Algorithmen und „Fake News“: Alles ist verbunden
Googles Algorithmen werden zur Verbreitung von Fake News und rechtsextremen Inhalten instrumentalisiert. Das bedroht die Demokratie.
Dass Google und Facebook mächtig sind, dass sie unser Kaufverhalten analysieren und beeinflussen, dass sie mit unseren Daten Handel treiben, das alles ist nicht neu. Nun ist eine neue Bedrohung hinzugekommen: Die sogenannten Fake News haben es in die Real News geschafft. Was sie bedrohen ist ein wertvolles Gut – die Demokratie.
Es ist die Sorge darum, dass Fake News-Seiten die Informationen von Medien infiltrieren könnten, die die aktuelle Debatte bestimmt. Der Guardian berichtete unlängst über die erste detaillierte Studie eines Kommunikationswissenschaftlers der Elon University in North Carolina namens Jonathan Albright.
Dieser zeigt, wie sich hunderte von Fake-News-Webseiten der gleichen Tricks bedienen, wie gewöhnliche Webseiten, die ihre Produkte vermarkten wollen: Zum einen knacken sie den Google-Algorithmus so, dass die Suchmaschine ihre Webseiten als erste Ergebnisse ausspuckt, sobald jemand zum Beispiel eine Religionsgruppe googelt, die gleichzeitig ein Feindbild rechter Ideologien darstellt. So verbreiten sie rechtspopulistisches Gedankengut. Gleichzeitig machen sie ihre Seiten als Google-Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken wie Facebook publik.
Eine Grafik veranschaulicht das von Albright entdeckte System. In der Mitte ein Cluster von größeren und kleineren Punkten: die Mainstreammedien und -Portale von Amazon über Washington Post bis hin zu Twitter, YouTube, Facebook und Google. Außen herum gruppieren sich weitere Punkte, die mit diffusen grauen Wolken verbunden sind, welche die 300 von Albright auf ihre Verlinkung untersuchten Fake-News-Seiten darstellen. Die Verbindungen, also Links, sind durch unzählige, kaum einzeln auszumachende feine rote Linien gekennzeichnet und durchziehen die gesamte Grafik.
Foucaults Macht des Diskurses
Die visuelle Darstellung davon, durch wie wenige Klicks Fake News mit seriösen westlichen Nachrichtenseiten verbunden sind, hat etwas Bedrohliches. Und überraschte, nach dessen Aussagen, sogar den Forscher selbst. So führt die Grafik vor Augen, welch gravierenden Einfluss die Organisation von Nachrichtenströmen im Digitalen haben kann und wie sie dabei öffentliche Diskurse formen. Einerseits ist das einleuchtend, andererseits wirft dieses Phänomen wichtige Fragen zur Verteilung von Macht und den politischen wie sozialen Konsequenzen dieser Verschiebungen für die Menschheit auf:
Im Internet können Kommunikation und Informationen – dank Anbietern wie Google – so grenzenlos verbreitet werden wie kaum jemals zuvor. Einerseits. Andererseits verengen Dienste, die im Netz unsere Kommunikation organisieren, genau diese Informationsflüsse wieder – indem sie uns Fake News zuspielen und Filterblasen erzeugen, in denen sich Gleichgesinnte radikalisieren.
Die gezielte Manipulation durch die Verbreitung falscher Tatsachen und durch hasserfüllte rechte Inhalte wird besonders in jenen Köpfen gefährlich, wo kleine Samen rechten Gedankenguts bereits gepflanzt worden sind. Foucaults Macht des Diskurses bekommt hier eine ganz neue Qualität.
Für einen aktiven Umgang mit dem Problem sind jene gefragt, die unsere Kommunikation im Netz organisieren, wie Google und Facebook. Fühlen diese sich nicht zuständig, wie in der Vergangenheit oftmals der Fall, muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der die Konzerne dann zur Verantwortung zieht, wenn demokratische Werte bedroht werden. Gleichwohl ist es aber auch Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft, die Gefahren, die das Internet birgt, ernst zu nehmen und einen kritischen Umgang zu fördern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten