piwik no script img

1,2 Milliarden Euro übrig

Finanzsenator Kollatz (SPD) will Jahresüberschuss vor allem zum Schuldenabbau nutzen. Unternehmensverbände wollen mehr Tilgung

Von Stefan Alberti

Viel investieren, aber auch massiv Schulden tilgen: Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) will weiterhin diesen Weg verfolgen, um vom immer noch rund 59 Milliarden Euro großen Schuldenberg des Landes herunterzukommen. Am Mittwoch kündigte er vor Journalisten an, dass nach seinem Willen der Großteil des zu erwartenden Jahresüberschusses dazu dienen soll, nämlich 800 Millionen von 1,2 Milliarden Euro. Zu dem Überschuss kommt es durch höhere Steuereinnahmen und nicht ausgegebene Haushaltsgelder.

Vergangenes Jahr hatte Berlin über eine Milliarde Euro getilgt. Das geschah gegen anfänglichen Widerstand der Linkspartei, die gerne noch mehr Geld in Investitionen gesteckt hätte. „Das war ein Riesenkraftakt“, sagte Kollatz bei der Vorstellung der Finanzplanung 2018 bis 2022. Berlin muss zwar seit sieben Jahren keine neuen Kredite mehr aufnehmen, um seine Ausgaben zu decken, muss aber trotzdem viel Geld für seine Altschulden zahlen: Trotz rekordhaft tiefer Zinsen sind dafür 2018 über 1,3 Milliarden fällig, ohne dass dadurch ein einziger Euro getilgt wäre.

Die Linkspartei argumentierte bislang, Investitionen seien der beste Schuldenabbau. Beispielsweise sei das günstiger, wenn man heute eine marode Brücke saniere, als es auf die Zukunft zu verschieben. Gerade die niedrigen Zinsen würden das ermöglichen. Das laufende Jahr zeigte aber, dass es die Senatsverwaltungen und Bezirke gar nicht schaffen, die im Haushaltsplan ohnehin vorgesehenen Investitionen von 2,2 Milliarden Euro – so viel wie nie zuvor in der Berliner Geschichte – komplett zu verbauen.

Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) drängt die rot-rot-grüne Koalition zu einem ausgeglicheneren Verhältnis zwischen Investitionen und Tilgung: „Der Senat sollte ehrgeiziger sein: In einer Zeit mit Rekordwachstum müssen die immer noch immensen Schulden deutlicher abgebaut werden.“ Ähnlich äußerte sich die Industrie- und Handelskammer.

In dieser Pflicht sieht sich auch Senator Kollatz: „Zukünftige Generationen erwarten von uns, dass wir in einer Situation, in der die Möglichkeit zur Schuldentilgung besteht, diese auch nutzen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen