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US-SENAT SIEHT FOLTER AN AUSLÄNDISCHEN GEFANGENEN ALS GEGEBEN ANGeorge W. Bush an den Pranger gestellt

Lauter hätte sie nicht knallen können, die Ohrfeige, die der amerikanische Senat dem Präsidenten George W. Bush versetzt hat. Mit 90 zu 9, also auch mit den Stimmen des Gros der republikanischen Senatoren, stimmte das „Gremium der Weisen“ einem Amendment, einem Zusatzgesetz zum Verteidigungshaushalt zu, das Standards für die Behandlung von ausländischen Gefangenen in den Händen des USA-Militärs festschreibt. Rein rechtlich gesehen ist die Festlegung, kein Gefangener dürfe „einer grausamen, erniedrigenden oder inhumanen Behandlung ausgesetzt werden“, nichts als eine Bestätigung geltender Normen – inländischer wie solcher, die in internationalen, auch für die USA verbindlichen Konventionen niedergelegt sind. Es geht um eine politische Geste.

Dies tritt klar in der Begründung des Amendments durch den Senator John McCain, einen Vietnamveteranen, zutage. Laut McCain müssen die bei der Befragung der Gefangenen erhaltenen Informationen zuverlässig und auf humane Weise erreicht worden sein. Dies setze „klare Standards“ voraus, die „von allen Frauen und Männern der kämpfenden Truppe verstanden werden“. Daraus folgt, dass solche Standards gegenwärtig nicht existieren, also auch nicht angewendet werden. Bislang hat die Bush-Regierung in allen neun Fällen von wegen Folter verurteilten SoldatInnen von kriminellen Einzelfällen gesprochen, während der Armee im Ganzen stets ehrenhaftes Verhalten bestätigt wurde. Diese Darstellung begegnete im In- wie im Ausland heftiger Kritik. Jetzt hat auch der Senat sich der Meinung angeschlossen, dass hier die politische Führung Verantwortung trägt.

Klar, viele der Senatoren messen dem Amendment primär eine außenpolitische Bedeutung bei. Es geht um Politur am ramponierten internationalen Ansehen der USA als Rechtsstaat. Entscheidend ist aber nicht, ob der Entscheid der Senatoren primär pragmatischen oder grundsätzlich-rechtlichen Überzeugungen entsprang. Hauptsache, der Schlag hat gesessen und zeigt Wirkung bei Bush. Sein Dilemma: Entweder er schluckt die Resolution mit entsprechender ansehenschädigender Wirkung, oder er versucht sie zu verhindern – mit dem gleichen Effekt beim Publikum. CHRISTIAN SEMLER

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