piwik no script img

RadverkehrMehr Asphalt – und zwar pronto, bitte!

Neukölln hat seine erste Fahrradstraße. Allet schick soweit – wenn sie nur nicht so kurz wäre und die geplanten Schilder auch schon stehen würden.

Nichts für Dummies: Weserstraße, die neue Fahrradstraße in Berlin-Neukölln Foto: Susanne Memarnia

So richtig verstanden habe ich die neue Fahrradstraße in Neukölln noch nicht. Es war Montag Nachmittag, die feierliche Einweihung mit grüner Polit-Prominenz dürfte gerade vorbei gewesen sein, aber von all dem wusste ich zu diesem Zeitpunkt nichts. Ahnungslos fuhr ich radfahrender Weise mit dem Nachwuchs die Weserstraße hoch Richtung Kotti – da versperrte ein quer einbetoniertes Schild den Radweg.

Irritiert schaute ich mich um: Das Einfahrt-Verboten-Schild für Autos (wegen der Einbahnstraße) stand da wie immer, ebenso das Radfahrer-frei-Schild darunter. Nur dass ich nicht mehr fahren konnte. „Was soll die Sch… wieder?“ hob ich an zu fluchen, verkniff mir aber wegen meines Kindes weitere Tiraden.

Gefallen ist der Groschen dann Dienstag Vormittag. An derselben Stelle – Weser/Ecke Reuter – fällt mir nun doch das neue Schild (über den anderen) auf: „Fahrradstraße“ verkündet es. Und wie in der Werbung fahren direkt vor mir entspannt plaudernde Radfahrer nebeneinander die Straße hoch.

An der Verwirrung ist aber nicht nur meine Trotteligkeit schuld. Denn die Weserstraße ist lang, die Fahrradstraße kurz: Sie verläuft schildermäßig bislang nur bis zur Ecke Reuterstraße, offiziell immerhin eine Ecke weiter bis zur Ecke Pannierstraße – aber südlich davon geht alles seinen alten Trott. Also Kopfsteinpflaster für die Autos, buckeliger Radweg für „uns“. Beziehungsweise seit einer gefühlten Ewigkeit nichts von beidem, weil die Straße wegen Rohrarbeiten aufgerissen ist. Wer also von weiter aus Süden kommt, hat nun zwei „Systeme“ in einer Straße zu bewältigen. Da kann man schon überfordert sein.

Zweite Radstraße geplant

Perspektivisch soll sich das natürlich ändern, erklärt Bernd Szczpanski, grüner Fraktionsvorsitzender in der Bezirksverordnetenversammlung. Ziel sei, die gesamte Weserstraße zur Fahrradstraße zu machen. „Das hängt aber vom Asphalt ab.“ Sprich: Wann das Straßenbauamt genug Geld hat, den Belag zu erneuern.

Was noch fehlt: Die Querstraßen zur Fahrradstraße sollen alle mit Stopp-Schildern versehen werden, damit die RadlerInnen Vorfahrt kriegen. Das gebe es nicht mal in der Linienstraße in Mitte, lobt der Grüne und verspricht, die Schilder würden „zügig“ kommen. Genaueres wisse aber nur das Tiefbauamt.

Und was ist mit der zweiten Fahrradstraße, die laut Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) in der Pflügerstraße und am Weigandufer kommen soll? Auch diese Frage konnte bis Redaktionsschluss niemand beantworten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Fahrradstraßen sind Straßen, auf denen Autos fahren. - also Autostraßen. Denn wenn man die Wahl hat zwischen "auf sein Recht bestehen, aber vom SUV geplättet werden" und "einen Rückzieher machen", wählen die meisten klugen Leute den Rückzieher. "Fahrradstraßen" sind ziemlich schlecht getarnte Mogelpackungen.

  • "... da versperrte ein quer einbetoniertes Schild den Radweg"

     

    da war überhaupt kein Radweg. Das, was dort in der Weserstraße wie ein Radweg aussah, gehörte noch zum Fußweg. Ein Radweg ist nur dann ein Radweg, wenn er mit dem allseits bekannten blauen Schild gekennzeichnet ist!!! Das zumindest sollte man auch als Radfahrin wissen. Diese Unwissenheit ist aber leider nicht nur bei der Autorin zu finden.

     

    weiter im Faktencheck:

    "... Irritiert schaute ich mich um: Das Einfahrt-Verboten-Schild für Autos (wegen der Einbahnstraße) stand da wie immer, ebenso das Radfahrer-frei-Schild darunter. Nur dass ich nicht mehr fahren konnte.."

     

    Dieses "Radfahrer-frei-Schild" galt schon immer nicht für den Fußweg und auch nicht für den vermeintlichen Radweg, der da gar nicht war. Dieses "Radfahrer-frei-Schild" erlaubte und erlaubt Radfahrer entgegen der Einbahnstraße auf der STRAßE zu fahren, aber eben nicht auf dem Fußweg.

     

    So manches Mal konnte ich mich als Fußgänger in der Weserstraße nur mit einem Sprung in die "Büsche" vor falsch fahrenden Fahrradfahrer*innen in Sicherheit bringen, um mich dann auch noch beschimpfen zu lassen, doch gefälligst Platz zu machen habe. Ich fahre selbst viel Fahrrad, aber da kann man schnell zum Fahrradfahrerhasser werden.

     

    Ich bin fast schon so weit, dass ich mir einen Führerschein für Fahrradfahrer*innen wünsche.

    • Susanne Memarnia , Autorin des Artikels, Redakteurin taz.Berlin
      @Walter Gotter:

      Also das höre ich zum ersten Mal, dass das kein Radweg war. Der hatte doch sogar das übliche rote Pflaster und war somit farblich vom übrigen Bürgersteig abgegrenzt. Sind Sie da ganz sicher?

      • @Susanne Memarnia:

        Ja, es ist ein Radweg. Ohne entsprechendes Schild besteht lediglich kein Nutzungszwang (siehe "anderer Radweg").

  • Eine Fahrradstraße ist eine Straße, die dem Fahrradverkehr vorbehalten ist. Sie wird mit Zeichen 244.1 StVO (Anfang) und 244.2 StVO (Ende) beschildert. Verkehrszeichen müssen übrigen gut und auf einen Blick erkennbar sein; Nunja. Was das Bezirksamt da auf das Schild schreibt ist wahrscheinlich so bindend wie nix. Mal schauen, wann es an der Stelle zur ersten Begegnung der dritten Art kommt und was der entscheidende Richter dann zu diesem Monstrum sagt.