Nach dem Pariser Klimaabkommen: Kleingedrucktes fürs Überleben
In Bonn gehen die Klimaverhandlungen weiter. Gefragt sind konkrete Regeln, gegenseitiges Zuhören und mehr Anstrengung.
Die Staaten sollen sich in den nächsten Monaten auf eine Gebrauchsanweisung für das Pariser Klimaabkommen einigen, Sofortmaßnahmen im Klimaschutz beschließen, einen zweiten Abschnitt des Kyoto-Protokolls ratifizieren und Finanzierungsfragen klären. In Bonn müsse ein Textentwurf entstehen, der „ein solides Fundament für einen Erfolg der COP24 in Kattowice sein soll“, sagte Patricia Espinosa, Chefin des UN-Klimasekreatriats, zum Auftakt der Konferenz.
Nach dem Pariser Abkommen im Dezember 2015 war 2016 das Jahr der weltweiten Klima-Eurphorie: Das Abkommen trat schon nach einem Jahr in Kraft, weil es überraschend schnell von überraschend vielen Staaten ratifiziert wurde. Der Schock kam mit der Wahl des Klimagegners Donald Trump zum US-Präsidenten – 2017 beschäftigte sich die Umwelt-Community vor allem mit der Frage, wie es ohne die USA weitergehen solle. Politisch hat sich in den USA nichts verändert, aber der Klimazug rollt weiter. Deshalb legen Umweltgruppen jetzt auch die Latte wieder höher.
Die Länder müssten „in diesem Jahr echte Fortschritte machen, wenn sie das Pariser Abkommen robust und fair machen wollen“, sagte Lucile Dufour vom Climate Action Network (CAN). Dazu gehören Kompromisse bei den „Regeln für Paris“. Dort wurde 2015 nur ein allgemeines Abkommen geschlossen – nun geht es um das überlebenswichtige Kleingedruckte: Wie genau werden CO2-Emissionen zwischen den Staaten verglichen, wann genau sollen sie sinken, woher und wohin genau sollen Hilfsgelder fließen?
Dazu wollen die Delegierten zum ersten Mal in einem „Talanoa-Dialog“ miteinander informell darüber reden, was beim Klimaschutz bei ihnen Zuhause funktioniert – und was nicht. Denn die Klimaziele von Paris müssen dringend überprüft und verbessert werden. Bisher führen sie zu einem Klimawandel von mehr als 3 Grad Celsius bis 2100 – statt der 2 bis 1,5 Grad, die in Paris versprochen wurden.
„Gute Gründe für Optimismus“
Ganz wichtig ist auch – wie immer bei diesen Treffen – die Stimmung der Konferenz. „Wir dürfen uns nicht in einen dreckigen Grabenkrieg um die Gebrauchsanweisung verstricken“, warnte Li Shuo, Chef der Greenpeace-Delegation. Mark Lutes vom Umweltverband WWF sieht sogar „gute Gründe für Optimismus“: Aus der Wirtschaft, der Finanzwelt, von Städten und Bundesstaaten komme viel Druck auf die Regierungen. Die haben ohnehin einen vollen Klima-Kalender vor sich: Nach Bonn folgen der Petersberger Klimadialog, ein Treffen von EU, China und Kanada und im September der große „Klima-Aktionsgipfel“ in San Francisco, mit dem das „grüne“ Amerika vor den US-Kongresswahlen mobil machen will.
Dann folgt im Herbst der Bericht des UN-Klimarats IPCC dazu, ob das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Abkommen noch erreichbar ist (Fazit: Technisch noch machbar, politisch fast unmöglich). Schließlich beginnen zum Jahresende die Debatten, wie der „Grüne Klimafonds“ der UN wieder aufgefüllt werden soll, der bisher mit etwa 10 Milliarden Dollar bei Klimaschutz und Energiewende weltweit helfen soll.
Und wenn die Bundesregierung zur Klima-Konferenz in Kattowice im Dezember für gute Schlagzeilen sorgen will, hat sie auch dafür einen Hebel: Zur gleichen Zeit soll die bisher immer noch nicht berufene „Strukturkommission“ zur Zukunft der Braunkohle mit der Arbeit fertig sein. Wenn Deutschland in Kattowice ein Datum für den Kohleausstieg verkünden könnte, wäre der Jubel groß und die Verhandlungen bekämen zusätzlichen Schub.
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