sehen.



    Ein E-Auto bei durchschnittlichem Gebrauch ist gleich, oder sogar noch schlechter in der Ökoblilanz als ein normales Auto.



    Frau Ruth Blanck will alles nur umverteilen und damit den Einduck erwecken was für unsere Umwelt zu tun.



    Ach und das ewige Radfahrthema gibt es schon erfolglos seit den 80ern.



    Immer wieder neu füllen Fachleute damit ihre Lücken.



    LKW elektrisch fahren usw. ahhh ja.



    Dann soll sie bitte auch sagen wo dazu im Winter der Strom herkommt!



    Wann begreifen diese Öko Institute endlich, das nur der Verzicht an Konsum in Kombination innovativer Technik hilft und sie den Verbraucher nicht zu noch mehr Konsum ermutigen.



    Na ja, sie müssen sich auch bezahlen (lassen) und haben ihre Auftraggeber und Sponsoren aus der Wirtschaft.



    Die TAZ sollte dann auch nachgehen ob diese hippen Betriebe es wirklich seriös meinen oder auf der Welle schwimmen und nur verdienen wollen.



    Was Frau Ruth Blanck hier anbietet ist jedenfalls kein schlüssiges Konzept und eigentlich ganz armselig für eine bessere Gesamtökobilanz.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Es geht nicht nur um Geschwindigkeiten auf Autobahnen, sondern hauptsächlich um Innenstädte. Laut einer ADFC-Umfrage fahren 80% der Autofahrer innerorts nicht mit dem Fahrrad wegen eben der gefährlichen Autos. Und hier helfen keine Radwege - die wurden von Automobilisten erfunden, um auf den Straßen rasen zu können - hier hilft flächendeckend Tempo 30.



    Dann gelingt die Verkehrswende.