: Unfaire Technik
Einkauf Bremen versucht, so fair wie möglich einzukaufen. Bei Hightech ist das schwer
Was die öffentliche Hand beim Kauf von Computern und Telefonen beachten muss, wollte vergangene Woche die vierte Fachkonferenz für sozialverträgliche Beschaffung von IT-Hardware in Bremen klären. Birte Detjen vom Bremer entwicklungspolitischem Netzwerk, das die Veranstaltung organisierte, sagte zur Eröffnung: „Wir möchten ein kleines Mosaiksteinchen auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ziel sein.“
Die Produktion von Computern benötigt viele seltene Mineralien wie Gold, Kobalt und Zinn. Diese Rohstoffe kommen häufig aus konfliktreichen Gebieten. Gewinne aus Zinnminen im Kongo finanzieren etwa zahlreiche Milizen. Auch die Produktion geschieht unter schlechten Bedingungen. Bekannt sind die Vorwürfe, die seit Jahren gegen den Apple-Zulieferer Foxconn aus Taiwan vorliegen: Hauptsache, die Preise bleiben niedrig.
Die Komponenten der Hardwareproduktion bilden ein komplexes Geflecht aus Lieferketten. Eine Prüfung der Herkunft von Rohstoffen ist daher schwierig. Trotzdem gibt es erste Versuche, faire Geräte herzustellen. Das „Fairphone“ aus den Niederlanden will das weltweit erste sozialverträgliche Smartphone sein. Wie fair dieses Handy wirklich ist, wird von Fachleuten kontrovers diskutiert. Fest steht: Es gibt derzeit keine Hardware, die zu 100 Prozent sozialverträglich produziert wurde.
Anfragen bei Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) ergeben, dass Ausschreibungen für Hardware nach den Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation erfolgen. Bremen kooperiere derzeit mit dem Lieferanten Bechtle und damit auch mittelbar mit dem japanischen Technologiehersteller Fujitsu. Beide seien dazu verpflichtet, halbjährlich über ihr Bemühen zu berichten, „Arbeits- und Sozialstandards in der Produktion zu verbessern“. Es besteht also nur Berichtspflicht. Auch die Kontrolle der Rohstoffe bleibt Aufgabe der Zulieferer.
In Bremen sei schon sozialverträgliche Hardware im Beschaffungskatalog. Die „fairen Mäuse“ der Firma Nager IT etwa. Linnert wünsche sich auch das Fairphone im beruflichen Alltag. Da gebe es allerdings Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Betriebssystems Android.
Dass die Kooperation mit Bechtle/Fujitsu beendet würde, sollten die Kriterien nicht eingehalten werden, sagt Ulrike Bendrat vom Finanzressort nicht. Eine Vertragsstrafe sei nicht vereinbart worden. „Wir könnten die Firma im aktuellen Ausschreibungsverfahren als unzuverlässig einstufen“, sagt Bendrat. Ein Angebot würde dann nicht berücksichtigt.
Gegenwärtig sei der neue Rahmenvertrag für Lieferungen ab Ende 2017 ausgeschrieben. Wieder werde großer Wert darauf gelegt, dass die Konzerne Arbeits- und Sozialstandards einhalten und ihre Lieferketten offenlegen. Weiterhin sei auch das Zertifikat des schwedischen Unternehmens TCO Development erstmals zulässig. Die Firma zeichnet mit ihrem Siegel nachhaltige IT-Produkte aus.
Dass es keine vollständig sozialverträglich produzierte Hardware gibt, weiß auch das Finanzressort. „Wir setzen unsere Marktmacht ein, um soziale und ökologische Kriterien durchzusetzen. Und wir sind ein Kunde, den man haben will“, sagt Bendrat. Es sei daher ein Erfolg, dass dieses Thema mittlerweile im Management der Technologiekonzerne angekommen ist. Was Bremen gegenwärtig unternimmt, sei zwar noch nicht ausreichend. „Wir tun aber unser Bestmögliches“, so Bendrat.
Das sieht auch Birte Detjen vom BEN so. Allerdings bedeute das nicht, dass die Hardware in Bremen fair ist. Die faire Maus sei zwar im Katalog. „Sie wird aber kaum gekauft, da sie mit 30 Euro für Bremens Möglichkeiten zu teuer ist“, sagt Detjen. Bremens Maßnahmen seien ein Anfang. Nun wünsche sie sich, dass Bremens IT-Dienstleister Dataport der unabhängigen Monitoring-Organisation „Electronics Watch“ beitritt. Die kontrolliert die Produktionsbedingungen der IT-Industrie. Lukas Thöle
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