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Norwegens Reaktion auf Gender Pay GapGleicher Lohn für Fußballspielerinnen

Erstmals gleicht ein Land die Prämien der Frauen- und Männernationalmannschaften aneinander an. Weitere Teams in Skandinavien könnten folgen.

Bekommen mehr Geld (Norwegens Spielerinnen), wollen mehr Geld (Dänemarks Spielerinnen) Foto: dpa

Das Neue

Insgesamt sechs Millionen Norwegische Kronen erhalten Norwegens Fußballerinnen künftig pro Jahr für ihre Spiele im Nationaltrikot. Das entspricht rund 640.000 Euro und ist etwa doppelt so viel wie bisher. Der Grund: Als erstes Land überhaupt wird Norwegen seine Herren- und Damennationalteams im Fußball ab kommendem Jahr gleich entlohnen. Dafür hat das norwegische Männerteam circa 550.000 Norwegische Kronen aus einem Budgettopf aus Werbeeinnahmen beigesteuert.

Der Kontext

Die gleiche Bezahlung soll nach dem desaströsen Vorrunden-Aus bei der letzten EM das Niveau des Frauenteams steigern. Und ist nebenbei gute Publicity. Erst im Juli 2017 hat der fangeführte englische Verein Lewes FC als offiziell erster semi-professioneller Fußballklub der Welt gleichen Lohn für sein Männer- und Frauenteam eingeführt und dafür viel Aufmerksamkeit bekommen. Beim schwedischen Klub Limhamn Bunkeflo 07 gibt es seit 2013 zumindest für die beiden Topmannschaften dasselbe Geld. In den meisten Vereinen und Nationalteams wird eine Angleichung allerdings bislang nicht ernsthaft diskutiert. Die Unterschiede sind oft enorm: Das deutsche Herren-Nationalteam etwa hätte beim Gewinn der EM 2016 300.000 Euro Prämie pro Spieler bekommen. Ein Nationalspielerin mit 37.500 Euro jedoch nur rund ein Zehntel.

Die Reaktionen

Die norwegischen Spielerinnen äußerten sich erwartungsgemäß positiv bis überschwänglich. Nationalspielerin Caroline Graham Hansen schrieb: „Das war vielleicht ein offensichtlicher Schritt, aber er bedeutet alles für uns.“ Joachim Walltin, Chef der norwegischen Fußballspieler-Vereinigung, sprach von einer historischen Dimension. „Für die Frauen wird es sicherlich einen gewissen Unterschied ausmachen. Manche arbeiten oder studieren.“

Die Konsequenz

In den vergangenen Jahren sind die sehr zaghaften Gehaltsproteste von Frauennationalteams deutlicher geworden. 2016 forderten die US-Fußballerinnen gleiche Bezahlung der Nationalteams; zuletzt streikten die dänischen Nationalspielerinnen für mehr Geld. In Schweden gibt es aktuell Überlegungen, Norwegen bei der Angleichung nachzuziehen. Gerade bei Ländern, wo der Frauenfußball zuletzt international den Anschluss verlor oder, wie in den USA, ein stärkeres Aushängeschild ist als der Männerfußball, könnte sich der Schritt lohnen.

In Deutschland hielt man sich bedeckt. Ein so radikaler Schritt ist bei den großen finanziellen Unterschieden und dem internationalen Standing des Männerteams kaum denkbar. Die Männer müssten außerdem auf deutlich mehr Geld verzichten als die Norweger; ernste Forderungen danach gibt es nicht. Eine Erhöhung der Prämien wäre aber denkbar. Völlig unrealistisch scheint die Angleichung im Vereinsfußball: Aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks und der immensen Gehaltsunterschiede wäre der Schritt für die meisten Klubs ruinös.

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12 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Mir fehlt bei der Berechnung des gender pay gap immer der Hinweis auf die genaue Methodik.

    Im Bereich der Profifußballer bzw. -ballerinnen gibt es im normalen Spielbetrieb einen riesigen gender pay gap in Größenordnungen von 1:1.000 bis 1:10.000, wenn man die letzten

    Entwicklungen betrachtet.

     

    Diese großen Zahlen verzerren das Ergebnis, wenn die Zahl des gender pay gap eine gesellschaftliche Aussagekraft haben soll, also repräsentativ sein soll. Was diese Zahl genau repräsentiert, ist nicht ganz klar. Das führt zu unnötigen Streitereien.

     

    Es ist nun leider nicht ersichtlich, ob diese großen Zahlen nach einer Median-Methode zuerst herausgenommen werden, bevor der gender pay gap berechnet wird. Auf den Seiten der EU, wo diese Zahlen veröffentlicht werden, findet sich auch nur der Hinweis, es sei seit ein paar Jahren eine andere Methodik benutzt worden, aber es steht nicht da, welche und die Studien werden auch nicht verlinkt dort.

     

    So ist es für den*die journalistisch unbedarften Nutzer*in kaum möglich, da genaueren Einblick zu erhalten, was die sorgsame Deutung dieser Zahl, des gender pay gap, etwas erschwert.

  • Gleiche Honare bei gleichen Leistungen und Erfolgen ist ok.

  • Das ist wohl das schlechteste Beispiel für gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Frauenfußball ist für die Werbewirtschaft und Sponsoren wenig interessant. Das hängt schlicht und ergreifend damit zusammen, dass Männer viel besser Fußball spielen. Die Damennationalschaft wird regelmäßig in Vorbereitungsspielen von Bundesliga B-Jugend-Mannschaften vorgeführt.

