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Hochschulchefin über Antisemitismus„Offensichtliche Qualitätsmängel“

Ihre Hochschule hat Fehler im Umgang mit einem pro-palästinensischen Seminar gemacht, sagt Präsidentin Christiane Dienel. Was sie aus der Kritik lernt.

Ist pro Palästina sein schon antiisraelisch? Foto: dpa
Ralf Pauli
Interview von Ralf Pauli

taz: Frau Dienel, Sie haben ein Seminar abgesetzt, das seit Jahren unter Verdacht stand, einseitig, antiisraelisch, antisemitisch zu sein. Was trifft aus Ihrer heutigen Sicht zu?

Christiane Dienel: Das ist eine schwierige Frage, genau weiß ich das nicht. Das erste Mal habe ich die Vorwürfe vor einem Jahr wahrgenommen. Schon 2011 soll ich eine Beschwerde-E-Mail erhalten haben. Da muss ich aber deutlich sagen: Die Mail ging an die Dekanin, ich hab sie im cc bekommen. Das hat meine Wahrnehmungsschwelle nicht erreicht. Ob das Seminar tatsächlich antisemitisch war, kann ich nicht sagen. Ich bin aber froh, dass genau diese Frage nun ein externes Gutachten klären kann.

Bis zuletzt hat die HAWK bestritten, dass das Seminar einseitig oder antiisraelisch sei: sowohl die verantwortliche Dekanin, die Ethikkommission und auch Sie. Fällt es Ihrer Hochschule schwer, Fehler einzugestehen?

Ja, das ist offensichtlich das, was wir daraus lernen müssen. Deshalb habe ich großen Respekt vor dem Entschluss der Dekanin Christa Paulini, die jetzt zurückgetreten ist. Sie hat auch gegenüber dem Senat schriftlich eingeräumt, Fehler begangen zu haben. Das ist ein ungewöhnlicher Schritt und ermöglicht der Fakultät einen Neuanfang – und der Hochschule einen Impuls zu einer anderen Kultur im Umgang mit Fehlern.

Welche Fehler hat die Hochschule begangen?

Ich glaube, dass unserer Hochschule wie auch anderen der professionelle Umgang mit Fehlern, mit der Qualität von Forschung und Lehre schwerfällt. Es wird oft die sachliche und die persönliche Ebene vermischt. Qualitätsmängel in der Lehre werden als persönliches Versagen gedeutet.

Haben Sie persönlich Fehler gemacht?

Ich muss mich selbst fragen, wo ich nicht sensibel genug gewesen bin. Ich habe zweifellos aus der Rolle der Hochschulpräsidentin gehandelt, die eine Einmischung von außen verhindern wollte. Der zweite Fehler war, dass ich meinen Gremien geglaubt habe. Das ist natürlich ein Dilemma. Die Fakultät hat mir versichert, das Seminar sei nicht antisemitisch, die Dozentin hat eine Ehrenerklärung abgegeben. Beiden kann ich ja schlecht unterstellen, die Unwahrheit zu sagen. Ich muss vom Funktionieren der Hochschuldemokratie ausgehen.

Es gab aber auch Stimmen, die Zweifel wecken mussten. Ein Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung hat die Seminarunterlagen begutachtet und festgestellt, dass den Studierenden ein vorgefasstes Bild über den Israel-Palästina-Konflikt vermittelt wird. Die Positionen der Israelis fehlten. Wie erklären Sie sich, dass dies über Jahre niemandem auffiel?

Dass das Seminar wissenschaftlich erhebliche Qualitätsmängel hatte, räume ich sofort ein. Das ist offensichtlich. Warum das nicht stärker von uns wahrgenommen wurde? Da muss ich mich selbst kritisch hinterfragen. Ich habe letzten Sommer den Seminarplan und die Liste der Texte eingesehen und nicht darauf reagiert. Ich habe sehr wohl wahrgenommen, das ist eine sehr einseitige, propalästinensische Haltung, die möglicherweise die Grenzen der guten Wissenschaft überschreitet. Mir schien das didaktische Konzept aber vertretbar, das die Mehrseitigkeit durch ein zweites Seminar im Modul und weitere Bausteine sicherstellen sollte.

