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"Ich bin ja jetzt beides".
Das, schätze ich, hat Saskia Hödl falsch verstanden. Wenn mit Blick auf den Wahlausgang in Österreich behauptet wurde, er sei einer "Mobilisierung der Eliten" zu verdanken, bedeutet das noch lange nicht, dass Saskia Hödl selbst Elite ist in den Augen der Wahlverlierer. Es bedeutet nur, dass sie sich hat mobilisieren lassen. Der Hund, der Gassi geht, ist schließlich auch kein Herr(chen).
Hm. Wo dieser Satz da jetzt so steht, kann er natürlich wieder missverstanden werden von jedem, der mich irgendwie nicht leiden kann. Wenn Menschen, die man nicht so mag, schlechte Nachrichten überbringen, rechnet man ihnen diese Nachrichten ja gerne mal als persönliches Verdienst an. Aber was soll’s? So ist er nun einmal, der Mensch in dieser Welt: Er bildet gerne Gruppen, die es so gar nicht gibt. Schublade auf, Person hinein, Schublade zu.
Für die FPÖ sind "die Abgehängten" weniger Abgehängte als vielmehr Gefolgschaftsverweigerer. Und zwar solche, unter denen sie ihre eigene Anhängerschaft rekrutieren. Doch, doch: Auch die FPÖ-Führer begreifen sich als (leider noch vom Establishment verhinderte) Elite. Sie hoffen, dass sich jene "Bürger" anhängen an sie, die sich nicht führen lassen (wollen) von denen, die sich derzeit als Eliten verstehen. Die Gründe für die Nichtgefolgschaft sind ihnen dabei nicht weniger egal, als den schon Etablierten.
Sagen wir’s mal so: "Eine [...] besondere[] Befähigung", Menschen zu führen, kann Saskia Hödl tatsächlich haben. Allerdings nicht, weil die FPÖ es so will, sondern weil sie schreiben kann. Zwar können Hunde nicht gut lesen, manche Menschen aber schon.
Übrigens: PC ist nicht der "neumodische Ausdruck für Anstand". Es ist der ziemlich altmodische Versuch, Normen zu diktieren, die nicht plausibel genug sind, um anders befolgt zu werden. Womit wir wieder bei der Frage wären, wer denn Elite ist. Leute, die durch Kommandos führen, oder Leute, denen der Verstand folgt? Für Hunde ist die Antwort klar.
@mowgli ich glaube, das war die aussageabsicht von fr. hödl, die sie in dem paradox ausgedrückt hat, dass sie, nicht elitär, des elitismus verdächtigt wird, als "systemunterstützerin" angesehen - als "die da oben" - man vergleiche mal, wofür die fpö im parlament stimmt, dann sieht man die ganze perfidie dieser wahlkampfstrategie, die leute, die nicht die fpö an die futtertröge der parlamentarischen demokratie wählen, zu solchen, die eine "herrschende kaste" unterstützen, erklärt; das hat einmal, vor langer zeit, berechtigung gehabt im ösiland, inzwischen hat aber die fpö zweifelsfrei bewiesen, dass wenn an der macht, sie nicht einmal das geringere übel darstellt (ich haben fertig)
Facebook ,Twitter oder so weis ich nicht. In den normalen Foren habe ich nicht einen Kommentar gefunden , der allgemein Flüchtlingen Gewalttaten unterstellt. Nicht einen.
Acht israelische Soldaten werden im Libanon bei Kämpfen mit der Hisbollah getötet. Israel lässt UN-Generalsekretär Guterres nicht nach Israel einreisen.
Kolumne Der Rote Faden: Deine Mutter ist Elite
Über die Schuld des Systems, vererbte Krampfadern, Nazis und das Frauenbild von (muslimischen) Männern. Ein Wochenrückblick.
Was man mit Hakenkreuzschmierereien machen kann: der Graffitikünstler Ibo Omari hat eines beseitigt Foto: dpa
Ich bin das System. Sie sind es auch. Wie – Sie fühlen sich nicht wie das System? Das macht nichts, wie Sie sich fühlen, tut nichts zur Sache. Wir können auch „Elite“ sagen, wenn Sie linksbedingt ein Problem mit „System“ haben. Ich bin ja jetzt beides – das hat zumindest die FPÖ vor ein paar Tagen so erklärt, weil ich in Österreich für den linken Bundespräsidentschaftskandidaten Van der Bellen gestimmt habe.
Nach dem ewig und drei Tage herbeigesehnten Ergebnis, sagten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Wahlkampfleiter Herbert Kickl sinngemäß jeweils die gleichen drei Dinge: 1. Das ist Demokratie, das muss man akzeptieren. (Besser spät als gar nicht.) 2. Danke an die Unterstützer und den Kandidaten Norbert Hofer, der – Zitat Kickl – „im Wahlkampf Unmenschliches geleistet hat“.
