piwik no script img

Kommentar zu BVG und DaimlerGuck erstmal, wer da fährt

BVG und Mercedes-Benz wollen eine Art Sammeltaxi einführen, als Konkurrenz für Carsharer und Taxen. Ein schönes Experiment, aber mit offenen Ausgang.

So soll es aussehen, das Sammeltaxi Made in Berlin Foto: dpa

Ob „On-demand-Ridesharing“ wirklich die Zukunft der urbanen Fortbewegung ist? Oder nur die Marketingstrategie eines großen Kfz-Herstellers, die sich als Sackgasse für den städtischen Verkehr entpuppt? Das Projekt, mit dem die BVG, Mercedes-Benz und der Mobilitäts-App-Programmierer Via die BerlinerInnen ab dem Frühjahr beglücken wollen, ist in jedem Fall spannend. Es experimentiert mit einer völlig neuen Transportstrategie, die erst durch moderne Rechnerleistung ermöglicht wird. Man sollte das ausprobieren – und wenn es nicht hält, was es verspricht, wieder beerdigen.

Dass auch Busse und Bahnen im ÖPNV nicht überall und nicht zu jedem Zeitpunkt die ökologischste Art sind, von A nach B zu gelangen, erschließt sich jedem, der schon mal zu Tagesrandzeiten in einem hauptsächlich mit warmer Luft gefüllten Doppeldecker durch die Stadt kutschiert wurde. Die Vorstellung, man könnte die individuellen Transportwünsche von KundInnen smart bündeln und somit die gesamte Fahrleistung auf das Notwendige reduzieren, ist da verlockend.

Ob der „Kleinbus auf Bestellung“ von BVG und Daimler so etwas leisten wird, daran sind Zweifel aber angebracht. Denn wer da zum Umsteigen animiert wird, muss sich ja noch zeigen. Vielleicht reduzieren die – teureren, aber komfortablen – Mini-Vans wirklich den privaten Pkw-Verkehr. Vielleicht graben sie aber auch nur dem Taxigewerbe das Wasser ab. Im schlimmsten Fall geht das Ganze auf Kosten des klassischen ÖPNV. Dann aber wäre niemandem geholfen – außer Mercedes und Via.

Erfahrung mit solchen paradoxen Effekten neuartiger Mobilitätsformen gibt es bereits beim „Free-Floating-Carsharing“. Die Tausenden Smarts und Minis, die jetzt überall in der Stadt herumstehen, haben bislang nichts zur Entspannung der Verkehrslage beigetragen. Vieles weist darauf hin, dass sie eher zusätzliche Nachfrage nach einer schnellen Autofahrt erzeugen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!