Bild: privat
Im Interview: Christiane Dienel

51, ist seit 2011 Präsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim und Sprecherin der niedersächsischen Fachhochschulen. Davor war sie Staats­sekretärin im Gesundheitsministerium von Sachsen-Anhalt.

Derzeit prüfen Wissenschaftler der TU Berlin die Antisemitismusvorwürfe. Sollten sie zutreffen, hat das weitere personelle Konsequenzen?

An dem Punkt müssen wir auf das Gutachten vom Zentrum für Antisemitismusforschung warten. Ich erhoffe mir Aufklärung für die Fragen, ob in dem Seminar die Grenze zum Antisemitismus überschritten wurde. Dass Grenzen überschritten wurden, davon muss ich mittlerweile ausgehen. Das Gutachten der Antonio Amadeo Stiftung war für mich ein Indiz. Kein Beweis, dafür hatte dieses Gutachten selbst methodische Mängel. So wurde etwa von den Texten in der Literaturliste darauf geschlossen, was didaktisch in dem Seminar stattfand.

Das Seminar wurde auch anhand der Kriterien der sozialpädagogischen Jugendarbeit gemessen. In einem akademischen Studium kann man die Studierenden sehr wohl mit verschiedenen parteilichen Positionen konfrontieren. Dennoch: Ich war unsicher geworden und habe die Ethikkommission gebeten, die Vorwürfe innerwissenschaftlich zu klären.

Wenn wir von der Ethikkommission sprechen: Sie ist zu dem kryptischen Schluss gekommen, dass das Seminar antiisraelische und antisemitische Inhalte „nicht in unzulässiger Weise propagiert“ habe. Was soll das heißen?

Das war zu einem Zeitpunkt, in dem wir nicht wussten, dass uns jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden würde. Das heißt natürlich nicht, dass es auch eine zulässige Weise gibt. Das war unglücklich formuliert. Im Klartext heißt das: Es hat keine Propaganda in diesem Seminar stattgefunden. Aber mit der Aufgabe habe ich die neu gegründete Ethikkommission möglicherweise überfordert. Sie hat sich schwergetan, die Fehler bei einer Kollegin festzustellen.

Beschäftigen Sie die Lehrbeauftragte des kritisierten Seminars, Ibtissam Köhler, weiter an der HAWK?

Nein, Frau Köhler erhält keinen Lehrauftrag mehr bei uns. Das steht schon seit dem Sommer fest.

Hat sie Verständnis für die Entscheidung gezeigt?

Ich habe den Eindruck, dass Frau Köhler nach wie vor zutiefst davon überzeugt ist, dass ihr Seminar nicht antisemitisch ist. Das macht die Bewertung ja auch so schwierig.

Wie wollen Sie in Zukunft verhindern, dass sich ein ähnlicher Fall wiederholt?

Wir brauchen jedenfalls keine neuen Gremien oder Mechanismen, sondern eine andere Grundhaltung. Evaluation der Lehre, Kollegengespräche, eine Fehlerkultur, die als Chance zur Verbesserung verstanden wird. Wir haben das im Senat besprochen. Im Grunde haben wir alle Mechanismen, die es hätten erlauben müssen, dass die Mängel schon viel früher aufgefallen wären. Die Frage ist, wie diese Mechanismen gelebt werden. Und da müssen wir uns fragen: Warum erreicht uns die Kritik nicht hinreichend?

Die Frage ist aber auch: Warum haben Sie die Kritik von außen so lange nicht hören wollen. Behindert das Dogma der Hochschulautonomie nicht in bestimmten Fällen die kritische Aufarbeitung? Ich denke an diverse Plagiatsfälle …

Die weite Autonomie der Hochschulen und eine starke hochschulinterne demokratische Verfassung ist ja eine direkte Folgerung aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus. Was unbedingt verhindert werden soll durch die institutionalisierte Freiheit von Forschung und Lehre, ist, dass staatliche Stellen Einfluss nehmen auf die Besetzung von Stellen oder auf die Inhalte von Forschung und Lehre. Damit haben wir in Deutschland katastrophale Erfahrungen gemacht. Staatliche Kontrolle auf die Lehrinhalte zu verstärken, das ist der falsche Weg.

Ohne die Intervention der niedersächsischen Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajić gäbe es kein externes Gutachten …

Frau Heinen-Kljajić hat nicht direkt gegen das Seminar interveniert. Sie hat in Abstimmung mit uns das externe Gutachten beauftragt, ja. Unabhängig davon hat die Fakultät im Sommer entschieden, das Seminar abzusetzen. Aber vor einem Jahr hatten wir dem Ministerium schon mitgeteilt, dass das Seminar neu konzipiert werden sollte. Die Ministerin ist tätig geworden, damit die Kritik am Seminar auf eine objektivere Grundlage gestellt werden kann. Denn die bisherige Pauschalkritik am Seminar war für die Fakultät und möglicherweise auch für mich nicht akzeptabel.

Welches Ergebnis wäre Ihnen lieber: dass die TU-Forscher Antisemitismus attestieren, sie aber von sich aus die Reißleine gezogen haben? Oder dass Ihre Hochschule samt Personal von den Vorwürfen freigesprochen wird?

Ich bin mir sicher, dass das Gutachten Schwachstellen aufzeigen wird und auch Grenzverletzungen. Natürlich wäre es mir lieber, das Gutachten würde zu dem Schluss kommen: Das Seminar war rein wie ein Lämmchen. Das halte ich aber für äußert unwahrscheinlich.

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20 Kommentare

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  • "Was unbedingt verhindert werden soll durch die institutionalisierte Freiheit von Forschung und Lehre, ist, dass staatliche Stellen Einfluss nehmen auf die Besetzung von Stellen oder auf die Inhalte von Forschung und Lehre." Makaber, wie wir statt dessen nun Wirtschaft und Konzerne diesen Job erledigen lassen. Puh.

  • Ich habe die Seminarinhalte heruntergeladen und angeschaut. Sie beruhen u.a. auf

    Artikeln von Amira Hass (israelischer Journalist), Artikel aus der NYT, der Frankfurter Rundschau, Artikel von Gideon Levy, (israelischer Journalist).

     

    Es gibt Zitate von berühmten Zionisten wie Menachem Begin, Netanyahu, Zwangwill, Ahad Haam und Theodor Herzl, Autor des Buches "Der Judenstaat", dort schrieb er u.a:

    "Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in

    den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Lande jederlei Arbeit

    verweigern. Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Das Expropriationswerk

    muß - ebenso wie die Fortschaffung der Armen - mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen. Die

    Immobilienbesitzer sollen glauben, uns zu prellen, uns über den Wert zu verkaufen, aber

    zurück verkauft wird ihnen nichts."

    Ben Gurion: "Das Land ist in unseren Augen nicht das Land seiner jetzigen Bewohner....Wenn man sagt, daß Eretz Israel das Land zweier Nationen sei, so verfälscht man die zionistische Wahrheit

    doppelt...Palästina muß und soll nicht die Fragen beider Völker lösen, sondern nur die Frage

    eines Volkes, des jüdischen Volkes in der Welt."

