Vor dem Spiel Schweden – Südkorea: Herr Berg gegen Herrn Kim
Schweden und Südkorea treffen in Gruppe F aufeinander. Die Vorrundengegner der DFB-Auswahl sind vor allem mit schwachen Stürmern aufgefallen.
Die eine Sensation war, dass sich Schweden gegen Italien für die WM qualifiziert hatte; die andere aber ist, wie sie das tat. In den beiden Playoff-Spielen schoss das Team genau ein Mal aufs Tor: ein abgefälschter Ball von Johansson, der glücklich ins Tor kullerte, der Rest war viel Kampf, viel Glück.
Schweden hat eine Tradtion herausragender Stürmer, doch von dieser Tradition ist jetzt nicht viel zu sehen. Aktuell stehen regelmäßig Marcus Berg, Ola Toivonen und John Guidetti vorne drin. Toivonen spielt in Toulouse, und das nicht sonderlich regelmäßig; Guidetti hat im letzten halben Jahr drei Tore für Alavez gemacht.
Und dann Marcus Berg. Nach der U21-Europameisterschaft 2009 wurde ihm eine Weltkarriere vorhergesagt, doch dann wechselte er stattdessen zum Hamburger SV. Noch heute gilt er da als einer der größten Fehleinkäufe in der an Fehleinkäufen nicht armen Geschichte des HSV. Inzwischen tingelt er mit dem Al-Ain FC durch die Vereinigten Arabischen Emirate. Da ist er kürzlich Meister geworden.
Berg selbst sieht kein Sturmproblem, natürlich nicht. Dazu bräuchte man auch überhaupt ein Spiel nach vorne. Das ist bei Schweden nicht auszumachen. Das Team ist ein solides Haus, ohne den geringsten Fassadenschmuck, ohne Sperenzchen.
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Da passt Marcus Berg hervorragend hinein. Seine Tore sind in aller Regel ganz besonders unspektakulär. Berg ist ein Stürmer der alten Schule, der wartet, lauert, pirscht und stichelt, immer in der vordersten Linie. Läuft es gut, sieht es aus wie bei Pippo Inzaghi; läuft es schlecht, sieht man ihn gar nicht. Und in den letzten Spielen lief es schlecht.
Fußball arbeiten
Dass man ihn nicht sieht, darüber wird sich Kim Shin-wook keine Gedanken machen müssen; er ist 1,96 Meter groß. Er ist ein großes Indiz dafür, dass Südkorea noch nicht am Ende seiner Idee ist, wie es eigentlich vorne Tore machen will. In den letzten beiden Testspielen stand er auf dem Platz, als Zielspieler ganz vorne drin. In beiden Spielen gelang Südkorea nicht ein Tor.
Kim Shin-wooks Spiel ist von rührender Unbeholfenheit. Er ist ein Stürmer, wie man sie neuerdings, da Kompaktheit und Verbundverteidigung immer wichtiger werden, wieder häufiger sieht: Man schickt ihnen den Ball nach vorne, und dann sollen die da mal klarkommen, bis die relevanten Mannschaftsteile nachgerückt sind. Es ist ein existenzialistischer Spielstil: ein Kampf um etwas Zeit, ein Kampf auch, dem ihm der Pass, der ihn erreichte, aufgezwungen hat. „Worauf es ankommt“, schrieb Sartre einst, „ist die Verwirklichung der Tat.“ Der Existenzialismus ist eine Zweikampfphilosophie.
Die Tat also, und zwar unter Aufwendung aller Stärken, aller Schwächen. Der Schwächen hat Kim Shin-wook genug: Schlaksig ist er, ungelenk, technisch unbeschlagen. Er arbeitet Fußball, wirft und drückt und dreht sich in den gegnerischen Abwehrspieler, aber man sieht, dass ihm der Ball zu klein ist. Es ist etwas von Carsten Jancker in seiner Spielweise, beiden ist der Arsch, mit dem sie ihren Gegenspieler zur Seite schieben, ebenso wichtig wie der Fuß.
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Einen solchen Spieler stellt man auf, wenn einem alle anderen Ideen ausgegangen sind. Dieser Mangel wird dann einzelnen Spielern aufgebürdet, die in dem, was sie machen, einen Freiraum erschaffen müssen, der eine Tat ermöglicht. Die Gefahr des Scheiterns ist groß; jedes verlorene Duell lässt einen lächerlich erscheinen, gerade weil es auf einen so sehr angekommen wäre. Jeder vertändelte Ball ist ein missglückter Romananfang, und es fällt immer auf den zurück, der dann akut versagt. Von einem Torhüter sagt man häufiger, er sei von der Mannschaft alleingelassen worden; das stimmt allerdings inzwischen auch für Stürmer. Die Spiele Südkoreas gegen Senegal und Bolivien haben das gezeigt.
Es ist unsicher, ob Kim Shin-wook überhaupt wird spielen dürfen. Unter diesen Voraussetzungen wünscht man es ihm nicht einmal unbedingt.
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