piwik no script img

Kommentar Deutsche EnergiepolitikAuf zur ökologischen Umverteilung

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Die Forderung nach Steuererhöhungen ist ein Kassengift im Wahlkampf. Es käme in Sachen Klimaschutz darauf an, sie gut zu verkaufen.

Fischen nach Wählerstimmen? Das geht auch anders Foto: dpa

W er eine schwierige Botschaft im Wahlkampf braucht, entscheidet sich für das Thema Steuererhöhung. Die Chance, Millionen Wähler abzuschrecken, ist groß. Bei Union und SPD wird sich der Jubel über das neue Konzept von Agora Energiewende deshalb in Grenzen halten. Die Organisation hat nun Vorschläge für eine neue ökologische Steuerreform vorgelegt. These: Die Abgaben auf Strom müssen runter, die auf Benzin und andere fossile Energieträger dagegen hoch.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble macht es sich deutlich einfacher. Er verspricht, dass quasi alle entlastet werden, indem eine neue Bundesregierung unter seiner Beteiligung die Einkommensteuer flächendeckend senkt.

Doch auch Steuererhöhungskonzepte können im Wahlkampf funktionieren. Unter einer Bedingung – neben zusätzlichen Belastungen muss es auch Entlastungen geben. So war es beispielsweise bei der ökologischen Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung ab 1999. Die Steuer auf Energie – unter anderem Strom, Benzin, Heizöl – stieg. Mit den Einnahmen senkte man die Sozialbeiträge auf die Löhne. Umweltverbrauch wurde be-, Arbeit dagegen entlastet. Das kauften die Wähler Gerhard Schröder und Joschka Fischer ab. Die Reform fand statt.

Jetzt präsentiert Agora einen neuen Ansatz, der plausibel klingt. Denn warum soll vergleichsweise klimafreundliche Elektrizität – pro Kilowattstunde umgerechnet – viermal so hoch besteuert werden wie klimaschädlicher Diesel-Treibstoff?

Während man die Grünen von der Notwendigkeit einer neuen Ökosteuerreform nicht überzeugen muss, hat das Thema bei den anderen Parteien jedoch keine Priorität. Die SPD diskutiert zwar darüber, die Stromsteuer zu senken. Von höheren Abgaben auf Benzin, Diesel oder Heizöl ist dagegen keine Rede. Wenn das was werden soll, müssen die Ökosteuer-Freunde noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Umweltziele und Verteilungsziele sollten getrennt verfolgt werden. Eine CO2-Steuer würde geringe Einkommen prozentual mehr belasten, da davon vermutlich ein höherer Anteil für energetische Produkte ausgegeben wird. Eine Korrektur wäre zwar z.B. durch stärker differenzierte Einkommensteuer möglich. Trotzdem wäre eine CO2-Steuer wegen des Umverteilungseffekts politisch schwer durchsetzbar. Ein Emissionshandel mit Mindestpreis hätte umweltpolitisch die gleiche Wirkung, der Umverteilungseffekt könnte aber durch z.T. kostenlose Zuteilung von Zertifikaten vermieden werden. Daher sollte eine Ausweitung des Emissionshandels politisch eher durchsetzbar sein.

  • Das letzte Konzept hieß doch: "Besserverdienende sollen mehr bezahlen, damit die Energiewende gelingt". Laut Umfragen waren die doch auch bereit dazu, oder? Es kann aber nicht sein, dass nur nach "klimaschädlich" oder so geschaut wird. Die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Der Impact, der eine Technologie auf das Gesamtsystem Erde mitsamt seiner Bewohner haben wird, kann und will niemand abschätzen. Mit welchem Ziel denn auch? Profitmaximierung? Allen Menschen die gleichen Chancen? Bewahrung der Biodiversität? Alles soll so bleiben, wie es ist?

  • Es müssen ganz prinzipiell die indirekten Steuern und Abgaben auf so ziemlich alles gesenkt werden. Dass das beim Strom gemacht werden soll ist sinnvoll, aber geringere Einkommen sind in der Tendenz eben öfter auf den PKW angewiesen und zahlen einen höheren Anteil ihres Einkommens an Heizkosten und sind gleichzeitig wegen der hohen Investitionskosten nicht so einfach zur Beschaffung neuer Heiztechnik oder PKWs mit besseren Abgaswerten in der Lage.

     

    Ich finde es schon richtig, dass man mit Steuererhöhungen diejenigen zur Finanzierung von Umweltmaßnahmen heranzieht, die diese dem Rest der Bevölkerung aufzwingen, weil das begüterte linksliberale Bildungsbürgertum sich ja ausnahmslos mit seinen Wünschen in der Politik durchsetzt.

    Aber ihr solltet da schon konsequent sein. Wenn ihr alle diese Umweltmaßnahmen wollt und gleichzeitig als Grünenwähler die reichsten Wähler aller Parteien seid, damit also am geringsten von der Erhöhung indirekter Abgaben betroffen, während die Umweltbelastung der Menschen mit ihrem Einkommen steigt, dann denke ich darf ich mit Recht von euch fordern, dass das mit einer massiven Erhöhung von Steuern für das reichste Fünftel der Bevölkerung einhergeht und ihr damit ärmere Bürger und Unternehmen subventionert von denen ihr erwartet höhere Umweltstandards einzuhalten.