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Mit peinlichen Grüßen

Mit einer würdigen Veranstaltung am Herero-Mahnmal begeht der Verein „Der Elefant“ den Jahrestag des Gefechts von Ohamakari. Bürgermeister Carsten Sieling schickt einen nicht ganz so würdigen Brief

Das Herero-Mahnmal vor dem Antikolonialdenkmal Foto: Chris Scherf/Wikimedia Commons

Von Benno Schirrmeister

Fast 200 Menschen haben gestern am Herero-Mahnmal vor dem Elefanten, einem Kreis von Findlingssteinen vom Waterberg, an den Beginn des Gefechts von Ohamakari erinnert. Oder besser gesagt: an den Völkermord an Herero und Nama und Bremens Anteil an diesem Verbrechen. „Es geht darum, dass dieses Unrecht nicht wieder geschieht“, sagte Gu­drun Eickelberg, Vorsitzende des Vereins „Der Elefant“, der das Gedenken organisiert hat und institutionalisieren will. Es war eine würdige Veranstaltung.

Das Gefecht von Ohamakari dauerte vom 11. bis 14 August 1904. Es markiert, in die deutsche Geschichtsschreibung als „Schlacht vom Waterberg“ eingegangen, sowohl das Ende des Aufstands von Herero und Nama gegen die einst von Bremen aus gestarteten deutschen Besatzung Namibias als auch den Beginn des Genozids.

Gnadenlos metzelten die kaiserlichen Truppen unter Führung von Generalleutnant Lothar von Trotha die Einheimischen auch nach der Schlacht noch nieder, trieben Überlebende in die Wüste, „reinigten den Busch“, so ihr zynischer Ausdruck. Fünf Jahre später waren von ursprünglich fast 100.000 Herero und Nama nur noch 15.000 am Leben, viele von ihnen in Botswana. Ihre Nachfahren sind im heutigen Namibia eine verschwindende, ökonomisch diskriminierte Minderheit ohne Repräsentanz.

„Gerade deshalb ist so ein Event für uns sehr wichtig“, sagte der Berliner Herero-Aktivist Israel Kaunatjike, der taz auf Nachfrage. Er bedauerte sehr, nicht an der Gedenkveranstaltung teilnehmen zu können – der Sturm hatte seine Reise nach Bremen unterbrochen. „Es ist für uns die Möglichkeit, unsere Forderungen öffentlich zu machen“, sagte er.

Die taz hatte allerdings in der vergangenen Woche skeptisch auf die Pläne zum Gedenken geblickt: Auf seiner Homepage hatte der Verein in einem von Ralf Saxe und Medienkünstler Michael Weisser verfassten Text Josef I. Frederiks, in den 1880ern Oberhaupt der Bethanien-Nama, mit dem verletzenden Begriff Hottentotten-Kapitän etikettiert. Vor allem aber hatte der Programmflyer den Eindruck erweckt, das Setting des Festakts reproduziere trotz bester Absichten rassistische Stereotypen. Ein Auftritt Kaunatjikes war da noch nicht angekündigt, die Rednerliste bestand aus weißen Honoratior*innen. Dazwischen sollte Gospelsänger Ady Ariwodo auftreten. „In den Pausen singt der N****“, so die Headline.

„Ich war stinksauer“, gestand Saxe am Rande der Gedenkveranstaltung. Allerdings, in seinem Schlusswort hob der Vereins-Vize hervor, das noch nicht verwirklichte Anliegen sei „das koloniale Gedenken in der Mitte der Gesellschaft zu verankern“. Die aber ist ohne kritischen Diskurs nicht zu haben – gerade weil dort die Debatte um Gedenken mit immer härteren Bandagen ausgetragen wird.

Das kann weh tun, weil Gedenkveranstaltungen anfällig für Peinlichkeiten sind. Sie können in hohles Pathos umschlagen. Oder die Opfer und ihre Nachfahren in die passive Rolle derjenigen drängen, derer gedacht wird, sodass ungewollt das dem vergangenen Verbrechen ursächliche Machtverhältnis wiederholt wird. Das kann etwa als paternalistischer Rat artikuliert werden, lieber „in Klageverfahren keine Lösung des Problems“ zu suchen. Denn eine solche Anspielung auf das Gerichtsverfahren, das Herero-Nachfahren in New York betreiben, ließ Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) in seinem Grußwort ausrichten, mit Verweis darauf, dass er ja im Juni mit Vertretern der namibischen Regierung gesprochen habe.

„So ein Statement kann er sich sparen“, sagt Kaunatjike der taz. „Wir lassen uns nicht das Recht absprechen, unsere Forderungen auf dem Rechtsweg zu verfolgen.“ Keinesfalls könne nämlich die Regierung Namibias für die Opfer sprechen. Die Klage soll nicht nur den Weg für Reparationszahlungen frei machen, sondern zunächst einmal den Herero einen Rechtsanspruch auf Mitwirkung an den zwischenstaatlichen Konsultationen verschaffen. Denn „wir vertreten die Mehrheit der Herero“, so Kaunatjike.

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