: Harley-Davidson flieht vor Donald Trump
Der US-Motorradhersteller leidet doppelt unter der Zollpolitik des US-Präsidenten. Der Stahl für die Produktion wird teurer – und die Einfuhrzölle der EU bedrohen das Geschäft
Aus Brüssel und Berlin Eric Bonse, Anja Krüger und Tanja Tricarico
Der Strafzoll der EU auf Waren aus den USA zeigt erste Wirkung – und US-Präsident Donald Trump Nerven. Nachdem der Motorradhersteller Harley-Davidson angekündigt hat, Teile der Produktion ins Ausland zu verlegen, hat er das Unternehmen in einer Botschaft über den Kurznachrichtendienst Twitter heftig angegriffen. „Ich bin überrascht, dass Harley-Davidson von allen Unternehmen das erste ist, das die weiße Fahne hisst“, schrieb er. Die Zölle seien nur ein Vorwand für die Verlagerung. Äußerst unangenehm ist die Ankündigung für den Präsidenten. Schließlich hat er betont, dass er den legendären US-Motorradbauer „wieder groß“ machen will.
In der vergangenen Woche hat die EU Zölle von zusätzlichen 25 Prozent auf rund 200 Produkte erhoben. Das ist eine Reaktion auf die Strafabgaben, die Trump auf Stahl und Aluminium aus Europa angesetzt hat. Sie gelten unter anderem für Motorräder, Erdnussbutter, Jeans, Baumwollkleidung, Bettwäsche und Bourbon-Whiskey.
In Brüssel freut man sich über den „Fall Harley-Davidson“ – allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Er zeige, dass die EU-Gegenmaßnahmen wirken, heißt es im Europaparlament. Und die empörte Reaktion von Trump deute darauf hin, dass man durchaus den Richtigen getroffen habe.
Vorsichtiger reagiert EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. „Es war klar, dass die US-Strafzölle Konsequenzen haben würden“, sagte sie. „Wir möchten die amerikanischen Firmen und Verbraucher nicht bestrafen.“ Aber es sei klar, dass die US-Firmen auf die Maßnahmen der EU reagieren würden.
Zusätzliche Zölle Bourbon-Fans sollten Vorräte anlegen: Zumindest Whiskey der Marke Jack Daniel’s dürfte für Kunden in Europa bald teurer werden. „Wir werden die Preise in den nächsten Monaten erhöhen“, sagte ein Sprecher des Spirituosenkonzerns Brown-Forman aus dem US-Bundesstaat Kentucky. Grund sind die neuen EU-Zölle in Höhe von 25 Prozent, die als Reaktion auf die von der US-Regierung verhängten Stahlzölle verhängt wurden. 200 Produkte sind davon betroffen, neben Motorrädern unter anderem Erdnussbutter, Jeans, Orangensaft, Baumwollkleidung und Cranberrys. (akr)
Die Frage, ob andere US-Firmen dem Beispiel von Harley-Davidson folgen könnten, ließ Malmström unbeantwortet. „Ich habe keinen Grund, darüber zu spekulieren“, sagte sie. Offenbar will Malmström nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Die Beziehungen zu den USA sind auf einem Tiefpunkt. Sie habe derzeit keinen offiziellen Kontakt mit Washington zum Handelsstreit, so die Kommissarin.
Diesen direkten Draht wird Brüssel aber brauchen, um die nächste Eskalationsstufe – US-Strafzölle auf Autos – abzuwenden. Dabei setzt die EU auf den US-Kongress, der Trump zur Räson bringen soll. Auch die eingeführten Sonderzölle auf Harleys, Bourbon oder Levi’s sind dazu gedacht, Druck auf die Abgeordneten auszuüben. Die US-Produkte wurden so ausgesucht, dass es den Republikanern und damit Trump besonders wehtut.
Für Harley-Davidsons erhöht sich der Zoll von 6 auf 31 Prozent. Nach Angaben des Herstellers werden die Motorräder im Schnitt um 1.900 Euro teuer. Das Unternehmen will das nicht an die Kunden weitergeben. Das ist nicht das einzige Problem, das Trump der Firma eingebrockt hat. Die Firma leidet wegen der Zölle auf importierten Stahl darunter, dass die Produktionskosten in den USA steigen werden.
Harley-Davidson will daher mehr an den Standorten produzieren, wo jetzt schon Motorräder hergestellt werden – in Thailand, Indien, Brasilien und Australien. Das sei „die einzige tragfähige Option“, um in Europa ein rentables Geschäft betreiben zu können, teilte die Firma mit. Die Geschäfte laufen derzeit nicht gut. Der Konkurrenzkampf ist hart, die Stammkundschaft wird immer älter.
André Wolf, Handelsökonom
Europa ist nach den USA der zweitwichtigste Markt für den Motorradhersteller. Im vergangenen Jahr hat Harley-Davidson rund 40.000 Zweiräder in die EU importiert, davon rund 9.100 nach Deutschland. Die Diskussion über die möglichen Zusatzzölle hat das Geschäft belebt. Im ersten Quartal 2018 sind in Deutschland 2.481 Harley-Davidsons neu zugelassen worden, 344 mehr als in den ersten drei Monaten des Vorjahres.
„Die Reaktion Harley-Davidsons kann die EU durchaus als Erfolg verbuchen“, sagt Handelsökonom André Wolf. Aber: Weiter an der Eskalationsschraube zu drehen hält er nicht für ratsam. Wolf forscht am Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut zur globalen Handelspolitik. Er schließt nicht aus, dass andere US-Unternehmen dem Beispiel folgen. Allerdings wird dies ein schleichender Prozess sein. Orangensaftproduzenten in Kalifornien wechseln nicht einfach so ihren Produktionsstandort. Allein schon wegen der klimatischen Voraussetzungen für den Anbau.
Ähnlich schwierig wird es für die Hersteller von Whiskey, Erdnussbutter oder Kleidung. Den Firmenstandort zu ändern kostet Zeit und Geld. Für Wolf ist das Verhalten des US-Präsidenten eine Strategie der Unberechenbarkeit. „Trump ist ein Dealmaker. Er wird weiter versuchen, Zugeständnisse seitens der EU zu erpressen.“ Der Ökonom sieht das eigentliche „Krisengebiet“ in China. „Dort besteht ernsthafte Gefahr, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China eskaliert.“ Wolf forderte alle Seiten auf, Verhandlungen aufzunehmen. „Twitter-Meldungen allein sind nicht zielführend.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen