piwik no script img

Verfassungsreferendum in BurundiPräsident siegt – und verliert

Staatschef Nkurunziza triumphiert bei der Volksabstimmung. Es folgen innenpolitische und diplomatische Turbulenzen.

Geheime Wahl? Ausgabe der Stimmzettel im Dorf Buye in Burundi, 17. Mai Foto: ap

Berlin taz | An der Wahlurne hat sich Burundis Präsident Pierre Nkurunziza durchgesetzt – auf dem politischen Parkett führt ihn der Sieg beim Verfassungsreferendum in die Isolation.

Den amtlichen Ergebnissen der Volksabstimmung vom 17. Mai zufolge haben 73,2 Prozent der Wähler für eine Verfassungsänderung gestimmt, die dem heute 54-jährigen Staatschef ab 2020 die Kandidatur für zwei neue Amtszeiten von je sieben Jahren ermöglicht und den ehemaligen Hutu-Guerillaführer damit potentiell bis 2034 an der Macht hält.

Wesentliche Säulen der Gewaltenteilung, die im Arusha-Friedensabkommen von 2000 als Grundlage der Verfassung festgeschrieben waren, werden zugleich abgeschafft.

19,3 Prozent stimmten nach dem amtlichen Endergebnis mit Nein, die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 96,4 Prozent – eine Schlappe für den Boykottaufruf von Oppositionellen, auf den Regierungsanhänger mit Drohungen reagiert hatten.

„Weder frei noch transparent“

Das ist nur scheinbar ein Triumph für Nkurunziza. Sein Rivale Agathon Rwasa, der ehemals zweitwichtigste ehemalige Hutu-Rebellenführer, der 2015 bei Nkurunzizas umstrittener Wiederwahl zu einer dritten Amtszeit noch mitgespielt hatte, erkennt das Referendumsergebnis nicht an: Die Abstimmung sei „weder frei noch transparent noch unabhängig und noch weniger demokratisch“ gewesen.

International hat Nkurunzizas Sieg die Sorgen um Burundi wieder verschärft. Auf der halbjährlichen Burundi-Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, die am 24. Mai und damit direkt unter dem Eindruck des Referendums stattfand, rief UN-Sondergesandter Michel Kafando aus Burkina Faso zu einem neuen Anlauf zum „inklusiven Dialog“ in Burundi auf.

Vertreter mehrerer Länder äußerten auf der Sitzung Sorge um den Fortbestand der Arusha-Verträge. Fest auf Seiten der Regierung Nkurunziza standen nur Russland und China sowie das autoritäre Regime von Äquatorialguinea.

Mehrere afrikanische Organisationen verlieren mit Burundi die Geduld. Die Regionalorganisation EAC (Ostafrikanische Gemeinschaft) ist eigentlich federführend beim Dialog zwischen Burundis Regierung und ihren exilierten Gegnern, aber Burundis Regierung sagte die jüngsten EAC-Dialogtermine in Tansania unter Verweis auf die Verfassungsreform ab. Die EAC hat nun Burundis unbezahlte Mitgliedsbeiträge von zwei Jahren angemahnt.

Die Afrikanische Union (AU) hat den ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni, Schirmherr des Dialogs, zu „Maßnahmen“ in Bezug auf Burundi aufgefordert.

Die Handelsorganisation Comesa (Gemeinsamer Markt des Östlichen und Südlichen Afrika) hat einen für Juli in Burundi geplanten Gipfel abgesagt und will ihn am Comesa-Sitz in Sambia organisieren.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!