     

    Es gibt Unterlagen der Generaldelegation Palästinas, eine Besprechung des Dokumentarfilms „Checkpoint“ der im im ZDF 2003 gezeigt wurde, Regie führte Yoav Shamir,

    Unterlagen des Internationale Gerichtshofs in Den Haag zur Mauer,

    Artikel von Jeff Halper, Vorsitzender des israelischen Komitees gegen Hauszerstörungen (ICAHD), Eine Buchbesrechung von Ilan Pappe, über ein Buch von Viktoria Waltz,

    Aussagen von Rabbis for Human Rights, Nurit Peled-Elhanan über Kinder, Bildung, Rassismus und Mord

    etc.

    Was daran antisemitisch sein soll ist nicht zu erkennen.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Am Ende dieses aufschlussreichen Artikels befindet sich ein Link zu dem im Seminar verwendeten Material.

    http://www.audiatur-online.ch/2016/09/08/hass-kampagne-in-hildesheim/

    • @88181 (Profil gelöscht):

      das ist doch mal was!

      wenigstens kann sich jetzt, wer mag, Jan Riebes kurzgutachten unter der fragestellung durchlesen, ob es wissenschaftlichen ansprüchen genüge.

      ich finde: tut es nicht.

    • 7G
      75026 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      Danke für den Link. Damit ist jetzt klar, dass das Problem nicht auf "ein bis 3 nicht so vorteilhafte zeitungsartikel" begrenzt ist, sondern dass in diesem Seminar konsistent antiisraelische Propaganda betrieben wurde.

       

      Weiterhin ist klar, dass es eine ganze Reihe von Personen gab, die das Problem, obwohl sie mit der Nase darauf gestoßen wurden, nicht sehen wollten oder nicht sehen konnten oder unter den Teppich zu kehren versuchten. Und man fragt sich etwas ratlos: War es Dummheit, Trägheit, kollegiale Kumpanei? Oder teilen diese Leute womöglich Köhlers Auffassungen? Frau Dienels Äußerungen tragen da wenig zur Aufklärung bei. Sie erscheint mir nicht ehrlich, übt gerade so viel Selbstkritik wie unbedingt erforderlich und versucht offenbar, sich irgendwie durchzulavieren, um ihren eigenen Posten zu retten.

       

      Auf jeden Fall gebührt Frau Seidler Anerkennung dafür, dass sie die Sache öffentlich gemacht hat. Sonst würde dieses Seminar sicherlich noch etliche weitere Jahre stattfinden.

  • Tja. So ist das nun mit der "Freiheit der Andersdenkenden" wenn der Staat Israel im Spiel ist. Warum werden Israel-kritische Vorträge gleich als antisemetisch verleumdet? Weil ein bestimmte Lobby Probleme mit unbequemen Wahrheiten hat? Z.B. der Vorwurf, dass ein Vortrag über Folter im Israeli Gefängnisse statt gefunden hat: Gibt es denn kein Folter im Israeli Gefängnisse? Ja, man braucht nur die U.N. Berichte darüber zu lesen , UNCAT, oder hier eine Zusammenfassung:

    http://www.salon.com/2016/06/16/the_uns_damning_report_on_israel_and_torture_the_desperate_case_of_palestinian_youth_in_the_occupied_territory/

     

    Deutschland hat nicht nur wegen der Holocaust eine besondere Verantwortung diesen Opfern gegenüber, auch die Nakba - die Vetreibung der Palästinenser - war eine direkte Folge deutschen Antisemitismus, und daher hat Deutschland auch den Palästinenser gegenüber eine besondere Pflicht, was die historische Aufarbeitung dieser Gegend betrifft. Aber die palästinensiche Seite dieser Geschichte ist nicht nur unterbelichtet, sie wird unterdrückt. Hier und auch weltweit.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Ninetto:

      Aber klar wird die palästinensische Seite der Geschichte unterdrückt!

       

      Das kann man an diesem Beispiel sehen. Nur zehn Jahre lang durfte ein Seminar mit offensichtlich antisemistischen Inhalten durch eine in keinerlei Hinsicht qualifizierten Person durchgeführt werden.

       

      Was für ein Skandal? Niemand darf Israel kritisieren, sonst.....Ja was sonst? Gar nichts.

