: Alles für die Sicherheit
USA Präsident Trump ordnet an, die Grenze zu Mexiko weiter abzuschotten. Vor allem muslimischen Kriegsflüchtlingen wird zudem die Einreise noch mehr erschwert
Aus New York Dorothea Hahn
Die Mauer, die die USA von Mexiko trennt und laut Donald Trump sicherer machen soll, wird gebaut. Und zwar sofort. Bei seinem Antrittsbesuch beim Heimatschutzministerium in Washington unterschrieb der neue US-Präsident bereits am Mittwoch einen entsprechenden Erlass. Dabei war er umgeben von Angehörigen von Menschen, die von papierlosen Einwanderern ermordet wurden.
Die Todesfälle hätten ihn „inspiriert“, so Trump. Zudem kündigte er an, dass er das Personal für Grenzschutz und Einwanderungskontrollen verstärken und US-Kommunen mit Steuerentzug bestrafen werde, die „Illegale“ schützen. Trotz der Ablehnung Mexikos bestand der US-Präsident erneut darauf, dass das Nachbarland „letztlich“ für die Mauer bezahlen werde. Bis dahin will er das Bauwerk mit US-Steuermitteln finanzieren.
Trumps Erklärungen am fünften Tag im Amt waren in Ton und Inhalt so aggressiv wie seine härtesten Wahlkampfauftritte. Am Donnerstag wurden sie zusätzlich verschärft mit einem Dekret, das jede Einreise von Flüchtlingen in die USA für 120 Tage verbietet. Zudem wurde ein totales Einreiseverbot für SyrerInnen angeordnet sowie eine Aussetzung der Visavergabe an Bürger Iraks, Irans, Sudans, Somalias, Jemens und Libyens, zunächst für 30 Tage. Das bedeutet zwar kein ausdrückliches Einreiseverbot für Muslime, kommt diesem alten Trump-Ansinnen de facto aber sehr nahe, zumal der Präsident auch ankündigte, Angehörige von „Minderheiten“ aus diesen Ländern würden ab jetzt bevorzugt behandelt.
Im Gegensatz zu diesen Maßnahmen ist Trumps Mauer entlang der knapp 3.200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko selbst in republikanischen Kreisen umstritten. Gegen das Bauwerk sprechen sowohl diplomatische als auch moralische Gründe – etwa die unübersehbare Parallele zur Berliner Mauer, gegen die Ronald Reagan, der Säulenheilige der US-Rechten, einst einen Kreuzzug führte. Doch zugleich ist strittig, ob Trumps Mauer etwas an der realen Situation verändern würde.
Nach Angaben der Grenzpolizei ist die „illegale Einwanderung“ über die US-Südgrenze seit den 90er Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Kurz vor der Jahrtausendwende fingen US-Grenzschützer 1,6 Millionen Menschen an der Südgrenze ab, vergangenes Jahr waren es nur noch 400.000. Dieser massive Rückgang hat einerseits mit sozioökonomischen und politischen Veränderungen in Mittel- und Südamerika zu tun. Andererseits schrecken auch die bereits jetzt existierenden US-Grenzbefestigungen (siehe Karte) viele potenzielle Einwanderer ab.
Zudem gibt es für den von Trump behaupteten Zusammenhang zwischen Einwanderung und Kriminalität in den USA keine Belege. Die Grenzregion ist – unter anderem durch die hohe Konzentration von OrdnungshüterInnen und GeheimdienstlerInnen – eine der sichersten Regionen des Landes. In der nur durch eine Brücke über einen Fluss von dem mexikanischen Ciudad Juárez getrennten El Paso finden weniger Morde statt als in irgendeiner anderen Großstadt der Vereinigten Staaten.
Hinzu kommt, dass das Gelände, wo bislang noch kein Zaun steht, aus Gebirgsland und Wüste besteht, daher schwer zugänglich und zudem bislang an vielen Stellen auch nicht durch Straßen erschlossen ist. Trotzdem wird es längst aus der Luft kontrolliert. Der texanische Republikaner Will Hurd, dessen Wahlkreis sich längs der Grenze erstreckt, glaubt, dass es „unmöglich“ sei, dort eine Mauer zu bauen. „Die Fakten“, sagt er dem Wall Street Journal, „sind unverändert: Eine Mauer ist die teuerste und am wenigsten effiziente Art, die Grenze zu sichern.“
Diese Ansicht teilt Trumps gerade ins Amt eingeführter Minister für Heimatschutz, der ehemalige General John F. Kelly, der bei Trumps Ankündigungen am Mittwoch dabei war. „Eine physische Barriere wird nicht funktionieren“, erklärte er. Auch Kelly hält den Kampf gegen die „illegale Einwanderung“ für eine Priorität der Regierung – aber er will ihn vor allem am Ursprung der Wanderungsbewegungen führen, mit wirtschaftlicher Entwicklung und Polizeizusammenarbeit in Herkunftsländern in den Anden und in Mittelamerika.
In den Vereinigten Staaten sorgen die Ankündigungen des Präsidenten dennoch überall für Sorge und Wut. In zahlreichen Städten fanden am Mittwochabend Demonstrationen statt, bei denen Tausende Menschen skandierten: „Kein Hass, keine Angst – Einwanderer sind hier willkommen.“ Bei der von muslimischen Gruppen mitorganisierten New Yorker Demonstration am Washington Square sprachen auch zahlreichen gewählte LokalpolitikerInnen. Sie versicherten, dass sie der kosmopolitischen Tradition der USA treu und weiterhin eine „Zufluchtsstadt“ bleiben wollen.
New York ist eine der zehn Großstädte, die sich schon unter Expräsident Obama zu Zufluchtsstädten erklärt und die Zusammenarbeit bei den massiven Abschiebungen verweigert haben. Trump droht den zehn Großgemeinden nun damit, ihnen mehr als zwei Milliarden Dollar öffentliche Gelder zu entziehen, wenn ihre Polizei nicht mit der Bundespolizei bei Einsätzen gegen „kriminelle Ausländer“ kollaboriert. Den Begriff „Kriminalität“ fasst er dabei so weit, dass fast alle 11 Millionen Papierlosen in den USA darunter fallen.
Vorerst hält die Front der Zufluchtsstädte nicht nur – sie wächst. Seit Trumps Amtsantritt erklären sich zunehmend auch kleine Städte quer durch das Land zu Zufluchtsorten.
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