  • Die bösen Fan-Machos sind vom Fußball der Frauen nicht genauso begeistert wie von dem der Männer! Vielleicht hilft da eine Quote: Alle 10 Minuten wird bei Übertragungen von Herren zu Damen gewechselt! Übertragen wir das auf andere Sportarten: Die Männer müssen in Zukunft am Stufenbarren und am Schwebebalken turnen und die Zuschauer werden zu gleicher Begeisterung verpflichtet!

    • @fvaderno:

      War das ein Versuch, lustig zu sein? Ihr konsequentes Weiterdenken scheint mir allerdings nicht ganz zum letzten Ende durchdacht: Vielleicht sollte Arbeit nicht nur nach der dafür zu erwartenden Begeisterung bezahlt, sondern überhaupt erst erledigt werden. Also: Wer sich über ein geputztes Klo in der Firma nicht angemessen freut, setzt sich eben auf ein versifftes. Und wer Frauen sagt, sie seien für gleiche Bezahlung einfach nicht populär genug, sollte einfach gleich die Forderung stellen, dass Kündigungsschutz erst ab einer Mindestzahl von Facebookfans und Youtubeabos greift.

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @dasOimel:

        Sie vergessen, dass Fussballer letztendlich aus Werbeeinnahmen bezahlt werden. Und da erzielt der Frauenfussball eben ganz andere Ergebnisse als der Männerfussball. Da hängt die Bezahlung nicht von der Begeisterung der Sportler für ihre Sportart ab, sondern von der der Zuschauer für den Sport.

      • @dasOimel:

        und das soll jetzt konstruktiv sein? Nun ist professioneller Fußball nunmal eine Showsportart, und die misst sich naturgemäß am Zuschauerinteresse. Mit leistungsgerechter Bezahlung hat das wenig zu tun - dann müsste nämlich die für das Zuschauerinteresse weitgehend uninteressante Nr. 85 im deutschen Ski-Langstreckenlauf genauso viel verdienen wie die Nr. 85 der Profifußballer. Man könnte jetzt natürlich einwenden, dass es weit weniger Langstreckenläufer als Fußballer hierzulande gibt. Aber es gibt ja nun auch weit weniger weibliche Profifußballer, oder?

        • @mads_s:

          +@Leser77 Nö, natürlich sollte das nicht konstruktiv sein. Ich hatte mich nur auf die unpassende Pseudo-Ironie á la "die bösen Fan-Machos" im Vorpost bezogen, weil ich es unnötig fand, gleich wieder Männerfeindliches zu vermuten, nur weil mal jemand ein positives Signal FÜR Frauen setzt, ohne dass ein Mann was verloren hätte. Dass ich hier im Forum einer linken Zeitung nicht ungleiche Bezahlung mit "Marktmechanismen wie sie nun mal sind" legitimiere, dürfte ohnehin keinen wundern, zumal gerade bei Nationalmannschaften die SpielerInnengehälter ja sozusagen "Ehrensolde" sind und genau an der Stelle nicht vom völlig überdrehten Ligabetrieb abhängig. Dass Fußball mehr Showbiz als Sport ist, ist mir selber klar. Das geht m.E. auch nur zulasten des Breitensports. Oder um es mit Ewald Lienen zu sagen: "Ich glaube fest daran, dass ein anderer Fußball möglich ist."

  • Ich bin absolut dafür Männer und Frauen für gleiche Arbeit das gleiche Geld zu bezahlen.

    Ob man das auf den Fußball so einfach übertragen kann, bezweifle ich allerdings. Hier ist der Zuspruch der Zuschauer entscheidend. Im Profifußball sind Männer der eindeutige Zuschauermagnet. Wer daran zweifelt, kann sich gerne mal die Mühe machen und in der Programmzeitung die Sendezeiten von Frauen- und Männerfußball vergleichen.

     

    Unterm Strich zahlen die Fans das Gehalt der Sportler. Wenn man aktuell den DFB zwingen würde beide Nationalteams gleich zu entlohnen, wäre das (heute!) gezielte Benachteiligung der Männer.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @FrankUnderwood:

      Der DfB ist kein Fußballverein - warum wäre es Benachteiligung der Männer?

      Die Gelder für die Fernsehrechte z.B. zahlen alle über die Fernsehgebühren. Wenn aber alle diese völlig überzogenen Preise für die Übertragensrechte zahlen müssen, egal ob Fußballfan oder nicht, egal ob Mann oder Frau, dann sollten auch Frauen- und Männernationalmannschaften dass Gleiche bezahlt bekommen.

      Ohne diese Übertragungen würde auch die Popularität des Männerfußballs abnehmen, den Sponsoren würde das Fernsehpublikum fehlen. sie würden auch weniger zahlen und damit würden auch die Profifußballer weniger verdienen.

  • In welcher Welt ist ein Achtel rund ein Zehntel? Man könnte ja einen Taschenrechner benutzen wenn man schon nicht Kopfrechnen kann.

  • Am besten, "Die Mannschaft" wird zukünftig genderunabhängig, rein nach dem Leistungsprinzip aufgestellt. Somit ist gleiche Bezahlung gewährleistet.