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taz-Bot Judith Botler zum Frauentag{ track: „#genderwahnsinn“ }

Zum Weltfrauentag haben wir einen Bot programmiert. Warum? Weil das Programmieren eine Form der Selbstermächtigung ist.

Der Name entstand in Anlehnung an eine bekannte Philosophin. Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind Zufall Foto: Xuehka

„Was auf keinen Fall passieren sollte, ist, dass er am Ende ein Frauenhasser ist“, sagt ein Kollege, während wir am Biertisch auf dem Dachgarten sitzen und Schimpfwörter sammeln. Schimpfwörter, mit denen man Frauen beleidigen kann.

„Wir“, das ist die von der taz gegründete Taskforce (so heißen Arbeitsgruppen für coole Internetthemen, spätestens seit Heiko Maas). „Er“, das ist ein Social Bot, den die Taskforce anlässlich des Weltfrauentags programmieren soll. Die Schimpfwörter wollen wir in das Programm einspeisen, damit der Bot Frauenbeleidiger zurückbeleidigt.

Ein Bot ist ein Computerprogramm, das vorgegebene Aufgaben abarbeitet. Er kann mit Menschen interagieren – wie ein Roboter, daher kommt der Begriff auch. Unternehmen nutzen Chatbots, um automatisiert Nachrichten mit ihren Kund*innen auszutauschen.

Die spezielle Form der „Social Bots“ lebt in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter. Manche geben sich dort als echte Menschen aus. Politiker*innen können etwa ganze Botarmeen mieten, die dann künstlich die Follower-Zahlen in die Höhe treiben oder durch vorformulierte Beiträge Debatten beeinflussen.

Aber es gibt auch die anderen, die guten Bots, die einfach nur dazu geschaffen werden, Netzwerke schöner zu machen. Manche sind Poesie, wie Pentametron, der das Internet nach Kurznachrichten mit fünfhebigen Jamben absucht und dann (reimende Paare davon) weiterverbreitet.

Schön und informativ

Oder Magic Realism Bot, der Ideen für magisch-realistische Geschichten generiert. Außerdem gibt es Bots, die Schlagzeilen verschwurbeln und Nonsensmeldungen verkünden. Und in manchen Chaträumen gibt es welche, die die Aufgabe haben, den Nutzer*innen Komplimente zu machen oder sie daran zu erinnern, nett zueinander zu sein.

Frauen*taz

Rechtspopulisten wollen uns einheitlich und schwach: als deutsche, heterosexuelle Frau und Mutter. Wir halten dagegen: Wir sind People of Color, muslimisch, migrantisch. Wir sind hetero, queer, divers. Wir sind viele. Und wir sind stark.

Lesen Sie am 8. März 11 Sonderseiten der taz zum Internationalen Frauen*tag. Mit Texten u.a. von und mit: Christa Wichterich, Hengameh Yaghoobifarah, Amina Yousaf, Judy Gummich.

Manche Bots dagegen sind durchaus informativ. Der Twitterbot @congressedits führt Buch darüber, wenn Autor*innen aus den Räumen des US-Kongresses Wikipedia-Einträge verändern. Es gibt einen Bot, der protokolliert, wann Flugzeuge von Diktatoren in Genf landen oder abfliegen. Und auf Facebook kann man sich mit „Poncho The Weather Cat“ anfreunden, die den Wetterbericht erzählt und Ratschläge gibt, was man am besten anziehen sollte. Unzählige Möglichkeiten, tausende Bots. Fehlt nur noch der tazbot.

Er soll natürlich schon ein bisschen sinnvoll sein. Deshalb wird er neben der Verbreitung unserer Frauentaz-Texte auch eine dringend notwendige Drecksarbeit übernehmen, nämlich Antifeminst*innen bloßstellen. Das Ergebnis heißt Judith Botler, in Anlehnung an die Philosophin mit einem ähnlichen Namen, wobei wir hier aus rechtlichen Gründen beteuern, dass jegliche Ähnlichkeit zu lebenden Personen Zufall ist.

