: Totes Kind beschäftigt Ausschuss
Hamburger Politiker streiten um Kinderschutz
Von Kaija Kutter
In Hamburg ist wieder ein Kind zu Tode gekommen, das bereits im Focus des Jugendamtes war. Ein zweijähriges Mädchen wurde am Montagabend mit tödlichen Schnittverletzungen am Hals von Polizisten in der elterlichen Wohnung in Hamburg-Neugraben entdeckt. Zuvor war die Mutter mit ihrem sechsjährigen Sohn in der Wache erschienen und bat um Hilfe vor ihrem Ehemann. Der ist nun, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, „dringend tatverdächtig“ und auf der Flucht.
Der Fall wird am kommenden Freitag im Familienausschuss der Bürgerschaft Thema sein, darauf haben sich die Obleute der Fraktionen geeinigt. Die Familie wurde wegen früherer Gewaltvorfälle bereits vom Jugendamt betreut. Eine Sozialarbeiterin soll stundenweise vor Ort gewesen sein. Zu näheren Details äußert sich der zuständige Bezirk Harburg derzeit nicht. Es werde ein Bericht erarbeitet, teilt eine Sprecherin mit.
Wie die Staatsanwaltschaft bestätigt, gab es bereits vor der Tat ein Ermittlungsverfahren gegen den Vater wegen Körperverletzung, die sich gegen den Sohn der Mutter aus einer früheren Beziehung gerichtet habe. Wie das Hamburger Abendblatt berichtet, ist der Mann ein abgelehnter Asylbewerber aus Pakistan.
Der CDU-Familienpolitiker Phillipp Heißner forderte eine lückenlose Aufklärung. „Wenn der Vater als Gewalttäter bekannt ist und die Familie engmaschig betreut wird, ist es eigentlich Aufgabe der Behörden, genau solchen Vorfällen vorzubeugen.“ Wieder einmal stehe der Verdacht im Raum, dass die Schutzmechanismen der Hamburger Behörden versagt haben. Heißners Parteikollege Dennis Gladiator fragte gar, warum der Vater nicht abgeschoben wurde.
Die Familienpolitikerin Sabine Boeddinghaus von der Linken warnte indes vor einer „politischen Instrumentalisierung“ dieses Falls. Zwar habe es in Hamburg schon einige tote Kinder gegeben und jedes sei eines zu viel, doch gleich wieder die Jugendämter ins Visier zu nehmen und von einer “unrühmlichen Vergangenheit Hamburgs“ zu sprechen, sei „grobe Vereinfachung“. Boeddinghaus verwies auf eine Untersuchung, die Gudula Kaufhold von der TU Dortmund kürzlich der Enquetekommission Kinderschutz vorgestellt hatte. Demnach ist Hamburg nicht mehr als andere Städte von solchen Fällen betroffen.
Die Hamburger Sozialbehörde will den Bericht aus Harburg abwarten und äußert sich derzeit nicht zu dem Fall. Die Sozialsenatorin wird sich am Freitag gemeinsam mit Vertretern von Staatsanwaltschaft und Innenbehörde zum Stand der Erkenntnisse äußern, teilt ein Sprecher mit.
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