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Falsche Vormünder

Rechtsextreme wollen Geflüchtete betreuen

Von Andreas Speit

Das Interesse ist neu, die Intention nicht. In der vergangenen Woche kündigte das rechtsextreme Netzwerk Identitäre Bewegung (IB) in Hamburg an, Vormundschaften für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge übernehmen zu wollen. Nicht bloß, um die „Sozialindustrie“ und die „Asyllobby“ zu enttarnen, sondern auch, um bei den Geflüchteten „falsche Erwartungen an ihr Gastland“ zu korrigieren und ihnen „eine Zusammenführung mit ihrer Familie in ihrer Heimat“ nahezulegen.

„Wir nehmen das ernst“, sagte Sevil Dietzel, Projektleiterin für Vormundschaften beim Hamburger Landesverband des Deutschen Kinderschutzbundes. Seit über 20 Jahren setzt sich der Kinderschutzbund für das Projekt der ehrenamtlichen Vormundschaft ein. Als Dietzel von dem Plan der IB hörte, informierte sie Projektpartner wie die Familiengerichte. Sie fürchtet, dass Vormünder aus den Reihen der IB das gerade bei minderjährigen Flüchtlingen gebotene Vertrauen bei der Betreuung missbrauchen könnten.

Die IB begann 2012 in Frankreich. Vor sechs Jahren tauchte in Deutschland die erste Facebook-Seite der IB auf und seit 2016 sucht die bundesdeutsche IB, die über 400 AktivistInnen vereinen soll, mit provokanten Aktionen die politische Auseinandersetzung. Sie setzen dabei auf große Medienresonanz und somit könnte die Ankündigung, Vormundschaften anzustreben , auch bloß PR sein. Auf ihrer Facebook-Seite behaupten die Hamburger Identitären jedenfalls, dass sie sich bereits von Fachleuten haben beraten lassen und bald eigene Schulungen anbieten wollen.

Aber so einfach ist das mit der Vormund- oder Patenschaft dann doch nicht. Außer einer sechsteiligen Schulung finden monatliche Vormünder-Treffen, Fortbildungen, Einzel- und Fallberatungen statt. Ohne Vorgespräche beginne erst gar keine Zusammenarbeit, so Dietzel. Und in diesen Gesprächen gehe es auch „um die Erfahrungen mit anderen Kulturen und eigenem Fremdsein“.

Die Hamburger IB rief indes auf, „das Feld bei der Flüchtlingsvormundschaft“ nicht länger den „Pseudohumanisten und Weltverbesserern“ zu überlassen. Der von ihnen „innerhalb dieser Netzwerke eingesetzte Personenkreis“ werde „die entsprechende akademische Ausbildung im sozialen Bereich“ haben und verfüge „auch über einen einwandfreien Leumund“. So wollen sie vermeintliche Missstände „ungefiltert“ aufdecken.

Der Kinderschutzbund prüft nun „rechtliche Schritte gegen die Verlinkung“ auf der Website der IB. Und Dietzel versicherte, dass es für die Rechtsextremen nicht einfach werde, „überhaupt in eine Schulung reinzukommen“.

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