piwik no script img

Streit um Jugendhilfegesetz

Datenschutz Senat will freie Träger zur Weitergabe von Akten an Jugendhilfe-Inspektion verpflichten. Das sei rechtswidrig, sagt ein Jura-Professor

Das vom Senat vor Kurzem als Entwurf verabschiedete neue Ausführungsgesetz der Jugendhilfe sei in Teilen rechtswidrig, warnt der Jugendhilferechtler Knut Hinrichs. Wie berichtet, soll dieses Gesetz die 2013 eingeführte „Jugendhilfe-Inspektion“ stärken und auch freie Träger dazu verpflichten, ihre Akten mit sensiblen Daten an die Inspektion weiterzugeben.

An der Einrichtung, die bisher die Todesfälle zweier vom Amt betreuter Kinder untersuchte, gibt es ohnehin Kritik. „Aufarbeitung von tragischen Fällen ist ganz wichtig. Aber so, wie die Inspektion jetzt arbeitet, leistet sie keinen Beitrag zum Kinderschutz“, sagt Martin Apitzsch vom Trägerdachverband Diakonie. „Es wird nur untersucht, ob Regeln eingehalten wurden. Nicht ob die Regeln im Einzelfall sinnvoll sind.“ Auch gebe der Bericht nur die Inspektoren-Sicht wieder, die Kritisierten bekämen aber keine Chance zur Erwiderung.

Schon bisher haben auch freie Träger Dokumente geliefert. Doch dies sei schwierig, sagt Apitzsch. Wenn der Staatsanwalt ermittelt oder arbeitsrechtliche Untersuchungen laufen, könne man diese nicht herausgeben. Zudem dürfe ein Träger nicht beliebig Informationen über Klienten preisgeben.

Doch nun werden die freien Träger dazu verpflichtet. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat „datenschutzrechtlich“ keine Bedenken. Denn es ist laut Bundessozialgesetz gestattet, dass staatliche Stellen, die Organisationen untersuchen, von freien Trägern Daten anfordern dürfen. Auch die freien Träger „dürfen“ zu diesem Zweck Daten liefern. Doch davon zu trennen sei die „kompetenzrechtliche Frage“, ob es im Landesrecht eine „Verpflichtung“ freier Träger geben darf.

Doch genau das sei rechtswidrig, ist Hinrichs, der Jura-Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ist, überzeugt. Denn wann und wie freie Träger Daten weitergeben, ist im Sozialgesetzbuch (SGB) VIII des Bundes abschließend geregelt. „Ich sehe keine Befugnis für den Landesgesetzgeber, so ein Gesetz zu erlassen.“

Innerhalb ihrer Behörden könne die Stadt Befugnisse für die Inspektion festlegen. Wenn es aber um Befugnisse gegenüber freien Trägern gehe, sei das geplante Ausführungsgesetz keine taugliche Ermächtigungsgrundlage.

Die Sozialbehörde jedoch weist das zurück. „Wir teilen diese Rechtsauffassung nicht“, so Sprecher Marcel Schweitzer. Man weite keine Befugnisse aus, sondern verrechtliche nur die „bewährte Praxis“. Kaj

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen