: Meşale Tolu darf die Türkei verlassen
Die deutsche Journalistin will am Sonntag nach Deutschland reisen. Die Ausreisesperre gegen ihren Ehemann bleibt bestehen
Von Jannis Hagmann
Meşale Tolu darf aus der Türkei ausreisen. Die deutsche Journalistin bestätigte am Montag Meldungen, dass eine Ausreisesperre gegen sie aufgehoben worden sei. „Ich bedanke mich bei meinem Unterstützerkreis und bei allen, die sich für meine Freiheit eingesetzt haben“, schrieb sie auf Twitter. Die in Ulm geborene 33-Jährige ist wegen Terrrorvorwürfen angeklagt. Tolu war im April 2017 bei einer Razzia in ihrer Wohnung in Istanbul festgenommen worden. Im Dezember wurde sie aus der Untersuchungshaft entlassen und mit einer Ausreisesperre belegt.
Zusammen mit der Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel und des Menschenrechtlers Peter Steudtner hatte der Fall die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet. Auch Yücel und Steudtner sind wieder frei. Die Prozesse gegen die drei wurden aber nicht eingestellt.
Tolu wird vorgeworfen, Mitglied der Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) zu sein, die Ankara als Terrororganisation eingestuft. Nach Tolus Angaben soll der Prozess am 16. Oktober fortgesetzt werden. Im selben Verfahren angeklagt ist ihr Ehemann Suat Çorlu. Ein Solidaritätskreis, der sich für die Freilassung beider einsetzt, teilte mit, Çorlus Ausreisesperre bleibe bestehen. Tolu selbst wolle am Sonntag nach Deutschland reisen.
Die Entscheidung, Tolu ausreisen zu lassen, erfolgt in politisch unruhigen Zeiten. Die Türkei ist in einen diplomatischen Konflikt mit den USA verwickelt. Am Montagmorgen wurde zudem die US-Botschaft in Ankara beschossen. Ein oder mehrere unbekannte Täter schossen aus einem Auto mehrmals auf das Gebäude. Verletzt wurde niemand.
Nachdem sich der Streit mit den USA zugespitzt hatte, waren vergangene Woche mehrere in der Türkei inhaftierte Europäer freigelassen worden, darunter der türkische Mitarbeiter der Londoner Organisation Amnesty International, Taner Kılıç, sowie zwei griechische Soldaten. Beobachter werten dies als Annäherungsversuch an die EU. Im September wird Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland erwartet. Nach Angaben Berlins sind aber weitere sieben Deutsche aus „politischen Gründen“ in Haft.
Außenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich am Montag erleichtert darüber, dass Tolu ausreisen darf. „Auch wenn das Verfahren noch nicht beendet ist, ist dies eine gute Nachricht für Frau Tolu und ein Schritt für die Verbesserung unseres Verhältnisses zur Türkei.“ Die Reporter ohne Grenzen forderten: „Die türkische Justiz muss jetzt auch die absurden Vorwürfe gegen Meşale Tolu fallenlassen und die Ausreisesperre gegen ihren Mann aufheben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen