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Wohngipfel der BundesregierungViel Bekanntes, frisch verpackt

Die Regierung kündigt eine Wohnraumoffensive und fünf Milliarden Euro für Sozialwohnungen an. Der Mieterbund sieht nur „Symbolcharakter“.

Keine Luftschlösser: 100.000 neue Sozialwohnungen sollen bis 2021 entstehen Foto: dpa

Berlin taz | Mehr Wohngeld für Geringverdiener, fünf Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau und eine stärkere Beteiligung der Bundesregierung am sozialen Neubau – das sind einige der Punkte aus dem Eckpunktepapier vom sogenannten Wohngipfel am Freitag im Bundeskanzleramt.

Es sei „eine große Kraftanstrengung“ für mehr Wohnungen nötig, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Wohnraumoffensive sei „die größte Anstrengung, die je unternommen wurde, in dieser Breite, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagte Horst Seehofer (CSU), Minister für Inneres, Bau und Heimat. An dem Gipfel nahmen die Kanzlerin, zuständige Minister, Immobilienverbände und Mietervertretungen teil.

Im Rahmen der „Wohnraumoffensive“ sollen in dieser Legislaturperiode rund 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Die Beschlüsse des Gipfels knüpfen dabei auch an bereits Bekanntes an. So sollen steuerliche Abschreibungen im Neubau gefördert werden, es gibt ein Baukindergeld. Die Mietpreisbremse wurde bereits verschärft, die Modernisierungsumlage abgesenkt.

Mit einer Wohngeldreform im Jahre 2020 sollen das Leistungsniveau und die Reichweite dieser Leistung gestärkt werden, heißt es in dem Eckpunktepapier. Vorgesehen ist, dass in Deutschland bis 2021 mehr als 100.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden. Die Bundesregierung will den Ländern für den Zeitraum von 2018 bis 2021 dafür mindestens fünf Milliarden Euro zuschießen.

Die Länder müssen kräftig zuschießen

Dies sind umgerechnet aber nur 50.000 Euro Bundeszuschuss pro Sozialwohnung – die Länder müssen noch kräftig drauflegen. Die Große Koalition will das Grundgesetz dahingehend ändern, dass sich der Bund künftig auch direkt an konkreten Bauvorhaben finanziell beteiligen kann, was bisher nicht möglich ist. Bundeseigene Grundstücke sollen verbilligt für den Wohnungsbau abgegeben werden.

Künftig soll der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete nicht mehr nur die vergangenen vier, sondern die vergangenen sechs Jahre einbeziehen. Dies ergibt meist einen niedrigeren Mietspiegel. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erklärte zudem, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten erschwert werden solle.

Der Wohngipfel habe vor allem „Symbolcharakter“, sagte am Freitag Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes. Er kritisierte das Baukindergeld als „wohnungspolitisch unsinnig“, da es nur zu „Mitnahmeeffekten in ländlichen Regionen führe und in den Städten allenfalls zum Kauf von Eigentumswohnungen reize. Steuerliche Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsbau machten nur Sinn, wenn sich die Bauherren gleichzeitig verpflichteten, bestimmte Mietobergrenzen nicht zu überschreiten. Mietobergrenzen sind bisher nicht geplant.

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2 Kommentare

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  • Das ist tatsächlich nur ein Symbölchen. Wirklich durchschlagend wären ganz andere Größenordnungen. Und ganz andere Gesetzesänderungen. Aber das ist nicht zu erwarten bei einer konservativ-wirtschaftshörigen Regierung.

  • Fünf Milliarden sind viel zu wenig. Es müssten 100 Milliarden in den Wohnungsbau investiert werden. Und das sofort. Wohnungen müssten für alle unteren Schichten zur Verfügung stehen, ausreichend, genug und auch bezahlbar.



    Was hier bei uns abläuft, vor allem in Großstädten sind Mafiamethoden, unbezahlbare Wohnungen und soziale Armut.



    Sinkende Arbeitslosigkeit ist bei uns im Gange, aber zu welchem Preis?

    Zwischen 2004 und 2014 stieg der Anteil der ‚working poor‘ an allen Erwerbstätigen von 4,8 Prozent auf 9,6 Prozent.“ Darauf machte Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz (NAK), in Berlin aufmerksam.



    Jedoch ist der Lohn sehr oft so niedrig sodass dieses Einkommen nicht ausreicht um solche Mietpreise zu bezahlen, viel weniger noch um ein leben auf dem Existenzminimum zu führen.