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Kommentar zu BausparverträgenIst der Ruf erst ruiniert

Kommentar von Svenja Bergt

Die Bausparkassen dürfen jetzt Verträge einseitig kündigen. Kein Skandal, sagen manche, die Sparer haben ja auch nicht eingelöst. Ist das wirklich fair?

Nur Luftschlösser gebaut? So zumindest dürften sich manche Sparer jetzt fühlen Foto: dpa

E in langfristiger Vertrag, bei dem Zinsen eine Rolle spielen, ist immer eine Wette: Die Bank oder die Bausparkasse wettet darauf, dass die Wirtschaft im Allgemeinen und die Zinsen im Speziellen sich so entwickeln, dass sie dabei einen guten Deal macht. Der Verbraucher wettet darauf, dass er zumindest keinen grottenschlechten Deal macht. Denn wie bei einer Wette gilt auch hier: Die besseren Karten hat der Beteiligte mit dem Informationsvorsprung und den meisten Juristen, und das ist nun mal in der Regel das Geldinstitut.

Doch nun hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil, dass die Institute gut verzinste Altverträge kündigen dürfen, leider auch noch den kleinen, unwahrscheinlichen Fall, dass der Kunde nicht nur keinen grottenschlechten, sondern einen ganz guten Deal macht, abgeschafft. Das Risiko der Wette liegt damit genau auf einer Seite: beim Kunden. Das ist nicht nur unfair, sondern widerspricht auch der eigenen Werbestrategie der Institute, die das Bausparen jahrelang als flexible Anlageform bewarben. Zumal sie mit den heute ungewollten Kunden über Jahre ganz gut Geld verdient haben. Und sollte den Instituten umgekehrt bei längerer Zahlung der vereinbarten Zinssätze der Bankrott drohen, spräche das nicht gerade für umsichtiges Wirtschaften.

Man kann jetzt überlegen, was das Urteil für das Vertrauen in Banken, Bausparkassen und Geldanlagen bedeutet, aber erstens ist das vermutlich spätestens seit der Finanzkrise eh nur noch in Spuren vorhanden, und zweitens ist Vertrauen vielleicht nicht unbedingt die Maßeinheit für Beziehungen zu Banken.

Was es aber braucht: Rechtssicherheit. Verträge müssen eingehalten werden. Die Institute selbst fordern das häufig genug von ihren Kunden, und das, selbst wenn das eigene Geschäftsgebaren eher unredlich ist – man denke an überhöhte Dispozinsen. Aber vielleicht ist das Teil des Problems: Wer ohnehin keinen Ruf mehr zu verlieren hat, muss sich um Verbraucherfreundlichkeit auch nicht kümmern.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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3 Kommentare

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  • Der Artikel verdreht die Welt.

    „Ein langfristiger Vertrag, ist immer eine Wette …“: Unsinn. Diese Bausparer sind keine Wette eingegangen, sondern haben sich in ein Solidarmodell eingekauft. Sie scheren aus dem Solidarvertrag aus, um einen Windfall-Profit den ihnen die EZB-Politik beschert, mitzunehmen. Dann wollen auch noch einen Schnaps drauf, Wer das zahlt (die nachfolgenden Bausparer), ist ihnen egal.

    „… sollte den Instituten … der Bankrott drohen, spräche das nicht gerade für umsichtiges Wirtschaften…“: so geht das offenbar, wenn man sich auf ein Solidarmodell einlässt.

    „Was es aber braucht: Rechtssicherheit. Verträge müssen eingehalten werden“: genau das hat der Bundesgerichtshof bestätigt. Versucht ein Kunde den Zweck des Bausparens zu unterlaufen und seinen Vertrag zu nutzen, um Investitionserträge zu erschleichen die andere Bausparer subventionieren müssen, dürfen die Bausparkassen ihr vertragliches Kündigungsrecht nutzen und ihm kündigen.

  • Bausparen war eines der letzten Solidaritäts-Modelle:

    Kunden Y sparten zu einem Zinssatz der deutlich unter dem Marktzins lag - dieses Geld wurde an Kunden X, welche schon länger angespart hatten, deutlich unter dem Marktzins weitergegeben. X haben damit ihr Häuschen finanziert. Nach einer gewissen Zeit hatten X zurückgezahlt und Y kamen dran. Damit hat sich diese Gemeinschaft einen solidarischen Zinssatz geschaffen und sich damit von den kapitalistischen Zinsmärkten entkoppelt.

    Dann kam die Nullzinspolitik der EZB und die Altkunden, die bereits angespart hatten, konnten sich plötzlich unterhalb des solidarischen Zinssatzes finanzieren; d.h. das Bausparmodell war schon fast tot. Aber die Altkunden waren nun so raffgierig (wie es wohl den ‚Kapitalisten‘ unterstellt wird): sie haben eine Vertragslücke der Bausparkassen ausgenutzt (die Häuslebauern Flexibilität gab, ihr Geld noch ein wenig liegen zu lassen) und damit das solidarische Modell fast erledigt. Die Bausparkassen in ihrer Not haben dann eine Ausgang gefunden und diesen Kunden gekündigt.

  • Das war doch eh klar - kein Gericht mag den Banken ernsthaft weh tun. Das ist nun mal politisch nicht gewollt.

    Die Beziehung einer Bank ist zu ihrem Kunden ist meist eine Art Mutter-Kind-Beziehung. Der Kunde befindet sich in völliger Abhängigkeit und wird auch darin gehalten.

     

    Banken haben in unserem System den Status von Gottheiten: Übermächtig und allwissend, und was immer sie tun, gilt per se als richtig. Wenn sie straucheln, hilft ihnen die Allgemeinheit der Steuerzahler. Wenn sie etwas tun, das außerhalb der Regeln und Gesetze liegt, wird es im Nachhinein legalisiert. Und wenn sich das nicht machen lässt, wird das Unrecht zwar als solches benannt, aber danach einfach geduldet und totgeschwiegen - siehe Dispozinsen und Kontogebühren.