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Studie zu von der Mutter getrennte KatzenVom Baby zum Randalierer

Forscher haben beobachtet: Früh von ihrer Mutter getrennte Katzen entwickeln häufiger Aggressionen. 14 Wochen sollten es schon sein.

Sooooo süüüüüüß Foto: Imago/Eibner Europa

„Sechs Wochen alte Katzenbabys abzugeben“ – wer solch ein Inserat ausgibt, kann schon bald auf Antwort hoffen. Denn kleine Kätzchen sind beliebt, weswegen sie auch oft vor den acht bis zwölf Wochen abgegeben werden, die Experten als Verweildauer bei der Katzenmutter empfehlen. Und dabei ist selbst das noch zu kurz gegriffen, wie jetzt finnische Forscher ermittelt haben.

Die Wissenschaftler untersuchten mehr als 5.700 Katzen, die in finnischen Haushalten lebten und deren Besitzer ausführlich zum Anschaffungszeitpunkt und dem Verhalten ihrer Tiere befragt wurden. Das Ergebnis der Untersuchung: Katzenbabys, die schon vor der achten Woche von ihrer Mutter getrennt werden, entwickeln zwar später im Erwachsenenalter nicht mehr Ängste, doch dafür ungefähr doppelt so oft Aggressionen. Sie kratzen und beißen häufiger, wobei sowohl Menschen als auch andere Katzen ihr Opfer werden können.

Der Grund: Die Frühgetrennten haben weniger Rückendeckung von ihrer Mutter erfahren und dadurch weniger Selbstbewusstsein entwickelt. Und wem es daran fehlt, teilt erst mal aus, sodass gar nicht erst jemand auf die Idee kommt, ihm Angst zu machen. Ähnliche Mechanismen gibt es auch beim Menschen.

Demgegenüber entwickeln Katzen, die 12 bis 14 Wochen bei ihrer Mutter bleiben konnten, nicht nur seltener Aggressionen, sondern auch seltener Zwangsneurosen. „Sie saugen und knabbern beispielsweise weniger exzessiv an ihrem Fell“, erläutert Studienleiterin Milla Ahola von der Universität Helsinki. Im Unterschied zu den früh von ihren Müttern getrennten Katzen, die sich oft stundenlang an ihrem Fell abarbeiten, obwohl kein konkreter Reinigungsbedarf besteht.

Wie groß ist der Einfluss des Menschen?

Sie tun das möglicherweise, weil sie nicht abgestillt, sondern zu früh und abrupt von mütterlichen Zitzen entfernt wurden, sodass ihr Saugreflex nicht nachhaltig abtrainiert wurde. Ein weiterer Erklärungsansatz wäre, dass überdurchschnittlich aggressive Tiere oft auch stereotype Zwangshandlungen entwickeln. Man denke nur an die hyperaktiven Bären oder Affen, die im Zoo unentwegt bestimmte Bewegungen wiederholen.

Als Resümee empfehlen die finnischen Forscher, dass man Katzenbabys erst nach 14 Wochen von ihrer Mutter trennen sollte. Wobei sie auch zugeben, dass ihre Studie zwar Zusammenhänge offenlegt, aber methodisch keine kausalen Schlüsse zulässt. Denn prinzipiell wäre es möglich, dass die lange bei ihren Müttern weilenden Katzen auch deswegen weniger verhaltensauffällig werden, weil sie in einen besonders fürsorglichen Menschenhaushalt kommen, deren Mitglieder sensibel für die Entwöhnproblematik und daher länger auf ihren neuen Mitbewohner zu warten bereit sind.

Dann wäre die nette Katze das Resultat einer netten Menschenfamilie – und nicht das Produkt einer langen Beziehung zur Katzenmama. Aber eigentlich ist das auch egal. Denn unabhängig davon, woran es am Ende liegt, dass die Katze friedlich wird: Zwei- und Vierbeiner profitieren gleichermaßen davon – und dafür kann man auch ein paar Wochen warten.

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13 Kommentare

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  • Warum genau sollte man Katzen eigentlich von ihren Müttern trennen?

