Tanit Koch verlässt Springer: „Bild“-Chefin sagt tschö
Tanit Koch hört als Chefredakteurin von „Bild“ auf und verlässt den Verlag. Den Print übernimmt bild.de-Chef Julian Reichelt. Den Vorstand freut's.
Im Fall von Bild-Chefredakteurin Tanit Koch hingegen, deren Weggang beim Springer-Verlag am Freitagmorgen bekannt geworden ist, sind die Stellungnahmen erstaunlich deutlich. Die baldige Ex-Chefin spricht davon, dass ihre Kompromissbereitschaft am Ende sei, und Vorstand Mathias Döpfner freut sich, dass es jetzt wieder klare Verhältnisse an der Spitze gibt. Alles Gute für die Zukunft wünscht man sich natürlich trotzdem. Gehört ja dazu.
Tanit Koch hatte 2015 den Chefposten von Kai Diekmann übernommen. Danach agierte sie zunächst als gleichberechtigte Chefin neben den drei anderen ChefredakteurInnen der „roten Gruppe“ bei Springer: Julian Reichelt (bild.de), Marion Horn (Bild am Sonntag) und Peter Huth, später Miriam Krekel (B.Z.).
Kooperation ist nicht „en Bild“
Eine kooperative Viererspitze für alle Bild-Produkte – lang hielt das nicht. Nach Kai Diekmanns Ausscheiden als Hintergrundlenker der „roten Gruppe“ Anfang 2017 stieg Julian Reichelt zum Chef der Chefs auf. Reichelt, der durch rechtskonservative Polemik und Mini-Kampagnen in den sozialen Medien bekannt ist, hatte von allen Bild-ChefInnen ohnehin mit Abstand die meiste öffentliche Sichtbarkeit.
Zwischen Koch und Reichelt soll es nun nicht mehr funktioniert haben. „Wenn zwei Menschen professionell nicht harmonieren, lässt sich das eine Zeitlang durch Kompromisse ausgleichen“, schreibt Koch in einer Abschiedsmail, aus der verschiedene Medien am Freitag zitierten. „2017 war davon geprägt, bis meine Kompromissbereitschaft an ihre Grenzen gelangte.“ Reichelt übernimmt Kochs bisherigen Posten und wird ab März Chefredakteur für Print und Digitales sein. Damit ist der 37-Jährige endgültig derjenige, der bei der „roten Gruppe“ die Ansagen macht.
Springer-Vorstand Mathias Döpfner begrüßt das. Döpfner ließ mitteilen, dass er Kochs Weggang zwar bedaure, die Veränderung an der Spitze sonst aber gut für Bild sei. „Die Verantwortungskonstellation in der Chefredaktion war zwar gut gemeint, hat aber in der Praxis nicht funktioniert, weil diese Aufstellung nicht zu Bild passt. Bild braucht ganz klare Verhältnisse.“
So sieht es eben aus: Springer ist nicht die Grünen und hat lieber einen starken Lenker als geteilte Spitzen. Alles andere passt offenbar nicht zu Deutschlands auflagenstärkster Zeitung und einem der größten Medienkonzerne Europas.
Aber auch Tanit Koch scheint zu wissen, was zu ihr passt und was nicht. Aus Verlagskreisen will das Branchenportal Meedia erfahren haben, dass Koch alle Ersatz-Positionen ausgeschlagen habe, die ihr angeboten worden waren. Die 40-Jährige, die sich in wenigen Jahren bei Bild an die Spitze gearbeitet hat, hat bessere Optionen als ein Trostpöstchen bei Springer. Vielleicht ja bei einem Startup-Giganten wie Uber – den berät inzwischen ihr Vorgänger Kai Diekmann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug