: Kein Schiff wird kommen
177 gerettete Bootsflüchtlinge müssen weiterhin auf dem italienischen Küstenwachschiff „Diciotti“ harren, das im Hafen von Catania auf Sizilien vor Anker liegt. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte erklärt, die Menschen erst dann an Land gehen zu lassen, wenn andere EU-Länder sich zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit erklären würden. Ein Sprecher des italienischen Innenministeriums erklärte am Mittwoch, von Seiten Italiens gebe es zu dem Fall keine Neuigkeiten.
Die Flüchtlinge waren am vergangenen Donnerstag in der maltesischen Rettungszone aufgenommen und auf das Boot der italienischen Küstenwache gebracht worden. Die maltesische Regierung hatte der „Diciotti“ das Anlegen verweigert, am Montagabend war sie dann in Catania eingelaufen.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen forderte die italienische Regierung auf, die Menschen von Bord zu lassen. Teams der Hilfsorganisation stünden bereit, um „dringend benötigte psychologische Hilfe“ zu leisten. Auch die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR hatte Italien aufgefordert, die Flüchtlinge aus humanitären und medizinischen Gründen an Land gehen zu lassen.
Bereits im Juli war die „Diciotti“ mehrfach durch Anweisungen der eigenen Regierung bei Rettungsaktionen behindert worden. Ein italienisches Ölversorgungsschiff hatte Ende Juli zudem 108 Schiffbrüchige zurück nach Libyen gebracht. 2012 war Italien vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, weil es eine Gruppe von 227 Flüchtlingen zurück nach Libyen geschickt hatte.
Den privaten Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer ist es derweil weiterhin zum großen Teil unmöglich, eine aktive Seenotrettung zu betreiben. Die drei Schiffe „Sea-Watch 3“, „Lifeline“ und „Seefuchs“ liegen im maltesischen Hafen von Valetta, wo sie nicht auslaufen dürfen. Bei der „Seawatch 3“ und der „Lifeline“ geht es um angeblich mangelhafte Registrierungen, bei der „Seefuchs“, die wie die vor Tunis festgehaltene „Sea-Eye“ vom Regensburger Verein Sea-Eye betrieben wird, um flaggenrechtliche Probleme. Die „Iuventa“ der Organisation Jugend Rettet wurde bereits im August 2017 von den italienischen Behörden festgesetzt, weil sich die Crew an Schlepperei beteiligt haben soll – eine Anklage gibt es bis heute nicht.
Die „Aquarius“ der französischen Organisation SOS Méditerranée befindet sich derzeit in internationalen Gewässern von Tunesien, wo das Schiff fünf Menschen von einem Schlauchboot gerettet hat. Eigentlich war das Schiff auf dem Weg nach Marseille, um rechtliche Probleme zu klären: Gibraltar hatte angekündigt, dem Schiff die Flagge zu entziehen.
Während die maltesische Regierung einen Großteil der privaten Seenotrettungsschiffe am Auslaufen hindert, hat das Land seine eigenen Rettungsbemühungen offenbar verstärkt: Mehrfach rettete das maltesische Militär in den letzten Tagen Flüchtlinge, Zuletzt wurden am Mittwochmorgen 100 Schiffbrüchige von einem Boot südlich der Insel aufgegriffen.
Malene Gürgen
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