  • Lesen Sie doch bitte den vorletzten Absatz noch einmal, werte*R HANNE. Sie werden sehen: Alles halb so wild.

     

    Nette Menschen machen ja womöglich nicht nur nette Katzen, sondern auch nette Menschen. Man muss sie nur entsprechend ausbilden, ordentlich ausstatten und halbwegs auskömmlich bezahlen. Im Übrigen sollten Sie sich vielleicht nicht nur an den wenigen Vorzeige-Eltern orientieren, die ihre lieben Kleinen besser umsorgen können, als jede gut ausgebildete Kita-Tante oder jeder dito Onkel.

     

    Wer weiß, schon, was unserem Land und seinen Bewohnern alles erspart bleibt, wenn bald (fast) alle kleinen Kinder von Menschen betreut werden, die wirklich wissen, was sie tun. Dass die Gruppen deutlich kleiner werden müssten, damit das Wissen auch zum Tragen kommen kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

    • @mowgli:

      Das wussten die Erzieherinnen in der DDR damals auch: Wissen was sie tun und wofür.

      • @Hanne:

        Genau, werte HANNE. Die meisten DDR-Erzieherinnen wussten, was sie tun sollten, und wofür.

         

        Wissen allein allerdings - und hier irrte Francis Bacon vor rund 400 Jahren ganz gewaltig - ist noch nicht Macht. Man muss nicht nur wollen und können, man muss auch dürfen.

         

        Es hat bis 1989 gedauert, bevor (auch) viele DDR-Erzieherinnen die, die sie gehindert haben an der Umsetzung ihres Wissens und Wollens, in die Wüste geschickt haben. Leider nur, um anschließend von leuten dominiert zu werden, die nicht nur keine Ahnung hatten, sondern auch keine Lust. Außer auf die Macht, die plötzlich vakant gewesen ist im Osten Deutschlands.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        ...was für Katzen gilt, gilt auch für Menschen: Artgerechte Haltung.

        Allerdings sollten Sie bedenken, dass artgerechte Haltung bei Katzen nicht gleich artgerechte Haltung beim Menschen bedeutet. Es geht hier um sog. Sozialisierung und die läuft bei Katzen anders ab, als bei Menschen.

      • @Hanne:

        Ja und deshalb sind die Menschen im Osten jetzt auch alle nett und solidarisch und haben ein gutes Selbtvertrauen und keine Angst vor Fremden.

  • Alles schön und gut - aber eben nicht allgemeingültig. Die Umwelt trägt eine Menge dazu bei, wie sich junge Katzen entwickeln. Es sind auch Katzen bekannt, die verwildert aufwuchsen und auch lange nach den 14 Wochen extrem ängstlich und aggressiv sich verhielten.

     

    Die artgerechte und "kastrierte" Katzenhaltung sorgt eher dafür, dass diese Katzen im ländlichen Bereich für Ordnung sorgen, was den Gifteinsatz enorm vermindert und zugleich für den Besitzer eine gewisse Lebensqualität vermittelt. Realistischer ist es allerdings den Begriff Lebensqualität näher zu definieren. Sie gilt in erster Linie der Katze, die dann gnädigerweise ihren Besitzer daran teilhaben lässt.

  • Sehr interessant!

     

    "Der Grund: Die Frühgetrennten haben weniger Rückendeckung von ihrer Mutter erfahren und dadurch weniger Selbstbewusstsein entwickelt. Und wem es daran fehlt, teilt erst mal aus, sodass gar nicht erst jemand auf die Idee kommt, ihm Angst zu machen. Ähnliche Mechanismen gibt es auch beim Menschen."

     

    Na, dann kommt ja in D auch einiges auf uns zu mit den politisch gewollt Vollzeit arbeitenden Eltern und dem Ganztagsverbleib der KLEIN(ST)EN Kinder in einer externen Betreuungseinrichtung, die je nach Bundesland personell, räumlich und ernährungstechnisch schlecht ausgestattet sind (z.B. Sachsen).

     

    Wenn die Kinder in den Kitas und Schulen dann noch Aggro-Food von Mega-Cateringkonzernen bis zum 15. Lebensjahr erhalten, dann gute Nacht!