       

      Kein Staat der Welt wird so massiv und exklusiv kritisiert wie Israel. Um Wahn des Antizionismus gehört, dass er das Gegenteil behauptet. Dabei würde eine schlichte Presseschau genügen.

       

      "Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt"

       

      Sigmund Freud

  • welch ein rumgeeiere!

    was waren denn nun die inhalte des seminars?!?

    keine einer weiß nix genaues nicht... außer das ein bis 3 nicht so vorteilhafte zeitungsartikel verwendet worden sein sollen...

    und auch der interviewer will es nicht wissen.

     

    ps. ich hoffe, frau Ibtissam Köhler klagt gegen den rauswurf!

    • @christine rölke-sommer:

      Schon mal was von Google gehört?

       

      [...] Beitrag gekürzt. Beachten Sie die Netiquette.

      • @h3h3y0:

        schon mal geklärt, was sinn+zweck eines interviews ist?

        was den unterschied zum kreuzverhör im amerikanischen krimi ausmacht?

        und was den philo- vom antisemiten so garnicht unterscheidet?

        • @christine rölke-sommer:

          also Zusammenfassung und gegebenfallsWiderlegung von Vorwürfen von Inhalten eines Seminars, für dessen Inhalte die interviewte Person gar nicht verantwortlich ist, schon mal nicht

          • @h3h3y0:

            aha.

            wozu reden dann 2 leutz, wo nie im seminar von frau Köhler waren, über dieses seminar?

            • @christine rölke-sommer:

              Müssen Sie den Interviewer fragen. Es ist nicht die Aufgabe von Herren Pauli, welcher ein Post-Intervention-Interview führt, sie mit Inhalten des Seminars zu versorgen - wobei das Thema nicht gerade neu ist - welche Ihre Annahme, es würde sich wie üblich um böse Zionisten handeln, welche die tapferen Freicheitskämpfer, die die Wahrheit über israelische Gräueltaten verbreiten, zum schweigen bringen möchten, widerlegen oder gegebenfalls bestätigen.

              • @h3h3y0:

                ichsachmaso: verschonen Sie mich mit Ihren unterstellungen!

                 

                im übrigen bleibe ich dabei: das ist kein interview, sondern ein herumgeeiere auf der basis von gerüchten+verleumdungen.

                ich hoffe, das fliegt der hochschule vor gericht um die ohren!

  • Es ist (m.E.) schade, das diese Debatte im Sumpf historischer religiöser Doktrinen versinkt! Wie wäre es, die Ideen der U.N.O. human rights convention (säkulär,modern, wissenschaftlich, kosmopolitisch..) als ne´art übergeordnete Wahrheitsorientierung für Frieden in und rundum Israel zu tolerieren? Das hantieren mit der "Keule des Antisemitismus" erscheint doch (zumindest ausserhalb der BRD..) als zu festgefahren..

  • Die Freiheit der Lehre ist ein wichtiges Verfassungsgut. Ich verstehe nicht warum die Chefin der Uni dafür zuständig ist sich inhaltlich einzumischen. Da werden ganz falsche Erwartungen an eine Hochschule heran getragen. Ich bin lieber bereit einzelne Grenzüberschreitungen zu dulden als Eingriffe in die akademische Freiheit mit Kommissionen usw.

    • @Ansgar Reb:

      Das passt so nicht - in der akademischen Lehre sollte es genauso zugehen, wie in der akademischen Forschung: peer review, solide Grundlagen, Objektivität. Das heisst zwar, dass eine einzelne Person nicht den Daumen draufhalten sollen könnte. Aber eine Komission, die die Materialien durchsieht und eine fundierte Meinung dazu abgibt, ob laut akademischer und rechtlicher Grundlage der Bestand des Antisemitismus erfüllt ist oder nicht, ist höchst angebracht.

