piwik no script img

„Wohlausgerüstet in den Krieg gezogen“

Als in der Rigaer Straße Autonome und Polizei aufeinanderprallen, wird ein Polizeipilot geblendet. Der Täter muss nun ins Gefängnis

Von Erik Peter

Nachdem das Strafmaß – anderthalb Jahre Gefängnis ohne Bewährung – ausgesprochen war, blieb die Anspannung im Saal 101 des Amtsgerichts Tiergarten bestehen. Der 22-jährige Jonathan M., angeklagt für das Blenden eines Polizeihubschrauberpiloten mit einem Laserpointer, sowie seine Unterstützer und Freunde auf den Zuschauerbänken hofften auf ein erlösendes Wort: Haftverschonung. Doch vergebens. Kurz darauf flossen die Tränen im Publikum. Die Voraussetzungen für das Aussetzen der Haft – etwa ein fester Wohnsitz – „liegen nicht vor“, so der Richter.

M. wurde am Mittwoch des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr und der versuchten gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden. 55 Sekunden hatte der grüne Strahl seines starken Laserpointers den Hubschrauber anvisiert, aus dem heraus Zusammenstöße zwischen Autonomen und Polizisten in der Rigaer Straße beobachtet und aufgezeichnet wurden. Der Pilot, der als Zeuge auftrat, sagte, er sei nur deshalb nicht verletzt worden, weil er sich weggedreht und seine Nachtsichtbrille aufgesetzt habe.

In der Nacht zum 17. Juni dieses Jahres hatten Autonome die Polizei in das Viertel gelockt, Barrikaden errichtet und die Beamten mit Gegenständen beworfen. Der Angeklagte habe mit seinem Angriff vom 800 Meter entfernten Boxhagener Platz aus die Polizeiarbeit gezielt verhindern wollen. Der Richter sprach von einer geplanten Tat: „Sie sind wohlausgerüstet in den Krieg gezogen.“ Unter anderem wurden bei seiner Festnahme unmittelbar nach der Tat auch eine Sturmhaube sowie verbotene Böller sichergestellt.

Schon in der Vorabsprache zum Prozess hatte M. die Tat gestanden. Doch das nutzte ihm nichts, ebenso wenig wie die Aussicht darauf, seine Stelle als Krankenpfleger wieder aufnehmen zu können, oder die Zusage eines befreundeten Zeugen, dass M. bei ihm wohnen könne. Dass der Verurteilte außerhalb der Haft jederzeit für das Gericht erreichbar wäre, könne er nicht erkennen, so der Richter. Auch sprächen seine Vorstrafen, etwa wegen – szenetypischen – Landfriedensbruchs, gegen ihn. An den kahlgeschorenen, muskulösen jungen Mann gerichtet, der die Verhandlung scheinbar ungerührt verfolgte, sagte der Richter: „Ich habe nicht das Gefühl, dass es Ihnen besonders leidtut.“

Ein Absturz des Hubschraubers mit womöglich katas­tro­pha­len Folgen war eine real bestehende ­Gefahr, da waren sich Pilot, Staatsanwalt und Richter einig. Der 30-jährige Polizist schilderte, dass beim Eintreffen des Laserstrahls eine ordnungsgemäße Bedienung des Hubschraubers nicht mehr möglich gewesen sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen