: Trump: Jetzt erst recht!
Republikaner Nach sexistischem Videoauftritt entschuldigt sich der Kandidat kurz – und greift Clinton an
Aus New York Dorothea Hahn
Nach dem Bekanntwerden eines Videos, in dem Donald Trump in vulgären Worten über seine sexuellen Eroberungen prahlt, sind am Wochenende reihenweise Kongressabgeordnete, Führungsmitglieder, Gouverneure und andere Funktionäre der republikanischen Partei auf Distanz zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gegangen. Die republikanische Basis dagegen hält weiterhin zu Trump.
Nach einer Umfrage der Zeitung Politico verlangten am Tag nach der Enthüllung nur 39 Prozent der republikanischen Basis Trumps Rücktritt von seiner Kandidatur. „Männer reden eben so“, sagte eine Frau bei einem republikanischen Wahlkampfmeeting in Wisconsin zu einem Journalisten. „Das ändert gar nichts, er hat es schließlich im Privaten gesagt“, so eine 64-jährige verrentete Lehrerin und Trump-Anhängerin.
Der Kandidat selbst schien die Reaktionen erwartet zu haben. Schon wenige Stunden nach der Enthüllung sagte Trump, er habe in seinem Leben Dummheiten gemacht und die Worte auf dem Video gehörten dazu. Eine Entschuldigung bot er nur für den Fall an, dass sich „jemand verletzt fühlen sollte“. Dann ging Trump umgehend in den Attackenmodus: Er behauptete, Expräsident Clinton habe „auf dem Golfplatz“ deutlich „Schlimmeres“ gesagt, er warf Kontrahentin Hillary Clinton vor, dass sie die Opfer ihres Mannes noch zusätzlich „belästigt“ und „traumatisiert“ habe. Auch die zweite „Entschuldigung“ am Wochenende war eine Attacke gegen Clinton.
Die Republikaner haben nur dann die Möglichkeit, einen neuen Kandidaten ins Rennen zu schicken, wenn der bereits im Juli von dem Parteitag bestätigte Trump von sich aus zurücktritt. In einem Interview mit dem Wall Street Journal schloss dieser diese Möglichkeit aus – und betonte, er lerne aus seinen Fehlern und würde durch den Wahlkampf und die Gespräche überall in den USA ein besserer Kandidat. Beobachter wiesen allerdings darauf hin, dass der Kandidat zum Zeitpunkt seiner sexistischen Äußerungen 60 war und dass er jetzt 70 ist – ein Alter, das die Aussicht auf eine charakterliche Veränderung gering erscheinen lässt.
„Ich nehme noch ein tic tac, nur für den Fall, dass ich anfange, Sie zu küssen. Wissen Sie, ich werde ganz automatisch von schönen (Frauen) angezogen. Sie sind wie Magneten. Einfach küssen. Nicht warten. Wenn du ein Star bist, lassen sie dich das tun. Du kannst alles tun. […] Ihnen an die Muschi fassen.“
Rund um Trump kritisierten enge Vertraute seine Worte vorsichtig. Seine Gattin Melania Trump teilte mit, dass sie sich durch die Worte beleidigt fühle und dass sie darin nicht ihren Mann wiedererkenne. Der Speaker des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, nannte die Worte inakzeptabel. Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, als Vater von Töchtern könne er so etwas nicht akzeptieren. Pence, ein rechter Republikaner der in seinem Bundesstaat Indiana Antihomosexuellengesetze unterstützt und aggressiv gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch eintritt, wird in seiner Partei als möglicher Ersatzmann für Trump gehandelt.
Zu der Empörung über Trumps sexistische Worte kam am Wochenende auch das Interview einer ehemaligen Geschäftspartnerin, die ihm schon früher sexuelle Gewalt vorgeworfen, ihre Anklage jedoch zurück gezogen hatte. Jill Harth will nun nicht länger schweigen. Clinton hingegen schwieg am Wochenende hartnäckig zu den Vorwürfen an Trump. Sie bereitete sich auf ihre zweite TV-Debatte vor, die sie am Sonntagabend mit dem Republikaner hatte.
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