Uwe Rada hört sich bei drei sozialdemokratischen Stadtoberhäuptern und ihrer Vorstellung von Sicherheitspolitik um: Soziale Sicherheit ist auch innere Sicherheit
So eine schöne Location haben wir in München nicht.“ Dieter Reiter ist Sozialdemokrat, Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt, und er ist ein wenig neidisch. Oder tut er nur so?
Vom 19. Stock des „Hauses Berlin“ am Strausberger Platz geht der Blick auf Fernsehturm und Alexanderplatz. Mancher Münchner fühlt sich hier eher an Pjöngjang erinnert. Schwamm drüber. Es ist Wahlkampf. Wo kämen wir hin, wenn jetzt der eine Sozialdemokrat dem anderen seine Stadt vorwerfen würde.
Über eine „verantwortungsvolle Politik für sichere Metropolen“ wurde am Mittwoch diskutiert oder eben: um sozialdemokratische Antworten auf ein verstärktes Sicherheitsbedürfnis der Bürger. Deshalb war neben dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und Dieter Reiter auch der Hamburger Erste Bürgermeister Olaf Scholz gekommen. Deutschlands drei Millionenstädte werden von Sozialdemokraten regiert, sollte da in Erinnerung gerufen werden. Und München, erinnerte Reiter, ist sogar die sicherste Großstadt Deutschlands.
So etwas will betont werden, gerade in Wahlkampfzeiten, in denen CDU-Politiker wie Frank Henkel mal eben den Doppelpass abschaffen wollen. „Wir dürfen die Themen Sicherheit und Integration nicht vermischen“, betont Müller und weiß sich mit den Kollegen einig. Auch darin, dass eine wachsende Stadt mehr Polizei brauche. „Nur ist die Polizei nicht alles“, sagt Scholz. „Wir brauchen auch Städte, in denen gut und weniger gut Verdienende beieinander wohnen.“
Dieter Reiter sagt dazu: „Wir wollen keine gated communities.“
Still wird es hoch überm Alex, als Reiter vom Amoklauf am 22. Juli berichtet, bei dem neun Menschen getötet wurden. „Durch eine starke Polizeipräsenz haben wir Handlungsfähigkeit demonstriert.“ Dennoch hinterlasse eine solche Tat ihre Spuren. „Da gehen objektive Sicherheit und subjektives Sicherheitsgefühl auseinander. Mit einem solchen Amoklauf ist ein Statistikwert sofort weggewischt.“ Reiter betont, wie wichtig in diesem Moment eine zeitnahe Kommunikation sei. „Die Münchner Polizei hat in sechs Sprachen getwittert“, sagt er stolz.
Ein ganz anderes Thema greift Olaf Scholz auf. Es seien gerade die großen Städte wie Berlin, Hamburg und München, in denen Zuwanderer und Flüchtlinge ihr Glück versuchen. „Mit diesen Menschen ziehen auch Kraft und Lebenswille in unsere Städte“, sagt Scholz, dessen SPD in Hamburg allein regiert. Umso wichtiger sei die Integration.
Auch Scholz hatte ein dickes Lob für Berlin mitgebracht. „Berlin“, sagte er ganz hanseatisch nüchtern, „ist einer der Hoffnungsorte unseres Landes.“ Auch deshalb müsse es in Zukunft heißen. „Müller, Berlin“.
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