piwik no script img

CDU-Politiker Heiner Geißler ist tot„Das soziale Gewissen der Union“

Der frühere CDU-Generalsekretär und Ex-Bundesminister Heiner Geißler ist gestorben. Zuletzt vermittelte er beim Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21.

Der frühere Bundesminister und CDU-Generalsekretär Heiner Geißler starb im Alter von 87 Jahren Foto: dpa

Berlin dpa | Der frühere Bundesminister und CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ist tot. Er starb im Alter von 87 Jahren, wie sein Sohn Dominik der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über Geißlers Tod berichtet.

Unter den Ministerpräsidenten Peter Altmeier und Helmut Kohl (beide CDU) war Geißler von 1967 bis 1977 Sozialminister in Rheinland-Pfalz, anschließend wurde er CDU-Generalsekretär. Kohl berief den promovierten Juristen 1982 zum Familienminister. Der Sozialexperte arbeitete an einem neuen Image der CDU als moderne Programmpartei und führte unter anderem ein Erziehungsgeld ein.

Politiker von Union, SPD und Grünen haben erschüttert auf den Tod des früheren CDU-Generalsekretärs und Bundesministers Heiner Geißler reagiert und ihre Hochachtung für die Lebensleistung des Rheinland-Pfälzers ausgedrückt.

Kanzleramtschef Peter Altmaier schrieb am Dienstag auf Twitter, Geißler habe die CDU geprägt: „Soziale und ökologische Verantwortung, Menschlichkeit. Ich bin tief erschüttert. Sein Vermächtnis bleibt.“

Elmar Brok, Mitglied des CDU-Bundesvorstands, sagte in der Tageszeitung Neue Westfälische, „Heiner Geißler war das soziale Gewissen der Union“.

Schlichter bei Stuttgart 21

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schrieb auf Twitter, Deutschland verliere mit Geißler einen großen Demokraten und „streitbaren Politiker, der es keinem leicht gemacht hat. Seine Stimme wird fehlen.“ Der Grünen-Politiker Omid Nouripour schriebt: „Ein Mann der Werte und der Haltung ist von uns gegangen.“

Seine letzte ganz große Mission hatte Geißler, als er im Alter von 80 Jahren 2010 den Konflikt um das Bahnprojekt Stuttgart 21 schlichtete.

Geißler kam am 3. März 1930 in Oberndorf am Neckar als Sohn eines Oberregierungsrates zur Welt. Vor seiner politischen Karriere war der Vater von drei Söhnen vorübergehend Mitglied des Jesuitenordens, dann Amtsrichter.

Bis zuletzt äußerte er sich zu aktuellen politischen Themen. So kritisierte er etwa noch im März die rheinland-pfälzische CDU-Chefin und Bundes-Vize Julia Klöckner, weil diese Reformen an den Hartz-Gesetzen abgelehnt hatte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Der frühere CDU-Generalsekretär und Ex-Bundesminister Heiner Geißler ist gestorben. Zuletzt vermittelte er beim Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21." - "Vermittelte" ist, glaube ich, nicht richtig ausgedrückt, denn im Grunde war er auf der Seite von "Stuttgart 21".

  • ...ist ja bekannt, dass man über Tote angeblich nichts böses sagen sollte. Aber bitte, Herr Geißler war einst die demagogische Speerspitze der CDU als Generalsekretär. Er diskreditierte 1983 im Bundestag die Friedensbewegung: "Der Pazifismus der dreißiger Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem heutigen unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“ Bis ihn Kohl rauswarf war er ein ideologischer Hardliner - der dann im Alter und ohne Macht den gewandelten Paulus gab. Und bei Stuttgart 21 hat er nicht geschlichtet, sondern dem Widerstand die Spitze gebrochen indem er einen Vorschlag machte, der nie umgesetzt wurde. https://de.wikipedia.org/wiki/Heiner_Gei%C3%9Fler

  • Der war ok.

  • Heiner Geißler ist tot. Wieder ist ein Politiker von uns gegangen, der die Bedeutung des Wortes "Sozial" noch kannte. Geißler galt als Querdenker, der auch in seiner eigenen Partei aneckte. Seit 2007 war er Mitglied des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Bis zuletzt äußerte er sich zu aktuellen politischen Themen. So kritisierte er noch im März die rheinland-pfälzische CDU-Chefin und Bundes-Vize Julia Klöckner, weil diese Reformen an den Hartz-Gesetzen abgelehnt hatte. Jetzt ist Heiner Geißler von uns gegangen und bald wird es nur noch "Berufspolitiker" geben, die für das einfache Volk kein Ohr mehr haben.

     

    Heiner Geißler: "Das gegenwärtige Wirtschaftssystem ist nicht konsensfähig und zutiefst undemokratisch, es muss ersetzt werden durch eine neue Wirtschaftsordnung."

     

    Heiner Geißler über Inge Hannemann: "Es ist ein Glücksfall, dass endlich jemand aus dem BA-Bereich die Missstände aufdecke, die seit Existenz der Agenda 2010 dort eingerissen seien."

     

    Heiner Geißler: "Es gibt auf der Erde Geld wie Dreck. Es haben nur die falschen Leute."

     

    Requiescat in pace, Heiner.

  • Ein schöner Mist ist das mal wieder! Wer soll der CDU denn nun ihr mahnendes Gewissen machen? Die Kanzlerin vielleicht? Als die das letztes Mal versucht hat, hätte die Meute sie beinahe in der Luft zerrissen - und durch einen der ihren postwendend ersetzt. :-((

     

    Vielleicht kann ja die taz sich bei der CDU mal umsehen. Gut möglich, dass da noch ein Heiner Geißler wirkt. Ganz im Verborgenen und ohne dass jemand ihn ehrt, um sich selber damit zu profilieren. Nur ist gerade nicht die Zeit, auf solche Leute deutlich hinzuweisen.

     

    Jetzt heißt es grade: "qui non est mecum contra me est". Soll heißen: "Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich!" Nein, Jesus war schon auch kein all zu großer Demokrat, wenn man Matthäus oder Lukas glaub, vielleicht auch gleich beiden Erwähnten. Ich hoffe sehr, dass Heiner Geißler nicht zu deren rechter oder linker Seite sitzt, wenn er die Augen wieder auf macht. ;-)

  • Das tut mir sehr leid.Sein Tod ist für den Widerstand gegen diese Lobbyistenrepublik ein schwerer Schlag.

    Es ist damit ein ganzes Stück schwerer geworden.

    "SAPERE AUDE ! Habe den Mut,dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"

    Das war eines seiner Credos.