       

      Denn "einzelne" Grenzüberschreitungen können recht schnell ausarten, nicht nur in den historischen und Sozialwissenschaften, aber gerade auch da, was im besten Fall zu ungunsten der Studierenden geht.

      • @BigRed:

        Ja, um Himmels willen,

         

        "ob laut akademischer und rechtlicher Grundlage der Bestand des Antisemitismus erfüllt ist oder nicht"

         

        was soll dass denn heißen? Freiheit der Lehre heißt Freiheit der Lehre. Wenn die Lehre nach Auffassung anderer antisemitisch ist, dann ist sie vielleicht antisemitisch und bedauernswert, aber die HS hat damit nichts zu tun. Freiheit der Lehre bedeutet, dass genau das die Hochschule überhaupt nichts angeht.

    • @Ansgar Reb:

      Ja ja ! Erinnern wir uns: Kant und Hegel z.B. mit ihren Entwürfen zur "Freiheit von Lehre, Forschung und Kunst" ! Zu deren Zeit war das evtl. philosophisches Wunschdenken.. Wohingegen der Entwurf der "Freiheit von Forschung und Lehre" des Grundgesetzes, an Prinzipien der säkulären Aufklärung, mit Debatten und Kontroversen, am Konzept der U.N.O. human rights convention orientiert ist! Klar: Respekt all den historischen, religiösen Doktrinen..! Aber? Wo kommen wir hin, wenn im Namen des Festhaltens an religiösen Doktrinen die Freiheit aufklärerischer Debatten im Feld der Wissenschaft/Forschung begrenzt wird?

  • "Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich" - Matthäus 12, 30.

    "Wer nicht gegen uns ist, ist für uns" - Markus 9, 40.

     

    Ist das ein Widerspruch, was da gemeinsam in der Bibel steht? Nicht unbedingt. Es ist nur total monotheistisch.

     

    Es gibt nur einen Gott, behauptet die Bibel. Wird dieser eine Gott angegriffen, sind alle, die ihm nicht beistehen, Verräter. Zweifeln seine Untergebenen hingegen an einem, den Gott selbst geschickt hat, legt dieser das als "geistliche Engherzigkeit" und aus dem Zweifel resultierende Überheblichkeit aus.

     

    Man soll halt nicht selbst denken als Chris, sondern gehorchen. Das denkt sich ganz offensichtlich auch Christiane Dienel - und beauftragt einen Gutachter damit. Damit ist sie fein raus. Ob das strittige Seminar tatsächlich antisemitisch war oder nicht, ob also Israel tatsächlich angegriffen wurde und wenn ja, ob es neben Israel noch andere Staaten geben darf, die sich auf ein Selbstverteidigungsrecht berufen können als Grundlage ihres Handelns, braucht sie nicht selbst entscheiden. Wer also unzufrieden ist mit dem Ergebnis der Beurteilung, der kann den Gutachter verprügeln.

     

    Ob derartige Handgreiflichkeiten "einen Impuls zu einer anderen Kultur im Umgang mit Fehlern" setzen würden, will ich nicht beurteilen. Ich kenne die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim ja nich von innen. Ich muss also Christiane Dienel glauben, wenn sie sagt, dass der Rücktritt der Dekanin Christa Paulini ein "ungewöhnlicher Schritt" ist, der "einen Neuanfang [erlaubt]".

     

    Womöglich war es ja in Hildesheim zuvor für ein paar Jahre möglich, Fehler erst zu diskutieren und dann aus ihnen für seine künftige (Weiter-)Arbeit zu lernen, wenn man im Ergebnis der Debatte eingesehen hat, dass man verkehrt gehandelt hat.

     

    Würde diese Kultur nun tatsächlich ersetzt, fände ich das ziemlich schade für dei Hochschule. Einfach zu verschwinden und sein schmerzhaft erworbenes Fehlerwissen mitzunehmen, fällt nämlich für mich unter Rache bzw. Verrat.