: Auf dem Sprung nach Berlin
FDP Über den Umweg Nordrhein-Westfalen will Christian Lindner seine Partei wieder in den Bundestag bringen. Im Programm nichts Neues
Ergebnis der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 5. Mai für die NRW-Landtagswahl (in Prozent):SPD: 32; CDU: 32; Grüne: 7,5;FDP: 12; AfD: 6
Andere Umfragen kommen zu leicht unterschiedlichen Resultaten. Vielleicht entscheiden sich die 13 Millionen Wahlberechtigten aber auch ganz anders
Bereits seit Anfang April tourt der 38-jährige Politiker, der mit 21 erstmals in den Düsseldorfer Landtag einzog und vom damaligen FDP-Landeschef Jürgen Möllemann leicht spöttisch „Bambi“ genannt wurde, durch das Land. Dass er nach seinen vielen Wahlkampfauftritten müde wirke, wisse er selbst: Dieser Hinweis durfte bei keiner von Lindners Publikumsansprachen fehlen.
Auch in Wahlkampfspots kultiviert Lindner das Image eines Mannes, der sich gegen jeden Widerstand durchsetzt. „Haben sie mal was gemacht, von dem sie überzeugt waren, das es richtig ist“, fragt er in einem ultraschnell geschnittenen Clip in dramatischem Schwarz-Weiß, in dem er auch im unterhemdartigen T-Shirt zu sehen ist und der mehr als 700.000 Mal angeklickt wurde. Egal ob „Schulen“, „Steuern“, „Digitalisierung“ oder „Bürokratismus“: Entsprechend der Sehgewohnheit jüngerer WählerInnen reduziert der FDP-Chef komplexe Themen in nur einer Minute und 27 Sekunden auf einzelne Schlagworte – erweckt dabei aber den Eindruck, er repräsentiere eine Art Common Sense, den zumindest hart arbeitende Leute einfach teilen müssen.
Dabei hat die FDP inhaltlich kaum Neues anzubieten, was über die Marktradikalität und Elitenfreundlichkeit von Lindners Vorgänger Guido Westerwelle hinausgeht. Lindner will die Steuern gerade für Häuslebauer senken: Die Belastung mittlerer Einkommen sei „regelrecht im Sozialismus angekommen“, klagt er. In der Bildungspolitik steht die Bevorzugung des Gymnasiums im Programm, Klimaschutz wird vor allem als Bremse für die Wirtschaft wahrgenommen. Fallen soll deshalb nicht nur in NRW „rot-grüne Bürokratie“: Von der „Hygiene-Ampel“, an der KundInnen schnell erkennen sollen, wie sauber ein gastronomischer Betrieb arbeitet, will die FDP ebenso wenig wissen wie von Tariftreuegesetzen, die eine faire Bezahlung von ArbeitnehmerInnen zumindest bei öffentlichen Aufträgen sichern sollen.
Wer soll diese Politik durchsetzen? Lindner selbst präsentiert sich an Rhein und Ruhr als eine Art politischer Untoter. Nach einem Wiedereinzug in den Bundestag am 24. September will er auf jeden Fall nach Berlin wechseln. Seinen designierten Statthalter, Landtagsfraktionsvize Joachim Stamp, kennen nur Polit-Insider. Allerdings: Mag Lindner auch bereits von einem Sitz in der Bundesregierung träumen – Stamp sieht er in NRW sowieso in der Opposition: „Wahrscheinlichstes Ergebnis“ der Landtagswahl sei eine Große Koalition, verkündet der FDP-Chef sei Wochen. Andreas Wyputta
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