Nach Chemnitz und Köthen: „Die Strukturen offenlegen“
Nach Chemnitz und Köthen reagieren die Innenminister. Sie wollen prüfen, ob sich ein überregionales Netzwerk von Rechtsextremen gebildet hat.
Szenen, die sich nicht wiederholen sollen. So jedenfalls wollen es die Innenminister von Bund und Ländern, die sich ab Mittwoch in Magdeburg versammeln, zu ihrer halbjährlichen Konferenz. „Wir müssen prüfen, ob sich ein Netzwerk fremdenfeindlicher Rechtsextremisten gebildet hat, das überregional agiert“, sagt Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt und Gastgeber der Konferenz, der taz.
„Die Mobilisierung in Köthen und Chemnitz war rasant. Und immer wieder sind es die gleichen Szeneakteure, die auftauchen“, so Stahlknecht. „Das müssen sich die Verfassungsschutzämter genauer angucken und mögliche Strukturen offenlegen.“ Ein entsprechender Beschluss soll auf der Innenministerkonferenz gefasst werden. „Gerade die Erfahrung, dass wir bei der bundesweiten NSU-Terrorserie jahrelang im Blindflug waren, darf sich nicht wiederholen“, betont Stahlknecht.
Auch Sachsen unterstützt das Vorhaben. Nicht zuletzt die Ereignisse in Chemnitz hätten gezeigt, dass gewaltbereite Extremisten heute „gut vernetzt und in der Lage sind, schnell und überregional für Versammlungen zu mobilisieren“, sagt Innenminister Roland Wöller (CDU) der taz. Die Sicherheitsbehörden müssten hier zu besseren Prognosen kommen und mehr länderübergreifend kooperieren. „Wir benötigen frühzeitig umfassende Informationen über geplante Aktionen der Extremisten, um rechtzeitig entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten“, so Wöller. Deshalb werde man auf der Innenministerkonferenz über ein neues Beobachtungsobjekt – ein bundesweites Netzwerk „muslim- und fremdenfeindlicher Rechtsextremisten“ – diskutieren.
Gemeinsam den Rechtsextremismus bekämpfen
Schon Anfang November hatten sich Stahlknecht, Wöller und der Thüringische Innenminister Georg Maier (SPD) getroffen und ein verstärktes Vorgehen gegen Rechtsextremisten vereinbart. Auch hier waren Anlass die Vorkommnisse in Chemnitz und Köthen. Die Ereignisse hätten verdeutlicht, dass man nur gemeinsam den Rechtsextremismus bekämpfen könne, erklärten die Minister damals.
Für die Innenministerkonferenz hat zudem Bremens Innenminister Ulrich Mäurer (SPD) angekündigt, auch über die aktuelle Rolle der „Neuen Rechten“ sprechen zu wollen – deren Vertreter ebenfalls in Chemnitz und Köthen auftauchten. Die Bewegung sei „zunehmend gefährlich“ und untergrabe systematisch die Demokratie, so Mäurer. Auch die AfD mische hier mit. „Wir haben heute tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die AfD zumindest in Teilen rechtsextremistisch ist.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz müsse diesen Bereich „noch aktiver“ ins Visier nehmen und „zügig“ Ergebnisse liefern, fordert Mäurer.
Derzeit wertet der Bundesverfassungsschutz Material aus den Landesämtern über die AfD aus. Geprüft wird, ob die rechtspopulistische Partei künftig unter Beobachtung des Geheimdienstes genommen werden muss. Eine Entscheidung soll zum Jahreswechsel fallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos