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Managerinnen in FußballvereinenFrauenquote gegen Männerallmacht

Katja Kraus saß selbst im HSV-Vorstand und fordert eine Frauenquote, um die Männerdominanz in den Vereinen zu brechen. Sexismus sei ein Problem.

Über Rasenplätze und Vereinsführung fachsimpeln Männer lieber mit Männern. Foto: Willian Justen de Vasconcellos/ Unsplash

Hannover taz | Wie renitent der Profifußball noch einem Gesellschaftsbild der 50er-Jahre anhängt, bringt Katja Kraus in einem Satz auf den Punkt: „Außer der katholischen Kirche und der Fußballbundesliga gibt es keine Institution mehr, die nicht wenigstens das Bewusstsein hat, dass es gewinnbringend wäre, Frauen in Führungspositionen zu haben.“ Zwar gibt es vereinzelt weibliche Aufsichtsratsmitglieder in den Klubs, spätestens die Vorstände sind aber komplett mit Männern besetzt.

Kraus, die selbst als einzige Frau acht Jahre lang dem Vorstand des Hamburger SV angehörte und dort für Marketing und Kommunikation verantwortlich war, fordert deshalb eine Frauenquote für Aufsichtsräte in den Vereinen. Der Frauenanteil sei nur durch Druck zu erhöhen, sagte sie in einem Interview mit t-online. „Die intrinsische Motivation, Potenziale von Frauen zu nutzen, gibt es nicht.“

Auch Kraus ist am Anfang ihrer Karriere auf Widerstände gestoßen. Von 1998 bis 2003 war die Ex-Nationaltorhüterin Pressesprecherin bei Eintracht Frankfurt. Doch obwohl sie in über 200 Bundesligaspielen im Tor gestanden hatte, musste sie sich in der Männerwelt des Vereins erst durchsetzen. „Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass es eine solche Ablehnung geben würde, nur weil ich eine junge Frau war“, sagt Kraus, die heute geschäftsführende Gesellschafterin einer Sportmarketingagentur ist.

Katja Kraus Foto: dpa

Heute hinterfragt die 48-Jährige, die seit 2014 auch im Aufsichtsrat von Adidas sitzt, öffentlich die Spielregeln im Fußballgeschäft. In den Vereinen bekommen in vielen Fällen männliche Ex-Profis Posten. Versorgungsmentalität nennt sie das. „Frauen können das Land führen und Wirtschaftsunternehmen, aber Fußballmanagement wird zur Geheimwissenschaft erklärt“, sagt Kraus. „Erstaunlicherweise stellt das niemand infrage.“

Problematisch findet sie auch die „archaische Symbolik“ im Fußball. „Das Trikot vom Leib reißen, um den muskulösen und tätowierten Oberkörper zu zeigen, zählt dazu“, sagt Kraus – genau wie bestimmte Aussagen: „‚Schwule Pässe‘ oder ‚Wir sind doch keine Frauen‘ sind Beispiele dafür.“

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1 Kommentar

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  • Zitat: „Die intrinsische Motivation, Potenziale von Frauen zu nutzen, gibt es nicht.“

    Manchmal sind Fremdworte offenbar Glückssache.

    Als „intrinsisch[]“ gilt eine Motivation dann, wenn sie nicht von außen kommt, zum Beispiel in Gestalt eines Befehls. Intrinsisch lassen sich Menschen antreiben, wenn sie das, was sie zu tun haben, als interessant oder ermutigend betrachten. Wer EXtrinsisch lernt oder arbeitet, fürchtet sich vor den Folgen des Nicht-Lernens. Wer INtrinsisch lernt oder arbeitet, freut sich auf den „Ertrag“.

    Katja Kraus scheint zu denen zu gehören, die den Wettbewerb lieben. Auf den Foto neben dem Text schaut sie jedenfalls ziemlich herausfordernd in die Welt. Wäre sie wirklich eine „Kämpferin“, wäre es kein Wunder, wenn ihr auf ihrem beruflichen Weg nur Männer begegnet wären, die sich quasi im Kampfmodus befunden haben. Eventuelle intrinsische Motive treten in diesem Modus leider sehr stark in den Hintergrund.

    Schon möglich, dass die 48-jährige Managerin noch keinen Mann gesprochen hat, der ihr intrinsische Motive für seine Entscheidungen genannt hat. Das bedeutet aber nicht, dass es solche Männer nicht gibt. Es bedeutet nur, dass sie sich Katja Kraus gegenüber nicht geoutet haben. Hätte ich auch nicht getan, und ich bin definitiv kein Mann.

    Nein, ich glaube nicht, dass Katja Krause schon „die Spielregeln im Fußballgeschäft [hinterfragt]“. Vermutlich hinterfragt sie immer noch sich selber. Wieso bin ich nicht darauf gefasst gewesen, dass „es eine solche Ablehnung geben würde“?, mag sie sich fragen. Sie sucht nach einem Schuldigen, und der will sie nicht sein. Und weil sie sich als Frau versteht, nimmt sie die Frauen völlig aus dem Blick. Der Mann ist schuld, so viel steht für sie fest. Auf in den Kampf!

    Aber es ist ja grade der Kampfmodus, der dem intrinsischen Motiv im Wege steht. Wer dauernd kämpfen muss, der hat gar keine Zeit sich selber zu befragen. Ob Katja Krause das wohl wissen will? Vermutlich nicht. Wie könnte sie sonst siegen wollen?