Und dann kommen die beiden rasch zu dem, was ihnen unter den Nägeln brennt: 3. Das System habe gewonnen, diese sich gegen die FPÖ verschwörenden Parteien. Es sei eine Mobilisierung der Eliten gewesen. So trumpelten die beiden herum. Da wird kurzerhand 53,8 Prozent der wählenden Österreicher eine Identität übergestreift, um den eigenen Wahlverlust zu erklären. Wäre das Ergebnis anders rum gewesen, hätte also die FPÖ gewonnen, hätten „die Bürger“ gewählt. Oder „die Abgehängten“.
Führen? Maximal den Hund zum Gassi
Ich bin also vergangene Woche mal in mich gegangen und habe diese Elite gesucht. Um es kurz zu machen: Ich habe sie nicht gefunden. Im Duden ist „Elite“ beschrieben als: „Eine Auslese darstellende Gruppe von Menschen mit besonderer Befähigung, besonderen Qualitäten; die Besten, Führenden; Führungsschicht“. Das einzige, das ich führe, ist meinen Hund zum Gassi gehen. Ich hab es gerade mal zu einem Bachelorabschluss gebracht, da ist nichts auf dem Bankkonto und erben werde ich hauptsächlich Krampfadern. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin zufrieden. Aber Elite?
Und selbst wenn man sich als Teil dieser Elite erkennt – was tut man dagegen? Rechts wählen? Selbstgeißelung? Sorgen verstehen? Dinge sagen, die zwar angeblich überhaupt nicht ausländerfeindlich gemeint sind, aber Menschen dennoch nach äußerlichen Merkmalen eine kollektive Identität überstülpen?
Apropos: Identität überstülpen. Die „Tagesschau“ stand vergangene Woche in der Kritik, weil sie nach der Vergewaltigung und dem Mord an einer jungen Frau in Freiburg nicht darüber berichtet hatte. Um die Tat selbst ging es dabei weniger, sondern eher darum, dass sie nicht über den vermeintlichen Täter berichtet hatten, der ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling ist.
Was im Prinzip dem Pressekodex entspricht, doch der Vorwurf ist, vereinfacht gesagt: Da hat einer was getan, ihr (Elite) verschweigt das, um uns (Bürgern) zu verheimlichen, was wir eh schon wissen, nämlich, dass die (Flüchtlinge / alle, die arabisch aussehen / alle, die nicht weiß sind) so sind.
Nazis fragen nicht, die hauen hin
Kollektive Identität. Die gilt dann aber nicht nur für Vergewaltiger, sondern auch für schutzsuchende Flüchtlinge, Deutsche mit Migrationshintergrund, Ausländer, die schon lange hier leben, viele Familien. Weil sie nach optischen Merkmalen übergestülpt wird. Die Sache ist ja, dass Nazis einen selten vorher fragen, ob man denn nun wirklich ein vergewaltigender Mörder ist, oder ein friedliebender, Steuern zahlender Deutscher in der dritten Generation. Sondern einem lieber mal gleich in die Fresse hauen. Sicher ist sicher.
Dass das Frauenbild konservativer Muslime diskutiert werden muss, ist richtig, man könnte das Ganze aber gut und gerne um ein paar Nuancen Hass und Vorurteile reduzieren, bei Flüchtlingen einen Anspruch auf psychische Betreuung und Integrationsmaßnahmen hinzufügen – und dann könnte man die ganze Diskussion noch ausweiten und generell über das Frauenbild von Männern in Deutschland sprechen und sexuelle Gewalt an sich. Da rennt man wohl bei jeder Frau offene Türen ein, denn Angst haben wir nicht erst seit letztem Jahr.
Wohin aber Hetze führen kann, wohin es führen kann, wenn Medien ohne Pressekodex arbeiten und was es bringt, wenn man die Political Correctness (das ist dieser neumodische Ausdruck für Anstand) über Bord wirft, das sieht man derzeit in den USA, wie Inforadio vergangene Woche aus New York berichtete.
Seit Trump die Wahl gewonnen hat, sind rassistisch motivierte Übergriffe in New York City um 115 Prozent gestiegen, berichtet der Reporter. Da wurde ein Kampfhund auf eine Polizistin mit Hidschab und ihren Sohn gehetzt, Hakenkreuzschmierereien nehmen zu, der Ku-Klux-Klan verteilte Flugblätter in U-Bahn-Stationen. Wenn das die Bürger sind – dann bin ich meinetwegen Elite.
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Schwerpunkt Rassismus
Kommentar von
Saskia Hödl
Autorin
Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.
Themen
Aminata Touré: Wir können mehr sein – Die Macht der Vielfalt – taz Talk