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Ruanda sponsert den FC ArsenalTrikots der Schande oder der Chance

Ruanda steigt als Sponsor beim Arsenal FC ein. Für den Klub ein kleiner Deal. Aber das arme ostafrikanische Land fängt sich jede Menge Kritik ein.

Populär in Ruanda: der FC Arsenal. Unklar bleibt, wie populär Ruanda in England wird Foto: imago

BERLIN taz | Rund 34,5 Millionen Euro investiert das zentralafrikanische Land Ruanda in einen Sponsoringvertrag mit dem Londoner Premier-League-Verein Arsenal FC. Berühmt nicht nur, weil Mesut Özil dort spielt. „­Visit Rwanda“ soll drei Jahre lang den linken Trikotärmel der „­Gunners“ zieren.

Die Meldung überrascht, denn Ruanda ist eines der ärmsten Länder der Welt und auf die Millionenzahlungen ausländischer Entwicklungshilfe angewiesen. Eingefädelt hat den Deal der ruandische Präsident Paul Kagame, ein großer ­Arsenal-Fan.

Ruandas Armut und das autokratische Regime des Paul Kagame sorgen für Empörung, besonders in Großbritannien. „Shirt of shame“, titelte etwa die Daily Mail zur geplanten Trikotwerbung. Und der konservative Abgeordnete Andrew Bridgen empörte sich, es sei doch grotesk, dass ein Land, das massiv vom britischen Steuerzahler alimentiert werde, Millionen in einen sagenhaft reichen Londoner Fußballklub pumpe.

Seenlandschaften und Frauenfußball

Die ruandische Regierung sieht das naturgemäß anders. Kein Cent für das Sponsoring sei aus diesem Etat geflossen, sondern die Werbung werde ausschließlich durch selbst generierte Tourismuseinnahmen finanziert.

Ruanda, das Land der tausend Hügel, gehört zu den beliebtesten Reisezielen auf dem afrikanischen Kontinent. Mit seiner faszinierenden Natur, traumhaften Seenlandschaften, den Nationalparks und besonders den Berggorillas konnte Ruanda allein im letzten Jahr 1,3 Mil­lio­nen Besucher anziehen. Zudem gibt es in der Hauptstadt Kigali ein modernes Kongress­zentrum – und ein Volkswagen-Werk wurde ebenfalls eröffnet.

Fußballerisch gehört das Land nicht zu den Vorzeigeadressen

Nur fußballerisch gehört das Land, das immer noch vom Völkermord an der Bevölkerungsgruppe der Tutsi im Jahr 1994 gezeichnet ist, nicht zu den Vorzeigeadressen: An einer WM nahm die ruandische Auswahl – Spitzname „Amawubi“ (Die Wespen) – noch nie teil, und erst einmal trat sie beim Africa Cup of Nations auf. Das war 2004 – und wenn man genau hinschaut, war der Auftritt durchaus respektabel: Einer 1:2-Niederlage gegen Tunesien folgte ein 1:1 gegen Guinea und ein 1:0-Sieg über die Demokratische Republik Kongo. Ein Vorrundenaus, für das sich niemand schämen musste.

Und 2014 gewannen die Amawubi sogar ein regionales Turnier für ost- und zentralafrikanische Teams – durch einen Finalsieg über Kenia. Interessanterweise gewann das B-Team von Ruanda. Das machte die Nationalelf ausnahmsweise zur Nummer eins der Rangliste für Ostafrika – und immerhin noch Nummer 68 bei der Fifa.

Marketingdeal für mehr Tourismuseinnahmen

Und noch etwas macht den ruandischen Fußball besonders: Die Ruanda Women’s Football League, gegründet 2008, gilt als einzig etablierte Frauenfußballliga in Ostafrika.

Doch mit dem Marketingdeal, den die Regierung nun mit Arsenal FC geschlossen hat, soll nicht der Fußball verbessert werden: Es geht um eine Steigerung der Tourismuseinnahmen. 700 Millionen Euro bis 2024 sollen dadurch generiert werden. „Jeder, der unseren Vertrag mit Arsenal kritisiert, weil wir ein armes Land und Empfänger von Hilfsgeldern sind, will entweder, dass wir arm bleiben, oder versteht nicht, wie wichtig Marketing für jedes Unternehmen ist“, twitterte die Chefin der staatlichen Entwicklungsagentur, Clare Akamanzi. „Je mehr Ruanda aus dem Tourismus einnimmt, desto mehr können wir in unsere Bürger investieren.“

Bei aller berechtigten Kritik an dem Deal und erst recht an der Menschenrechtsbilanz des ruandischen Präsidenten mehren sich doch die Stimmen, die die Empörung, gerade in britischen Boulevardblättern, als heuchlerisch bewerten – gerade wenn man bedenkt, dass etliche russische Oligarchen und arabische Scheichs zu den größten Geldgebern von Premier-League-Klubs gehören. Arsenals Hauptsponsor ist weiterhin Emirates, die nationale Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. „Shirt of shame“ war in dem Zusammenhang nicht ein einziges Mal zu vernehmen.

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3 Kommentare

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  • Mir war gar nicht bewusst, dass Ruanda so viele Touristen hat. Am Anfang war ich skeptisch, aber die Idee kann Lukrativ für Ruanda sein. Wenn Ruanda 100T Touristen mehr pro Jahr generieren (+8%) bei 100 Euro Mehrertrag pro Tourist ist der Break Even erreicht.

  • Werbeeinnahmen und Sponsoring für Fußballer und Fußballclubs gehören verboten. Bei all den Klima- und Umweltproblemen ist Werbung das Letzte was wir brauchen können. Das Geld für Werbung und Sponsoring wird dringend gebraucht in Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen, Kitas und für die Hilfe und Integration von Menschen die aus anderen Ländern zu uns kommen. Wer jetzt meint, dass wäre ja gar nicht möglich, dem sei gesagt, in einer Demokratie ist das möglich, es müssen nur sehr viele wollen.

    • @APO Pluto:

      Ich dachte ja bisher eigentlich, die Finanzierung von Krankenhäusern, Altenheimen Schulen und Kitas sollte Sache des Staates sein, nicht von Privatfirmen.