     

    Aber die von Gegnern so genannte "Herdprämie" ist ja so uncool...

    Grundeinkommen? Vollzeit auf 30 Stunden beschränken? Höheren Mindestlohn?

    • @Hanne:

      Es geht hier um die komplette Trennung von Katzenkindern direkt nach dem (verfrühten) Abstillen sozusagen.

      Auf Nimmerwiedersehen!

      Inwiefern ist das vergleichbar mit der Trennung tagsüber wegen Kita/Schule?

    • @Hanne:

      Vorsicht, in der Katzenstudie wurde eine Grenze von 8 Wochen gefunden bzw. eine Mindestempfehlung von 12-14 Wochen gegeben für die Verweildauer bei der Mutter - mitnichten lässt das einen Rückschluss auf die entsprechende Zeitdauer beim Menschen. Seit langem ist ja bekannt, welche Ergebnisse eine Deprivation bei Affenkindern hinterlässt. So sinnvoll die Argumente für Grundeinkommen, Vollzeitbeschränkung und höheren Mindestlohnsein aus vielen verschiedenen Gründen sind (welche im Einzelnen diffenrenziert betrachtet werden müssen), so sollte nicht wieder vorschnell eine neue Ideologie für das "Rabenmutter-Konzept" geschaffen werden. Mütter heutzutage sind genug gebeutelt durch die allseitigen Vorwürfe, wofür sie alles an späteren Entwicklungsschäden durch ihre Erziehung und "mangelnde" Aufopferung in den ersten Jahren verantwortlicht gemacht werden und das Gefühl vermittelt bekommen, letztendlich seien sie für alle Störungen verantwortlich.7

      Dann bitte erstmal eine großangelegte Studie zum Vergleich, welcher Zeitraum, welche Bezugsperson (stillende Mutter, Vater) und welche Intensität der Betreuung beim Menschen notwendig ist. Keine Schuldzuschreibung für die Mütter, die selbst unter finanziellem Druck etc. leiden, wenn die Verantwortung der Gesellschft außer Acht gelassen wird!

      • @Humanistin:

        Der Begriff Deprivation bezeichnet allgemein den „Zustand der Entbehrung, des Entzuges, des Verlustes oder der Isolation von etwas Vertrautem“, werte*r HUMANISTIN. Dieses Vertraute muss nicht zwingend die Mutter sein. Auch andere Bezugspersonen kommen in Frage, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen (Dauerhaftigkeit, Verlässlichkeit, Gewaltlosigkeit, Zugewandtheit etc.).

         

        Interessanterweise wird in der Psychoanalyse „der 'Vaterverlust' als Deprivation begriffen“, wie das Lexikon Ihnen erklärt hätte, wenn Sie nicht der Meinung gewesen wären, sie hätten den Stein der Weisen bereits in Besitz. Das könnte – unter anderem – erklären, wieso dermaßen viele vollzeitbetreute Mama-Wessis ihre Umwelt mit latenten oder offenen Aggressionen piesacken müssen. Nicht zuletzt mit der standhaft Behauptung, alle außer Mama wären Schlampen.

      • @Humanistin:

        Die Feststellung, die durchschnittl. Vollzeitbetreuung durch Mutter/Vater sei nicht ausreichend, kann zu Herablassungen denen gegenüber führen, aber auch zu deren Gunsten. Es kommt auf Kontext an. Sehe ich´s als gegeben an, dass der finanzielle Druck normal wäre, bleibt nur noch der erste Schluss.

        In jedem Fall würde ich schon mal behaupten, die elterliche Vollbetreuungszeit des Menschenkindes als Notwendigkeit liegt bei einem Vielfachen von der bei Katzen.

  • Das betrifft nicht nur Katzen, sondern auch Hunde. Ich meine, Hundewelpen sollten mindestens 16 Wochen alt sein, bevor sie abgegeben werden.

     

    Ob aber Katzen oder andere Tiere, das Hauptproblem bei allem ist, daß erst einmal etwas seriös untersucht worden sein muß, bevor es von er Öffentlichkeit überhauapt registriert wird. Die Erfahrungen auch noch so geeigneter Privatpersonen zählen da seltsamerweise wenig.