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Schmetterball mit Popcorn

Die Spielerinnen des SSC Schwerin gewinnen die erste Runde in der Finalserie der Volleyball-Bundesliga. Über den Sieg freut sich die ganze Stadt, die in Sachen Sport nicht gerade erfolgsverwöhnt ist

„Holt mich morgens um sechs aus dem Bett, und ich bin voll da!“

Denise Hanke, Zuspielerin des SSC Schwerin

Von Christian Görtzen

Mit dem Rücken zum Netz steigt Denise Hanke hoch zum sich senkenden Ball. Eine Ablage mit sauberer Pritsch-Technik würde ihrem Jobprofil entsprochen als Zuspielerin beim SSC Schwerin. Doch die Nationalspielerin hat eine bessere Idee: Sie dreht sich im Sprung blitzschnell um 180 Grad und knallt aus der Bewegung heraus dem gastgebenden MTV Stuttgart den Ball auf den Boden seiner Spielhälfte.

Der Rest war unbändige Freude der Gelb-Blauen über den ersten Erfolg in der Finalserie, einen hart umkämpften 3:2-Sieg (21:25, 25:22, 25:22, 21:25, 15:12). Die Spielerinnen und das Trainerteam um Chefcoach Felix Koslowski sprangen ausgelassen umher, und im Gästeblock mit den etwa 200 Fans herrschte Partystimmung.

Rund 560 Kilometer Luftlinie nordöstlicher Richtung entfernt dürfte am Sonnabend nach dem verwandelten Matchball so einiges durch das Halbdunkel eines Kinosaals geflogen sein. Ein Schweriner Filmpalast zeigt die Play-off-Spiele des SCC. Schmetterschläge und Monsterblocks zu Popcorn und Softdrinks.

Der SSC Schwerin, amtierender Deutscher Volleyball-Meister, ist der Stolz der Landeshauptstadt. Seit Jahren schon. Es gibt ja praktisch keine Konkurrenz. Die Fußballer des FC Mecklenburg Schwerin dümpeln in der Oberliga herum, das Handballteam Mecklenburger Stiere Schwerin spielt nur drittklassig. Der ohnehin schon gestreckte Schatten der Volleyballerinnen dürfte noch etwas länger werden – mit der 1:0-Führung in der Finalserie gegen Stuttgart fehlen nur noch zwei Erfolge zum Griff nach der Meisterschale. Spiel Nummer zwei der Finalserie um die deutsche Meisterschaft nach dem Modus „best of five“ findet am kommenden Mittwoch statt.

Im Schweriner Team gibt es ein enormes Verlangen danach, den Titel zu verteidigen. „Das Adrenalin ist so hoch. Hauptsache, es geht endlich los. Holt mich morgens um sechs aus dem Bett, und ich bin voll da!“, hatte Zuspielerin Hanke nach dem Halbfinale gegen den Dresdner SC gesagt. Kapitänin Jennifer Geerties beantwortete die Frage nach dem Erfolgsdruck wie folgt: „Den Druck hatten wir vorm Halbfinale, da war die Nervosität auch hoch. Jetzt ist das bestimmende Gefühl eindeutig die Vorfreude.“

Die Saisonbilanz spricht klar für den SSC Schwerin, den elfmaligen deutschen Meister und fünfmaligen DVV-Pokalsieger. Die beiden Hauptrunden­duelle mit den Stuttgarterinnen entschieden sie für sich. Zudem gewann Schwerin vor Saisonbeginn durch ein 3:0 gegen die Schwäbinnen den Super-Cup. Und nun also Sieg Nummer vier gegen den MTV, der nach der Hauptrunde Erster und damit gegen die drittplatzierten Mecklenburgerinnen in der Favoritenrolle war. Nun ist Schwerin im Vorteil. Mit einem Sieg am Mittwoch wäre der SSC dem Ziel schon ganz nahe.

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