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Wahlkampfthema BildungG8 oder G9 macht keinen Unterschied

Die verkürzte Gymnasialzeit hat wohl nicht so negative Folgen für SchülerInnen, wie man bisher annahm. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie.

Klasse am Tropf: SchülerInnen demonstrieren 2005 in München gegen G8 Foto: imago/Lindenthaler

Berlin taz | Es ist eines der wichtigsten Themen im Landtagswahlkampf: das Abitur nach Klasse 12, G8 genannt. Nachdem Niedersachsen und Bayern bereits zum Abitur nach Klasse 13, dem G9, zurückgekehrt sind, steht die verkürzte Gymnasialzeit nun auch in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf dem Prüfstand.

Ein am Donnerstag von der Stiftung Mercator veröffentlichtes Gutachten kommt nun allerdings zu dem Ergebnis, dass die G8-Reform keine negativen Folgen für SchülerInnen hat. Es konnten keine Unterschiede in der fachlichen Leistung zwischen G8- und G9-AbiturientInnen festgestellt werden.

„Wir sprechen uns weder für G8 oder G9 aus“, stellt Olaf Köller vom Leipniz-Institut in Kiel klar, der die Studie erstellt hat. In der 54-seitigen Expertise räumt Köller allerdings mit verschiedenen Mythen auf, die sich um die Schulreformen ranken. Die Befürchtung, G8-SchülerInnen seien schlechter auf das Studium vorbereitet als G9-AbsolventInnen habe sich demnach nicht bestätigt. Auch zeigte sich, dass SchülerInnen, die das Gymnasium nach der 12. Klasse beenden, zwar etwas weniger Zeit für außerschulische Aktivitäten haben, aber weiterhin Mitglied in Vereinen sind.

Für das Gutachten sammelte Köller die Ergebnisse verschiedener Studien zur Einführung und den Folgen von G8. Viele davon stellten fest, dass G8-SchülerInnen nicht gestresster seien, als SchülerInnen, die neun Jahre aufs Gymnasium gingen .

Kritik äußert die Stiftung daran, dass Entscheidungen der Länder, zum G9 zurückzukehren nicht evidenzbasiert getroffen wurden, sondern dem Druck der Eltern Rechnung trugen

„Das ist keine reine Befürwortung von G8, aber die Befürwortung, nicht wieder umzubauen“, sagt Winfried Kneip, Sprecher der Stiftung Mercator zu den Ergebnissen des Studie. „Ressourcen sollten nicht in Strukturdebatten gebunden werden, sondern genutzt werden, um wichtigen Herausforderungen im Bildungsbereich, wie zum Beispiel der Qualität im Ganztag, zu begegnen.“

Kritik äußert die Stiftung daran, dass Entscheidungen der Länder, zum G9 zurückzukehren nicht evidenzbasiert getroffen wurden, sondern dem Druck der Eltern Rechnung trugen. Sowohl Hannelore Kraft als auch Armin Laschet hatten sich beim TV-Duell zur NRW-Wahl für eine freiwillige Rückkehr zum G9 ausgesprochen.

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3 Kommentare

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  • Klar, wenn man Kinder=Menschen nur nach ihren Schulnoten beurteilt!

    Wenn man schulisch den Druck nur weit genug erhöht, werden das die Kleinen schon schaffen, schliesslich geht es ja nur um die Karriere...

    Das wär ungefähr so, als wenn man die Regelarbeitszeit auf 10h erhöht und dann nachprüft, ob die Produkte am Ende schlechter geworden sind...NATÜRLICH nicht! Aber die Menschen leiden, sie verlieren Sozialkompetenz und Lebenserfahrung, vielleicht Freunde...und Freude am Leben und Lernen. Man erreicht vermutlich die innere Kündigung schon im Schulalter.

    Wenn man den Kanal nur schmal genug macht, kann man alles Negative sauber ausblenden.

    Insofern ist die o.g. Beurteilung völlige Augenwischerei und Selbstbetrug.

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @Mitch Miller:

      So ist es. Was da in der Expertise ausgesagt ist, dass nicht aus Einsicht auf G9 zurückgekehrt war, sondern nur dem Druck der Eltern Rechnung getragen wurde. Ein Armutszeugnis. Was die Damen und Herren Pädagogen übersehen- und damit meine ich nicht die Lehrer in den Schulklassen, die ja nur zu vollziehen haben - , ist die Tatsache, dass diese Eltern auch einmal die Schulbank drückten, und sich noch ganz gut daran erinnern können, welcher Umfang bis zu welcher Klasse damals von ihnen zu erlernen war, und welcher heute bei ihren Kindern in gleichen Zeiträumen zu erlernen ist. Der Unterschied ist derart auffällig, dass einem nur noch die Haare zu Berge stehen. Und die Frage sei erlaubt, ob nun die Eltern wegen dieses Unterschieds nun allesamt nur den Zustand des Depperle vom siebten Wurf nach ihrem Abitur erreichten, oder ob die Damen und Herren, die sich irrtümlich für Pädagogen halten, sich selbst nach deren Abitur als solche ansehen, und dies durch G8 für zukünftige Generationen ändern wollten.

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Was für ein blühender Blödsinn. Die Erfahrung war, dass Minderjährige bei G8 mit seinen Nachmittagsstunden und darauf anschließenden Hausaufgaben und Repetitorium ein Arbeitsalltag aufgebrummt wurde, der den gewöhnlichen Arbeitsalltag eines Erwachsenen übertraf, im Gegensatz zu den Erwachsenen am Monatsende jedoch keine Entschädigung hierfür in Form einer Lohnzahlung erhielten, G8 führte zur Hochkonjunktur so genannter Nachhilfe-Studios, die Schüler hatten ihren Lernstoff regelmäßig aus Handzetteln zu saugen, da die Lehrbücher hierzu pädagogisch unbrauchbar und auch nicht in der Reihenfolge aufgesetzt, in welcher unterrichtet wurde. Dass diese lächerliche Vorgabe deutscher Bürokraten, die sich irrtümlich für Pädagogen halten, auf Druck der Eltern zurückgenommen wurde, ist die hoffentlich die Abkehr von der idiotischen Idee, dass Pferderennen Lernprozesse unterstützen würden. Empfehle Nachsitzen für deutsche Bürokraten, die sich irrtümlich für Pädagogen halten, um endlich dafür Sorge zu tragen, dass die Lehrbücher der Schulbuchautoren endlich methodisch und didaktisch bearbeitet werden.