Wiki-Krieg über Comicfigur: Garfield, der Cis-Kater
Lasagne, Pizza, Schlaf und … Männlichkeit? Wikipedia streitet über Garfields Geschlecht. Mittlerweile musste sich der Zeichner der Comics einschalten.
„FAKT: Garfield hat kein Geschlecht“, schrieb Virgil Texas am 23. Februar auf Twitter. Der Journalist verwies auf ein Zitat von Garfields Schöpfer Jim Davis. 2014 hatte der einem Online-Medium gesagt: „Als Katze ist Garfield nicht wirklich männlich oder weiblich oder hat eine bestimmte Rasse oder Nationalität.“ Mit dieser Quelle änderte Virgil Texas unter dem Alias David „The Milk“ Milkberg das Geschlecht in Garfields englischsprachigem Eintrag von „männlich“ zu „keins“.
Keine Dreiviertelstunde später machte jemand die Änderung rückgängig. In den folgenden Tagen sprang das Wort in der Kategorie Gender 24 Mal hin und her – von „männlich“ zu „keins“ zu „männlich“ zu „?“ zu „umstritten“ zu „männlich“ … Wikipedia sperrte die Seite für einige Tage gegen Änderungen und erzwang so einen Waffenstillstand.
Virgil Texas, der den Streit ausgelöst hat, ist als Troll bekannt. So erfand er mit einem Kollegen von der Washington Post einen Experten, der den Wahlausgang aufgrund seines Bauchgefühls vorhersagte. Auf Facebook infiltrierte er eine White-Pride-Gruppe.
Garfield als „geschlechtsloser progressiver Klumpen“
Falls der Journalist Diversity-Gegner auf den Plan rufen und vorführen wollte, ist ihm das gelungen. Zwar erinnern leise Stimmen daran, dass Gender bei Menschen und Katzen im Jahr 2017 keine Rolle mehr spielen sollte. Aber die meisten Antworten auf Texas sind empört. Garfield sei seit seiner Geburt 1978 ein Kater und solle es auch bleiben.
Die reaktionäre Meinungs-Website Heatstreet schreibt in einem von drei Artikeln zum Thema, „die Soziale-Gerechtigkeit-Clique“ wolle Garfield „in einen geschlechtslosen progressiven Klumpen“ verwandeln.
Auf Wikipedias Talk-Seite zum Eintrag steht eine Liste von 34 Comic-Strips, in denen auf Garfield mehr oder weniger explizit als männlich Bezug genommen wird. In einem sitzt Garfield in voller Moppelpracht auf dem Tisch und denkt darüber nach, wie sehr „Katzenjungs“ ihr „Junggesellendasein“ schätzen. Die rechercheintensive Liste gepostet hat ein neuer User namens DrCliche; wer hinter dem Account steckt, ist nicht bekannt.
Inzwischen hat sich der Zeichner Davis selbst zu Wort gemeldet und Garfield zum Cis-Mann erklärt. Der Washington Post und dem Boulevard-Blatt Daily News sagte Davis: „Garfield ist männlich. Er hat eine Freundin namens Arlene“. Inwiefern diese beiden Merkmale zusammenhängen, wird noch nicht diskutiert. Allerdings hat gleich jemand die Kategorie „Ehegattin“ umbenannt zu „Lebensgefährtin“. Bislang gab es dagegen keinen Widerspruch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge