Germania-Insolvenz schwächt Bremer Flughafen: Pleite, Pech und Passagierausfall
Für den Bremer Flughafen ist die Insolvenz der Airline Germania ein herber Schlag – zumal nach dem beleidigten Abflug von Ryanair im vergangenen Herbst.
Die Insolvenz Germanias trifft dabei nicht nur die Reisenden, die der Winterkälte entkommen wollten. Mit rund 14 Prozent Marktanteil ist Germania in Bremen unter den fünf größten Airlines. Von jährlich rund 2,6 Millionen Passagieren des Airports kamen fast 400.000 von Germania. In diesem Sommer sollten 23 Ziele angeflogen werden, im Winter waren es zehn. Um die drei Flugzeuge und wohl rund 100 MitarbeiterInnen hatte die Fluglinie in der Hansestadt stationiert.
Muss man sich nun also Sorgen machen um den Airport? Erst im Herbst 2018 hatte schließlich schon die Billigfluglinie Ryanair aus Rache an arbeitskämpfenden Beschäftigten die Basis in Bremen geschlossen.
Flughafen-Sprecherin Andrea Hartmann erklärte dazu der taz: Aktuell spreche das Flughafen-Management mit großen Reiseveranstaltern über eine Weiterführung der Routen Germanias. Für Einschätzungen zu den Auswirkungen ist es also zu früh. Zu Ryanair betonte Hartmann indes, dass die Fluggesellschaft zwar die Basis geschlossen habe, Bremen aber weiterhin anfliegt.
Die Insolvenz von Germania jedenfalls bedauere der Flughafen „zutiefst“, erklärte Hartmann. Die Fluglinie sei jahrelang eine „starke und zuverlässige Partnerin“ gewesen. Eine „extrem bedauerliche Entwicklung“ nannte auch Tim Cordßen, Sprecher der Wirtschaftsressorts, die Zahlungsunfähigkeit der Airline. Der Flughafen ist zu 100 Prozent in öffentlicher Hand.
Auch Cordßen wollte so kurz nach der Insolvenz noch keine Einschätzungen zu Auswirkungen abgeben. „Man muss abwarten, ob noch Perspektiven auf eine mögliche Wiederaufnahme des Flugbetriebes bestehen“, sagte er der taz. Womöglich könne Germania im Rahmen des kommenden Verfahrens die Finanzierungsprobleme bewältigen. „Sollte das nicht gelingen, müssen wir schauen, wie die Lücken geschlossen werden“, so Cordßen. „Aber wir wissen, dass Flughafengeschäftsführer Elmar Kleinert alles dafür tun wird, um die Auswirkungen zu begrenzen.“
Germania gibt es seit über 30 Jahren, die mit insgesamt mehr als 30 Mittelstrecken-Jets in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.
Laut Gewerkschaft Ver.di sind bundesweit rund 1.150 Arbeitsplätze von der Pleite betroffenen. Weil es keine Tarifverträge und keine Betriebsräte gebe, sei die Gewerkschaft eigentlich nicht involviert. Sie sicherte den Beschäftigten aber dennoch rechtliche Unterstützung zu. Für das Scheitern von Germania und Air Berlin machte Ver.di einen ruinösen Wettbewerb unter den Airlines verantwortlich. Billige Tickets seien zulasten der Beschäftigten gegangen.
Kein Anspruch auf Ersatzbeförderung
Indes hat die Bundesregierung ein Eingreifen ausgeschlossen. Nach der Insolvenz von Air Berlin im Sommer 2017 hatte sie dem Unternehmen noch einen Kredit gewährt, um den Flugbetrieb zunächst aufrechtzuerhalten.
Im Fall von Germania sitzen die Kunden nun auf dem Trockenen. Die Fluggesellschaft erklärte, dass Passagiere, die ihre Tickets direkt bei ihr gebucht haben, keinen Anspruch auf Ersatzbeförderung hätten – anders als Pauschalreisende, die sich an ihren Reiseveranstalter wenden könnten.
Vor diesem Hintergrund forderten Verbraucherschützer erneut eine bessere Absicherung der Kunden. Trotz der Erfahrungen mit Air Berlin sei eine Insolvenzversicherung für Fluggesellschaften, die Kunden helfe, noch immer nicht beschlossen, hieß es vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Germania-Kunden drohe nun „immenser Schaden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies