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Kommentar Ausbau der BahnstreckenScheuers Murks

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Der CSU-Verkehrsminister plant den Schienenausbau: ohne Finanzierung, ohne Ehrgeiz, ohne Perspektive. Aber dafür mit unsinnigen Großprojekten.

Null Motivation für die Bahn, dafür umso mehr für den Straßenausbau Foto: reuters

B undesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) fehlt jeder politische Ehrgeiz, wenn es um die Bahn geht. Er hat eine Liste von 29 zusätzlichen Projekten für den Bahnausbau vorgelegt, die neben den bereits geplanten vorangetrieben werden sollen. Das klingt gut, denn jedeR Bahnfahrende weiß, wie wichtig der Ausbau ist. Das Problem: Finanziert sind diese Projekte nicht. Ob sie kommen oder nicht, hängt vom Willen und der Kassenlage von Ländern und Kommunalvereinigungen ab. Und die längst überfällige weitere Elektrifizierung der Bahn kommt nicht voran, selbst wenn alle anvisierten Projekte realisiert werden. So werden vielerorts noch viel zu lange umweltschädliche Dieselloks fahren.

Der Bundesverkehrsminister murkst herum, statt mit Verve die dringend nötige Modernisierung der Bahn voranzubringen. Die Bundesregierung ist nach wie vor nicht dazu bereit, das erforderliche Geld in den Umstieg auf die Schiene zu stecken. Sie verhindert, dass mehr Waren umweltfreundlich transportiert und Straßen entlastet werden und AutofahrerInnen lieber den Zug nehmen.

Gleichzeitig werden Unsummen in den Ausbau von Straßen gesteckt. Das ist fatal – ökologisch und ökonomisch. Wer dem Auto weiterhin den Vorrang einräumt, heizt den Klimawandel an und verspielt die wirtschaftliche Zukunft der Bundesrepublik. Ohne eine moderne Verkehrsinfrastruktur werden nicht nur BürgerInnen, sondern auch Unternehmen ein massives Problem haben.

Besonders beunruhigend: In Scheuers Plänen ist auch die Rede von einem unterirdischen Bahnhof in Frankfurt am Main. Das erinnert fatal an das Megaprojekt Stuttgart 21. Statt Ähnliches zu planen, muss sich die Bundesregierung schnellstens von diesem Wahnwitz verabschieden. Auch nach Beginn der Bauarbeiten ist das noch möglich. Die GegnerInnen des Projekts haben schlüssige Konzepte vorgelegt, mit denen viele Milliarden eingespart werden könnten. Dieses Geld wäre gut angelegt in einer Verkehrswende, die diesen Namen verdient.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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7 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Nett geschimpft - ein kritischer Kommentar geht anders. Herrn Scheuer fehlt nicht der ministerielle Ehrgeiz sondern der politische Wille. Das sind zwei verschiedene Ansätze und die ziehen sich durch den gesamten Kommentar. Abgesehen davon ist verkehrspolitisches Handel in diesem CSU-Miniterium weiterhin nicht in Sicht. Nur Klientelpolitik und Bestandsschutz. Ob der Menge der Missstände lohnt keine kommentierte Mängelliste.

  • Stuttgart 21 ist politisch kaum noch zu verhindern. Die 2. Stammstrecke in Muenchen zu stoppen und durch sinnvolle Alternativen zu ersetzen, waere aussichtsreicher.

    • @meerwind7:

      Bitte nicht das eine gegen das andere ausspielen! Politisch gewollte Projekte sind nie leicht zu stoppen. Die Behauptung, das jeweilige Projekt sei nun "unumkehrbar", gehört zur Begleitmusik eines jedes solchen Projekts. Speziell für Stuttgart 21 gibt es einen hervorragenden Alternativvorschlag (umstieg-21.de), der das bisher Gebaute zu großen Teilen mitverwendet, viel Geld spart und dennoch den Bahnhof um Welten leistungsfähiger macht. Außerdem fehlen für S21 noch die Genehmigungen für zwei wesentliche Teilbereiche (Flughafen- und Wartungsbahnhof), die Finanzierung ist nur bis nächtes Jahr gesichert, und es laufen Anzeigen z.B. wegen eines katastrophalen Brandschutzes (BER lässt grüßen). Also nicht so schnell die Flinte ins Korn werfen, nur weil die Grün-Schwarze Landesregierung und all ihre Verbündeten im Bund und in der Bau- und Immobilienwirtschaft den Weiterbau für "alternativlos" erklären.

  • ja, ich bin genauso sauer darueber.



    aber meine frage ist: wo bleibt der deutsche rechnungshof? fakt ist - das gesamte deutsche strassennetz ist gar nicht zu finanzieren. jetzt schon gibt es genug marode bruecken. das wird natuerlich im laufe der zeit immer schlimmer, es werden immer mehr bruecken und strassen dazukommen, die saniert werden muessen. jetzt lastet auf deutschland bereits ein investitionsstau im dreistelligen milliardenbereich. und dieser berg wird immer hoeher.



    wer nicht sofort den verkehr von der strasse holt und sogar immer schwerere lkw zulaesst, die den asfalt noch staerker angreifen und zerbroeseln, der handelt straeflich und dumm. dieser riesige schuldenberg wird mit den jahren immer weiter vorangeschoben, bis er wie eine monsterwelle ueber deutschland zusammenkracht.



    mit anderen worten, wenn kein geld mehr da ist, ganze abschnitte gesperrt werden muessen und der verkehr zusammenbricht

  • Der Bundesverkehrsminister hat von der Automobilindustrie aus, zwei wesentliche Aufträge zu erfüllen. Zum einen, muss er die Bahn mit dem Bund als Mehrheitseigner, auf dem minimal notwendigen Niveau einnorden, damit deren Güterverkehr keine LKW von der Straße holt und womöglich Gewinne von Daimler, VW und Konsorten schmälert. Zum anderen, muss er Straßen bauen, damit die vielen schon fahrenden und noch zu verkaufenden LKW, irgendwie unterwegs sein können. Dafür darf er die bayerischen Infrastrukturprojekte voranbringen nach dem Motto 15:1, also 50% für Bayern und den Rest für die anderen Bundesländer.



    Ich weiß wirklich nicht, warum sich überhaupt noch Jemand fragt, weshalb der Mann sich so verhält, wie er es tut. Haben wir die Ära Dobrindt schon vergessen?

    • @Weidle Stefan:

      Wundert sich ja keiner. Aber ärgern darf man sich schon noch? :)

    • @Weidle Stefan:

      Eine bayrische Auto-Ära gibt es ja nicht nur seit Dobrindt; einen gewissen Ramsauer darf man in dieser bahnfeindlichen Phalanx von blau-weißen sogenannten Verkehrsministern nicht vergessen.

      Und nun präsentiert uns dieser neuste vom Generalsekretär CSU-üblich und zwangsläufig ins Regierungsamt aufgestiegene Scheuer auch noch ein neues unterirdisches Milliardenloch in Frankfurt.

      Dort muss nicht einmal -wie in Stuttgart- ein gewaltiges Immo-Geschäft als Begründung für den planerischen Offenbarungseid "Tiefbahnhof" herhalten.

      Als täglicher Bahnkunde muss man die ungezählten Unzulänglichkeiten der DB AG mit ihrem maroden Schienennetz, dem überalterten Rollmaterial und einem wenig bahnkompetenten Management erleben.

      Aber der von der Autoindustrie be-, sagen wir mal begeisterte Verkehrsministerdarsteller steckt das wenige für die Bahn reservierte Geld lieber in ein neues sinnfreies Großprojekt, statt endlich einmal den hochbezahlten Herren im Bahn-Tower klar zu machen, was die bahnfahrende Bevölkerung von diesen hochbezahlten (Nicht-)Fachleuten eigentlich erwartet.