Umfrage zur Zukunft der Arbeit: Angst vor der Digitalisierung
Die Arbeitswelt der Zukunft bringt Jobverlust und treibt die soziale Spaltung noch weiter voran. Das glaubt zumindest die Mehrzahl der Deutschen.
Wenn Bundesforschungsministerin Johanna Wanka am Montag in Hannover zum Start der Cebit den Innovationspreis der Messe verleiht, dann hat sie frische Zahlen und Statistiken aus ihrem Hause im Gepäck, die überhaupt nicht zur dort verbreiteten Digitalisierungs-Euphorie passen.
Nach dem jüngsten „Zukunftsmonitor“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) blicken viele Deutsche mit Sorge auf die Arbeitswelt im Jahre 2030: Robotik und Digitaltechniken werden die Arbeitsplätze der Menschen dramatisch verändern oder sogar abschaffen. 60 Prozent der Befragten erwarten, dass „durch die Veränderungen Jobs verloren gehen“.
Anders als bei früheren Zukunftsbefragungen des BMBF, in denen Technikfortschritte in der Medizin oder der Bildung überwiegend begrüßt wurden, fallen die Erwartungen an die Zukunft der Arbeit und die Folgen der Industrie 4.0 deutlich negativer aus. So erwarten 42 Prozent, dass die neuen Technologien zu „negativen Veränderungen in der Arbeitswelt“ des Jahres 2030 führen werden. Ein Drittel rechnet mit überwiegend positiven Verbesserungen. 20 Prozent glauben, dass es „keine gravierenden Veränderungen“ geben werde. Bei dieser Gruppe dürfte der Aufwach-Effekt am stärksten ausfallen.
Überraschend kritisch werden die sozialen Folgen der neuen Arbeitswelt bewertet. „Die Geschwindigkeit der Digitalisierung fördert Abstiegsängste“, stellt die Untersuchung fest: „81 Prozent der Befragten fürchten, dass die technologische Entwicklung dazu führt, dass mehr Menschen beruflich abgehängt werden“.
Und wer den Job behält, hat auch nicht so viel davon. 84 Prozent glauben, dass „durch die Digitalisierung in Zukunft die Gehaltsunterschiede zunehmen könnten“. Mit anderen Worten: Die Menschen erwarten eine stärkere Polarisierung der Einkommen. Innovation – so die Volksmeinung – treibt in letzter Instanz die soziale Ungleichheit. Die satten Gewinne kommen nur wenigen zugute.
Ob sich in diesen Zahlen bereits eine Akzeptanz-Erosion in der breiten Bevölkerung gegenüber ungesteuertem Fortschritt ankündigt, kann man bei der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf, dem Thinktank der DGB-Gewerkschaften, noch nicht erkennen. Dort geht man von einer positiveren Stimmungslage aus, die im vergangenen Jahr über eine große Befragung von 2.600 Betriebsräten durch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Stiftung ermittelt wurde.
Auf die Frage nach den Auswirkungen der „zunehmenden Digitalisierung der Arbeit im Betrieb“ sahen 40 Prozent der Betriebsräte „überwiegend positive Auswirkungen“, 15 Prozent dagegen mehr negative Folgen, während die größte Gruppe mit 42 Prozent „keine Auswirkungen“ registrierte. Allerdings handelt es sich hierbei um den Ist-Zustand 2016 und keine Zukunftsabschätzung für 2030.
Die für die gesamte deutsche Bevölkerung repräsentativen Zahlen des „Zukunftsmonitors“ wurden im Januar über eine Befragung von 1.004 Bürgern durch das Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid im Auftrag des BMBF ermittelt. Auch positive Erwartungen wurden registriert, besonders bei der jüngeren Generation, die technikaufgeschlossener ist als Eltern und Großeltern. So erwarten 59 Prozent der 14- bis 19-Jährigen, dass „durch die Digitalisierung positive Effekte auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben erzielt werden können“. Das Meinungsbild wird in einer öffentlichen Veranstaltung – der „Zukunftsnacht“ zum Thema „Denken und Arbeiten in der Welt von morgen“ – am 29. März im BMBF in Berlin vertieft.
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