@JudithBotler durchsucht Kurznachrichten auf Twitter nach unliebsamen Stichworten und antwortet darauf – auf „Genderwahnsinn“ zum Beispiel. Das ist durchaus nicht unproblematisch und kann schiefgehen. Einem Programm Ironie beizubringen, ist selbst für erfahrene Programmierer noch eine unknackbare Nuss. Allein den Kontext eines Satzes auszuwerten, kann unser Bot mit seinen bescheidenen #skills noch nicht.

Ein Bot-Rezept

So bauen Sie einen Bot: Wenn Sie auch Appetit bekommen haben: hier ist ein Backrezept für gute Hausprogrammierer*innen. Gelingt bestimmt! Ihr Mann wird staunen!

Schritt 1: Einen Twitteraccount anlegen.

Schritt 2: Auf cheapbotsdonequick.com einloggen.

Schritt 3: Das Beispiel ansehen und irgendwelche Sätze in die Maske eingeben – keine Programmierkenntnisse erforderlich!

Schritt 4: Süchtig werden, Tutorials googlen, immer schönere Dinge programmieren.

Aber der Bot muss auch nicht perfekt sein. Er ist ein Experiment, dazu da, zu zeigen, dass Social Bots nicht nur für die Bösen gut sind. Und um den Feminismus zu unterstützen. Denn Gleichstellung und Bots gehen sehr gut zusammen.

Programmieren ist magisch, denn mit dem Code lassen sich Dinge aus dem nichts erschaffen. Ein paar Zauberwörter und Satzzeichen in der richtigen Reihenfolge getippt, und schon passiert etwas. Wer programmiert, hat Macht. Und das Schöne ist: die Computerwelt ist eine Welt, in der fast jeder sich ermächtigen kann.

Wenn man reiten lernen will, braucht man ein Pferd, wenn man Tennis lernen will, braucht man einen Schläger. Und man kann noch so lange allein mit seinem Schläger auf einen Ball kloppen – wenn man es richtig machen will, braucht man wahrscheinlich früher oder später eine Lehrer*in, und das alles kostet Geld. Aber programmieren kann man viel leichter lernen als das, man braucht nur einen Computer und Zugang zum Internet. Alles, was man wissen will, kann man im Netz finden. Denn die Menschen, die es tun und lieben, verbringen naturgemäß einen Großteil ihrer Zeit am Computer und im Internet, und viele vermitteln dort auch ihr Wissen.

Kaum eine Fähigkeit ist also so inklusiv und zugänglich wie die Fähigkeit, in Form von Codes mit Computern zu sprechen. Trotzdem gilt Programmieren als Männerdomäne. Nur ein Fünftel der Informatikstudent*innen in Deutschland sind Frauen. Mehr als 80 Prozent der Entwick­ler*innen in der App-Industrie haben einen Penis. Die Informatik war aber nicht immer so männlich dominiert. Die Person, die den ersten Algorithmus für einen modernen Computer geschrieben hat, war eine Frau: Ada Lovelace.

Programmieren galt als Frauenberuf. Denn Computer waren weiterentwickelte Rechenmaschinen in einer Zeit, in der Buchhalter*innen meist weiblich waren

Überhaupt war das Programmieren ursprünglich ein Frauenberuf, denn Computer waren weiterentwickelte Rechenmaschinen in einer Zeit, in der die meisten Buchhalter*innen und Sekretär*innen weiblich waren. (Der aktuelle Kinofilm „Hidden Figures“ etwa dreht sich teilweise um die Geschichte programmierender Frauen kurz vor der Bürgerrechtsbewegung.)

