piwik no script img

USA schwenken in Nahost-Politik umKeine Vorbedingungen für Frieden

Für Ex-US-Präsident Obama war es nicht vorstellbar. Doch Trump will Friedensverhandlungen im Nahen Osten, ohne auf der Zwei-Staaten-Lösung zu bestehen.

Benjamin Netanjahu bekommt von Trump überraschend freiere Hand im Nahost-Friedenprozess Foto: dpa

Washington dpa/ap | Die Regierung von US-Präsident Donald Trump will im Nahen Osten offenbar Frieden ohne Vorbedingungen vermitteln. Auch eine Zwei-Staaten-Lösung sei keine Voraussetzung neue Gespräche, teilte ein hochrangiger Vertreter des Weißen Hauses am Dienstag mit. Es sei Sache der Israelis und Palästinenser, festzulegen, was ein Friedensvertrag enthalten solle. Trump strebe an, zügig mit entsprechenden Vermittlungen zu beginnen und beide Seiten zusammenzubringen.

„Eine Zwei-Staaten-Lösung, die keinen Frieden bringt, ist nicht ein Ziel, das irgendjemand erreichen möchte“, sagte er. Er schloss aber eine US-Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung auch nicht aus. „Das ist etwas, auf das sich die beiden Parteien verständigen müssen“. Es sei nicht Aufgabe der Vereinigten Staaten, ihnen eine solche Vision aufzudrängen.

Das Ziel der Vereinigten Staaten sei Frieden in Nahost. Wie die beiden Parteien diesen erzielten, sei ihre Sache. Die USA würden helfend zur Seite stehen. „Wir werden nicht die Bedingungen eines Friedens diktieren.“

Die Zwei-Staaten-Lösung wird von der internationalen Gemeinschaft fast unisono gefordert. Die Palästinenser sehen jedoch durch die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland eine praktikable Umsetzung einer solchen Lösung in Gefahr.

Weg von der Alternativlosigkeit

Im Vergleich zu der Vorgängerregierung unter Ex-Präsident Barack Obama kommt diese Ankündigung einem dramatischen Wandel in der Nahostpolitik gleich. Obama hatte immer erklärt, keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung zu sehen. Diese Position haben auch die US-Präsidenten vor ihm geteilt; seit Jahrzehnten wurde als Ziel herausgegeben, dass mit Israel und einem künftigen Palästina zwei nebeneinander liegende Staaten existieren sollten.

Obama hatte in seiner letzten Rede gewarnt, der Moment für ein solches Abkommen könne gerade vorüberziehen – ein Status quo sei aber nicht nachhaltig.

Das US-Außenministerium zeigte sich am Dienstag von der Äußerung aus dem Weißen Haus überrascht. Es sei der Behörde kein Abrücken von dem Wunsch nach einer Zwei-Staaten-Lösung bekannt. Vertreter des Außenministeriums bemühten sich um weitere Informationen aus dem Weißen Haus. Diese waren bekanntgeworden, als Außenminister Rex Tillerson gerade mit Netanjahu beim Abendessen saß.

Bei Netanjahus Besuch wird es laut Weißem Haus ferner um die Frage des möglichen Umzugs des US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und um das Verhältnis zum Iran gehen. Bereits im Wahlkampf hatte sich Trump damit gerühmt, gut in Verhandlungen zu sein und erklärte, Nahost-Friedensgespräche seien eine Herausforderung, die er begrüße. Sein Schwiegersohn Jared Kushner ist derzeit mit der Aufgabe betraut, Gespräche zu vermitteln.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Gegen alle Kritik halte ich Obamas Politik und vor allem seine Außenpolitik für sehr gelungen. Nur in einem Land ist er kein bisschen weitergekommen, Israel.

    Warum das? Weil er "keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung" sieht.

     

    Ich liebe die Parabel mit den Kamelen. Drei Söhne sollen von 17 Kamelen die Hälfte, ein Drittel und ein Neuntel bekommen. Da kommt der Vermittler mit seinem Esel und auf einmal sind es 18. Jetzt geht alles ganz leicht.

     

    Siebzig Jahre wurde erfolglos an der Zweistaatenlösung verhandelt. Obama hat Recht, wenn er meint, ein Zeitfenster schließt sich. Um wieder zu verhandeln, muss eine neue Lösung auf den Tisch, die Einstaatenlösung. Sie bringt neue Probleme, gewiss. Doch es ist die einzige Möglichkeit, die verfahrene Situation zu lösen.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Dass in dpa Meldungen nicht erörtert wird, worum es wirklich geht, ist bedauerlich. Mal sehen, ob man das hier etwas deutlicher erklären darf.

     

    "Zwei-Staaten-Lösung ... eine solche Vision aufzudrängen"

     

    Zählt man sie Möglichkeiten auf:

    1) Zwei-Staaten-Lösung

    2) Ein-Staat-Lösung - Palästinenser werden vollwertige Staatbürger Israels

    3) Ein-Staat-Lösung - ehemals besetzte Palästinenser leben in einer Apartheid im von Israel völkerrechtswidrig annektierten Palästina

    4) Die nun 50! jährige Besatzung mitsamt den seit Jahrzehnten mit Gewalt durchgesetzten Völkerrechtsverbrechen Israels http://www.icj-cij.org/docket/index.php?pr=71&code=mwp&p1=3&p2=4&p3=6&ca

    bleibt die nächsten Jahrzehnte fortbestehen

     

    Weil Israel mit Sicherheit Lösung 2 ablehnt, erscheint das Ausschließen von Lösung 1 eigentlich schon recht makaber. Aber so setzt Trump letztendlich nur die Politik fort, die wir von den USA bzgl. Israel und seinen Völkerrechtsverbrechen gewohnt sind. Denn daß Option 3 & 4 noch möglich sind, ist ja schließlich den Vetos zu verdanken, mit denen die USA Sanktionen für die UN Vergehen Israels verhindern und die Palästinenser als UN Mitglied verhindert, obwohl diese bei weitem genug Stimmen sie anerkennender Staaten haben, um gewählt zu werden.

     

    Es gibt nur 1, wenn man ein Lösung anstrebt!

     

    Für Israel geht es nur darum, mit Palästina im Würgegriff Verhandlungen zu führen und ein minimiertes Palästina, wohl in Enklaven anzubieten und ihren Raub hinter der Grünen Linie behalten zu wollen. Und viel wichtiger, die gewaltigen Reparationsverpflichtungen, die wegen Israels Raubverbrechen wie es der verlinkten IGH Rechtsbeurteilung zu entnehmen ist, in solchen Verhandlungen abzupressen.

     

    Palästinenser werden beim ISTGH die IGH dokumentierten Verbrechen verurteilen lassen, damit der Würgegriff nicht weiter unerwähnt bleibt.

  • Naja, die Formulierung 'Frieden ohne Vorbedingungen' klingt erstmal entspannt. De facto bedeutet das allerdings, daß der Wegfall einer wichtigen Vorbedingung dem 'Stärkeren' in die Hände spielt. In so einem Fall ständen die Palästinenser ganz ohne irgendwas da - was sollen denn das für Friedensverhandlungen sein? Kein palästiniensischer Führer kann den Anspruch an einen eigenen Staat aufgeben.

    Dieses Vorgehen ('Frieden ohne Vorbedingungen') wird nur diejenigen stärken, die Verhandlungen mit Israel sowieso für nutzlose Zeitverschwendung halten - das sieht eher nach Stärkung der Hardliner auf beiden Seiten aus. Wie sowas endet, mag man sich eher nicht vorstellen.