: Afrika braucht afrikanische Lösungen
Niemand darf von Digitalisierung ausgeschlossen sein. Start-ups in Afrika schaffen sich Unabhängigkeit und stellen sich auf dem taz lab vor
VonDelia Roscher
Eine Reise quer durch den afrikanischen Kontinent soll es werden. Marokko steht auf der Route, die Westsahara, Mauretanien, Mali und bis jetzt auch noch acht weitere Länder.
Am 17. Januar ging es für Jakob Funken los. Mit dem Motorrad. Funken ist der Initiator des Projektes „Route to African Start-ups“. Ein Projekt, in dem Funken Start-ups auf dem afrikanischen Kontinent besucht. Das Geld für die Reise hat er sich selbst erarbeitet. Unterstützt wird er aus Deutschland vom gemeinnützigen Verein TechEnergy for Africa e.V. (TEFA) mit Sitz in Berlin.
Was aber unterscheidet ein afrikanisches Start-up von einem europäischen? „Sie sind eine Gegenbewegung“, erklärt Beatrice Moreno, Mitglied im Vorstand von TEFA. Sie ist außerdem Ärztin und Informatikerin. „Die von uns beobachteten zunehmenden Abhängigkeiten von einzelnen IT-Systemen spielen hierbei eine wichtige Rolle.“ Der sogenannte Lock-in-Effekt: Einzelne mächtige IT-Anbieter binden ihre Kunden durch fehlende Interoperabilität, also die Unvereinbarkeit zweier Systeme. „Das hat zur Folge, dass innovative Lösungen von Start-ups kaum eine Chance haben, ihre neuen Entwicklungen in bestehende Systeme einzubauen“, erklärt Moreno. Die afrikanischen Start-ups haben das aber längst erkannt und ihre eigenen Systeme entwickelt. Die Ideen reichen von kühlenden Apotheken in Containern bis hin zu Lötstationen zu erschwinglichen Preisen. „Manche entstehen aus Traditionen“, erzählt Romeo Pikop Pokam, Gründer und Vorstand von TEFA. Sie beobachten insbesondere in der afrikanischen IT-Branche neue digitale Prozesse, die deutlich besser als die in der Bundesrepublik funktionieren, beispielsweise agile Softwareentwicklungen. In Deutschland sind digitale, also softwaregestützte Prozesse wenig flexibel. Das ist bei vielen Softwareentwicklungen in verschiedenen Regionen in Afrika ganz anders. Betrachtet man die Erfolgsfaktoren zur Digitalisierung, so ist es durchaus möglich, dass Afrika an uns vorbeizieht. Der Kameruner Pokam und das TechEnergy-Team engagieren sich für Bildung, medizinische Versorgung, Wassermanagement und Technologie in Afrika und unterstützen und leiten viele Projekte vor Ort.
Funken startete mit dem Motorrad in Köln und fuhr über Frankreich nach Nordafrika. Von Marokko, wo er jetzt gerade ist, geht es in die Westsahara. Teil seines Teams ist Marie-Luise Artelt, sie filmt und fotografiert die Reise. Ein Netzwerk von Menschen aus der Freien Universität und der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin liefern ihm von Berlin aus Informationen. Denn afrikanische Start-ups erst einmal zu finden ist gar nicht so einfach. „Es gibt kein Register von Start-ups, weder in Deutschland noch sonst wo“, erzählt Moreno. So hat die Vorbereitung auch zwei Jahre gedauert: „Wir haben uns überlegt, was wollen wir später daraus machen, und sind auf Digital Storytelling gekommen. Eine Webseite, die auch als Kooperationsplattform dienen soll“, so Moreno. Sie arbeiten an einem Format, das sie African Storytelling nennt. Die Zusammenarbeit von Afrikanern und Nichtafrikanern bei diesem Projekt soll den kolonialen Blick vermeiden. Es sollen Produkte entstehen, die interkulturell sind und mit denen man gemeinsam wachsen kann. Die fair und absolut demokratisch sind. Bedürfnisse können nur durch Dialog vor Ort ermittelt werden. So soll die Zukunft der Arbeit laut TEFA aussehen: African solutions for Africa.
Afrikanische Start-ups stellen sich auf dem taz lab vor
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