Das änderte sich erst, als die ersten Computerspiele erfunden wurden. In den 70er Jahren waren auch Spiele und Sport noch nichts für Mädchen. Zumindest fanden das diejenigen Menschen, die die Computerspiele vermarkten wollten. Werbung für Games richtete sich klar an Jungs, der Markt wuchs schnell, und immer mehr junge Männer wollten Informatik studieren. Der geringe Frauenanteil im IT-Bereich erklärt sich also nicht durch einen Mangel an Fähigkeiten oder Interesse. In Wirklichkeit hat sich die Com­puterindustrie die Jungs ausgesucht und nicht andersrum.

Klischees tauen auf

Das jahrzehntelange Defizit an weiblichen Program­mie­rer*in­nen versuchen heute viele Initiativen und Gruppen wieder wettzumachen. Und tatsächlich tauen die Geschlechterklischees auch in der Computerszene langsam auf. In den letzten Jahren haben sich immer mehr Frauen in Informatikstudiengänge eingeschrieben. Und natürlich bauen wir auch Bots. Denn was ruft lauter „Empowerment“, als ein eigenes Programm nach eigenen Richtlinien zu schaffen?

Deshalb ist unser Tazbot auch ein feministischer Bot. Was @JudithBotler auf Twitter dann wirklich so macht, ob sie gehört wird, ob das Ganze komplett aus dem Ruder läuft und sie plötzlich Menschen in Südkorea beleidigt – das wissen wir nicht. Auch das gehört zum Programmieren dazu: Versuch und Irrtum.

Selbst die Welt am Sonntag hat gemerkt, dass sich was tut in der Welt der Pro­gram­mierer*innen. Programmieren sei das neue Stricken, schreibt sie, plötzlich voll im Trend. Aber das Bild ist ein bisschen schief. Wenn programmieren stricken wäre, könnte man nicht nur Ringelsocken kreieren, sondern flauschige Gedichte, Pullover, die den Abwasch machen, und Schals, die Menschen durch sanftes Würgen ermahnen, nett zueinander zu sein. Die Programme, die Pro­gram­mierer*innen schaffen sind immer in irgendeiner Form auch Lösungen für Probleme. Lösungen suchen: noch etwas, das Algorithmen mit dem Feminismus gemein haben.

Update: Twitter hat unseren Bot ohne Begründung gestoppt. Wir arbeiten daran, dass @JudithBotler ihre Stimme zurückbekommt.

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8 Kommentare

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  • "Überhaupt war das Programmieren ursprünglich ein Frauenberuf, denn Computer waren weiterentwickelte Rechenmaschinen in einer Zeit, in der die meisten Buchhalter*innen und Sekretär*innen weiblich waren."

     

    ...doch dann kamen Männer und haben gesehen, dass Frauen einen Beruf lieb haben und dann hat das Patriarchat den Entschluss gefasst.."bis da und nicht weiter"...und alles wieder unter ihre widerliche Kontrolle gebracht.

     

    Der ganze Artikel ist eine Ansammlung von Schund vom welchen sich echter Feminismus versucht abzuspalten.

  • Ich fände es besser, wenn man feministische bots kreieren würde. Warum soll man sich auf die Stufe von denen stellen, die beschimpfen? Es wäre doch auch wundervoll, wenn man sie mit lauter feministischen witzigen Sprüchen volltexten würde. Humor ist viel besser als Beleidigungen!

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    „ Der geringe Frauenanteil im IT-Bereich erklärt sich also nicht durch einen Mangel an Fähigkeiten oder Interesse.“

     

    Sorry aber das ist einfach nur Bullshit! Seit Jahren versuchen wir eine Frau einzustellen oder wenigstens eine auszubilden aber wir finden niemanden! Jedes Jahr gehen hier mehrere hundert Bewerbungen von Männern ein. Im besten Jahr waren es mal 7 von Frauen.

    Nach dem Eignungstest fallen ~60% aller Bewerber weg. Frauen sind davon überdurchschnittlich betroffen. Die ein, zwei Kandidatinnin die dann wirklich geeignet sind haben allerdings die Wahl zwischen zehn verschiedenen Positionen, weil wir nun wirklich nicht die Einzigen sind die da gezielt suchen.

