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Sympathie für Umverteilung

Geld Die Grünen streiten, ob der Staat mehr Geld in Schulen oder in Sozialtransfers stecken soll. Jetzt zeigt eine interne Basisbefragung: Die Mitglieder wollen beides

Ja, watt denn nun? Cem Özdemir und Simone Peter auf der Suche nach mehr Gerechtigkeit Foto: Britta Pedersen/dpa

Von Ulrich Schulte

BER­LIN taz | Soll der Staat vor allem viel Geld in Kitas, Schu­len und Unis ste­cken, damit es gerechter zugeht? Oder sind auch Sozialtransfers und Reichtumsverteilung von oben nach unten wichtig? Bei den Grünen gärt ein Streit, der auf dem Bundesparteitag im November ausgetragen wird. Während Realos wie Parteichef Cem Özdemir den Schwerpunkt auf Bildung legen wollen, möchten Linksgrüne beides – mehr Geld für Schulen, aber auch mehr Umverteilung.

Eine Basisumfrage zeigt jetzt, was sich die rund 60.000 Par­tei­mit­glie­der wünschen. Rund ein Fünftel von ihnen füllte einen vom Vorstand formulierten Fragebogen online aus. Er­geb­nis: Die Mit­glie­der möch­ten bei­des. Sie si­gna­li­sie­ren hohe Zu­stim­mung, wenn es um Bil­dungs­ge­rech­tig­keit geht, aber auch in Ver­tei­lungs­fra­gen. Bun­des­ge­schäfts­füh­rer Micha­el Kell­ner sagt: „Die Er­geb­nis­se zei­gen, dass wir diese The­men im Bun­des­tags­wahl­kampf nicht ge­gen­ein­an­der aus­spie­len soll­ten.“

Der Vor­stand woll­te wis­sen, wel­chen As­pekt der Ge­rech­tig­keit die Mit­glie­der am wich­tigs­ten fin­den. Für 32 Pro­zent der Be­frag­ten ist ein gutes Bil­dungs­sys­tem ent­schei­dend, das allen Kin­dern glei­che Chan­cen gibt. 24 Pro­zent wün­schen sich eine faire Ge­sell­schaft, die nie­man­den aus­grenzt. Und 21 Pro­zent wol­len eine ge­rech­te Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen. Die drei The­men lie­gen also dicht be­iein­an­der.

Dies zeige, dass die Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen in der Ab­wä­gung der As­pek­te zu­ein­an­der „eine wich­ti­ge Rolle ein­nimmt“, glaubt Kell­ner, der zum lin­ken Flü­gel ge­hört. Weit ab­ge­schla­gen lan­de­ten zum Bei­spiel ein gutes Ge­sund­heits­sys­tem (5 Pro­zent) oder eine si­che­re Rente (4 Pro­zent).

Das Er­geb­nis ist in­ter­es­sant, weil man­che Grüne die Steu­er­po­li­tik für das schlech­te Wahl­er­geb­nis 2013 ver­ant­wort­lich ma­chen – da­mals for­der­ten die Grü­nen mit einem mo­de­rat linken Pro­gramm mehr Um­ver­tei­lung. Zu­min­dest die Par­tei­ba­sis ist offenbar dennoch von der Not­wen­dig­keit über­zeugt.

„Wir sollten diese The­men nicht ge­gen­ein­an­der aus­spie­len“

Michael Kellner, Grüne

So hal­ten etwa 90 Pro­zent der Be­frag­ten es für ein „sehr gro­ßes“ oder „gro­ßes“ Pro­blem, dass die Spal­tung zwi­schen Arm und Reich wächst. Diese Un­ge­rech­tig­keit är­gert auch die meisten Mit­glie­der. 32 Pro­zent wer­te­ten die Spal­tung zwi­schen Arm und Reich als wich­tigs­tes Pro­blem, wäh­rend 26 Pro­zent das Problem am meisten bewegte, dass Bildungs­chan­cen von der Her­kunft und dem Geld­beu­tel ab­hän­gen. Dazu passt, dass die Wie­der­ein­füh­rung einer Ver­mö­gens­teu­er viel Sym­pa­thi­e ge­nießt. Ge­fragt, wel­che bei­den Maß­nah­men sie am wich­tigs­ten fän­den, gaben 23 Pro­zent der Mit­glie­der die Ver­mö­gens­teu­er an, wäh­rend 12 Pro­zent eine Re­form der Erb­schaft­steu­er be­vor­zug­ten. 29 Pro­zent fan­den In­ves­ti­tio­nen in Kitas oder Schu­len am wich­tigs­ten. Hier gewinnt die Bildung also. Auch an an­de­ren Stel­len ist das erkennbar, die Studie ist also mehrdeutig.

Auch die Steuerpolitik könnte eine wichtige Rolle auf dem Parteitag spielen. Viele Linksgrüne fordern die Ver­mö­gen­­steu­er, viele Realos lehnen sie ab – und möch­ten statt­des­sen die Erb­schaft­steu­er fai­rer ge­stal­ten. Hier neigt die Basis offenbar eher der linken Position zu.

Die Umfrage lässt nur bedingt Rückschlüsse darauf zu, was die Wäh­le­rIn­nen der Grü­nen un­ter­stüt­zen. Die Un­ter­schie­de zwi­schen bei­den Grup­pen dürf­ten re­le­vant sein. Die Mit­glie­der seien männ­li­cher, ur­ba­ner und älter als die Wäh­le­rIn­nen, schreibt Kellner, und sie hät­ten einen hö­he­ren Bil­dungs­ab­schluss. „Ge­ra­de für Kam­pa­gnen be­deu­tet das, sich die­sen Un­ter­schied immer wie­der zu ver­ge­gen­wär­ti­gen.“

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