Klaus-Helge Donath über Sigmar Gabriels Besuch in Moskau: Devote Sozis
Zweieinhalb Stunden nahm sich Kremlchef Wladimir Putin für den Gast aus Berlin Zeit. Das ist eine Menge Aufmerksamkeit, die nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass ausländische Gäste von Rang nur noch selten in Russland vorbeischauen. Da wird selbst der Vertreter einer 23-Prozent-Partei noch hofiert.
Die Nähe zwischen Russland und den Sozialdemokraten lebt seit der Ostpolitik Brandts nicht nur als Mythos weiter. Moskau fühlt sich von der SPD verstanden. Sie bringt mehr Verständnis für die Interessen des Kreml auf. Dort, wo andere wie im Ukrainekrieg vor falscher Äquidistanz, also ideologischem Abstand und gefährlicher Nähe, warnen würden.
Dieses Gefühl weiß Wladimir Putin zu instrumentalisieren. Auch Sigmar Gabriel ist sentimental – wie es den Deutschen in Russland allgemein nachgesagt wird. Allein schon die Körpersprache verrät etwas Devotes, wenn nicht gar Bück- und Büßerhaltung. Gabriel und Frank-Walter Steinmeier leiden an einem Russlandkomplex, der nicht erst durch die deutsche Schuld im Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Da ist eine auch wirtschaftspolitisch motivierte Nähe, die sich deutlich abhebt von der mangelnden Empathie gegenüber den kleineren Völkern Osteuropas.
Moskauer Erniedrigungen nimmt Außenminister Steinmeier immer wieder stoisch hin. Er setzt auf Dialog, der aber weder Moskaus Stärke geschweige denn Interesse ist.
Im Zusammenhang mit dem Bombardement des UN-Hilfskonvois in Syrien übernahm der deutsche Vizekanzler Putins Interpretation des Konflikts. Demnach seien die Amerikaner bislang nicht bereit, für eine Lösung einzutreten, so Gabriel sinngemäß. Russland wünscht sich, dass auch Washington bereit sei, solche Konvois mit eigenen Kräften zu kontrollieren. Putin wolle nichts verschärfen und am Friedensprozess festhalten.
Die Realität spricht allerdings eine völlig andere Sprache.
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