     

    Nun wird man sagen: Ja aber bei 20% Informatikerinnin kann das doch nicht angehen! Aber dieser Anteil kommt nur zustande weil auch Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik, Medieninformatik,… dazu gezählt werden. Wer allerdings einen solchen Studiengang durchlaufen hat der ist für techniklastige Aufgaben genauso gut geeignet wie eine Schlagbohrmaschine zum durchführen einer Zahn-OP.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      Man muss eben vor dem Studium ansetzen. Im studierfähigen Alter sind die Kids schon verdorben.

      • @970 (Profil gelöscht):

        Was heißt denn verdorben?

        Nur weil eine Frau keine Dinge machen möchte, die Männern Spaß macht, heißt ja nicht dass die Frau schlechter (als was?) ist.

         

        Das Problem ist die Abwertung der Tätigkeiten die Frauen gerne machen, die als "unnütz" oder "weniger Wert" dargestellt werden.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Bis jetzt ist sie ja eher langweilig geblieben und macht nur Werbung für die taz. Ich bin gespannt, die Idee ist gar nicht übel. Führt am Ende aber dazu, dass sich auf Twitter Bots mit Bots unterhalten, wenn man das zu Ende denkt. Dann haben die Menschen wieder mehr Zeit für echte Debatten.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Da fällt mir eine Textstelle aus einem Buch (ca. 1965) von Ephraim Kishon ein:

       

      "Neuerdings gibt es Kühlschränke, die können sogar Schach spielen! - Fein, da kaufe ich mir zwei Stück... Die können dann gegeneinander spielen und ich geh solange ins Kino!"

       

      (aus dem Gedächtnis zitiert)

  • Guter Bot, böser Bot. Gute Selbstermächtigung, böse Selbstermächtigung.

     

    Schön, immerhin, dass es mittlerweile Bots gibt. Nun haben solche Menschen, die sich selbst ermächtigen müssen als Magier zu agieren, wenigstens die Wahl. Sie können sich aussuchen, ob sie Menschen programmieren wollen, oder Maschinen.

     

    Das ist in sofern gut, als Maschinen selbst dann keine Lebewesen sind, wenn sie als "Social Bots" bezeichnet werden. Man kann sie also nicht verdinglichen, weil sie schon Dinge sind. Bei Menschen ist das völlig anders. Selbst noch der begeistertste Untertan ist ein Lebewesen. Ihn zu programmieren, damit er anschließend instrumentalisiert werden kann, bedeutet also, ihm seine wichtigste Eigenschaft, das Leben, abzunehmen.

     

    Wenn ich so drüber nachdenke, scheint mir jede Form der Selbstermächtigung, die auf Kosten ler Lebensqualität realer Menschen geht (z.B. Fokussierung der Gameproduzenten auf die bereits auf Kamf und Sieg programmierten Jungen), eine böse Selbstermächtigung zu sein. Und zwar selbst dann, wenn sie hehre Ziele angibt zur Begründung der Berechtigung ihres Daseins. Nur jene Selbstermächtigungen, die ohne (auch indirekte oder als Ziel bestimmte) Programmierung wildfremder Menschen auskommt, ist eine gute Selbstermächtigung. Verantwortung und Einfluss müssen parallel laufen, sonst gibt’s immer Probleme. Wenn das kein wichtiger Gedanke ist am Frauentag...!?

     

    Übrigens: Dass es schwierig ist, einem Programm Ironie beizubringen, mag sein. Menschen Ironie zu lehren, die bisher nur Zynismus kannten, ist aber auch nicht so ganz leicht. Manche erweisen sich als "unknackbare Nuss".

     

    Ach ja, apropos unknackbare Nüsse: Dass man "Menschen durch sanftes Würgen ermahnen" kann, "nett zueinander zu sein", ist psychologisch und physiologisch ausgeschlossen. Menschen lernen nämlich nicht durch Programmierung, sondern durch Nachahmen.