: Hebron und Umgebung sind weiterhin abgeriegelt
ISRAEL Nach Anschlägen kündigt Netanjahu harte Maßnahmen im Westjordanland an
Im Westjordanland wächst der Unmut über Israels drastische Maßnahmen gegen den Terror. Bei Protesten gegen die Zerstörung zweier Häuser wurden am Montag im Flüchtlingslager von Kalandia vier Palästinenser angeschossen. Die Häuser, die als Abschreckungsmaßnahme gesprengt wurden, gehörten den Familien von Attentätern. Israelische Soldaten nahmen bei Razzien im besetzten Palästinensergebiet über 30 Menschen fest.
Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Vortag „aggressive Schritte“ angekündigt, nachdem Ende vergangener Woche zwei Israelis von Palästinensern ermordet worden waren. Besonderes Entsetzen löste der Anschlag am Donnerstag aus, als ein selbst noch minderjähriger Attentäter ein 13-jähriges Mädchen im Schlaf erstach. Kaum 24 Stunden später forderte ein Schussattentat das Leben eines mehrfachen Familienvaters. Beide Attentate ereigneten sich unweit von Hebron. Die Angreifer wurden am Tatort erschossen.
Die Armee verhängte am Freitag eine Blockade über die Stadt Hebron und das acht Kilometer entfernt liegende Dorf Bani Naim, aus dem der Mörder des Mädchens stammte. Mehrere Familienangehörige wurden festgenommen. Zudem soll vorläufig allen Einwohnern des Dorfes die Arbeitsgenehmigung in Israel entzogen werden. Rund ein Fünftel der Palästinenser aus Bani Naim verdient seinen Lebensunterhalt in Israel oder in einer israelischen Siedlung.
Zum ersten Mal seit zwei Jahren verhängte die Armee wieder eine Blockade über die Stadt Hebron und umliegende Ortschaften. Damals waren die Soldaten auf der Suche nach drei entführten Jeschiwa-Schülern.
In den Reihen der Armee ist die Maßnahme umstritten. Kritische Offiziere fürchten, dass mit der Verschärfung der Lebensumstände die Gewaltbereitschaft der Palästinenser wächst. Israel reagierte seit dem Beginn der aktuellen Terrorwelle vor knapp einem Jahr wiederholt mit Absperrungen und Straßenblockaden. In der Regel werden die Reisebeschränkungen schon nach wenigen Tagen wieder gelockert. Der Minister für Innere Sicherheit sprach diesmal jedoch von einem „längeren Zeitraum“.
Netanjahu kündigte an, die Überweisungen palästinensischer Steuergelder und Zölle, die Israel im Auftrag der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) kassiert, um die Summe zu kürzen, die die PA monatlich an die Familien inhaftierter Terroristen zahlt. Erziehungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei „Das jüdische Haus“ forderte zudem, die Region um Hebron vom Internet zu kappen, um Gewaltaufrufe und Hetze in den sozialen Netzwerken zu unterbinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen