Konflikt um die Rigaer 94: Polizei marschiert durch
Immer wieder nutzen Polizisten Nachbargebäude für ihre Einsätze in der Rigaer 94. Dabei lassen sie sogar Dritte aufs Dach. Ein Anwohner erstattete nun Anzeige.
Seit Tagen ist die Polizei in der Rigaer Straße in Friedrichshain präsent, um die Bauarbeiten des Eigentümers im Hausprojekt Rigaer 94 zu sichern. Dabei nutzen die Beamten immer wieder die Dächer benachbarter Gebäude als Zugang oder Beobachtungsposten. Am Freitag geleiteten sie sogar Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes aufs Dach. Ein Anwohner hat nun Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung erstattet.
Bei diversen Polizeieinsätzen seien immer wieder Beamte im oder auf ihrem Haus, berichten Bewohner der Nachbarhäuser. So auch seit vergangenem Mittwoch, als 200 Polizisten im Einsatz waren, um die Bauarbeiter bei der Räumung der „Kadterschmiede“, der Szenekneipe in der Rigaer 94, zu schützen – so Innensenator Frank Henkel (CDU). Die Eigentümerin, eine britische Investmentfirma, will dort nach eigenem Bekunden Wohnungen für Flüchtlinge herrichten lassen. Zur Bewachung der Baustelle setzt sie auch eine private Sicherheitsfirma ein.
Am Freitag dokumentierte nun ein Anwohner, dass sich nicht uniformierte Personen auf dem Dach aufhielten. Diese hätten auf Nachfrage angegeben, sie seien Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes – die Polizei habe sie, wie auch vom Anwohner beobachtet, aufs Dach geleitet. Der Bitte, das Dach zu verlassen, entsprachen sie nicht. Fotos zeigen, wie sie sich auf dem Dach sonnen. Zudem sind die Dachluke und die Dämmung im Dachbodenbereich offensichtlich beschädigt.
Die Gebäude an der Rigaer Straße Ecke Zellestraße sind Eigentum einer Bewohnergenossenschaft. Die Eingänge sind durch Zugangscodes gesichert, die auch von der Polizei augenscheinlich benutzt werden. Die Dachluken sind nur mit einem Schlüssel zu öffnen, das Schloss war am Freitagabend geöffnet. Der Anwohner, der auch Mitglied im Aufsichtsrat der Genossenschaft ist, erstattete noch vor Ort Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung.
Polizei hat Zugangscodes
Das Betreten fremden Eigentums, von dem selbst keine Gefahr ausgeht, ist der Polizei nur dann erlaubt, wenn entweder eine Gestattung des Eigentümers vorliegt oder aber das Betreten unvermeidbar ist, um eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit abzuwenden. Beschädigung am Eigentum Dritter ist in jedem Fall von der Polizei zu ersetzen.
Der am Freitag zuständige Polizeidirektor Thomas Böttcher erklärte im direkten Gespräch mit dem Anwohner, man habe eine Gestattung des Eigentümers. Außerdem gebe es „immer wieder gefährliche Situationen“, deshalb würden sie auch „immer wieder aufs Dach gehen“. Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ließ der Polizeidirektor aber unmittelbar nach der Anzeige vom Dach holen.
Eine vor Ort anwesende Mitarbeiterin der Genossenschaft erklärte hingegen gegenüber Anwohnern, eine Gestattung zur Begehung des Daches liege nicht vor und die Polizei habe zu keinem Zeitpunkt von der Genossenschaft Schlüssel oder Zugangscodes erhalten. „Die Polizei nutzt unser Haus quasi als Bürgersteig zur Rigaer 94“, empört sich ein Anwohner. Von der Polizei war am Sonntag keine weitere Stellungnahme zu bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Berliner Kurator verurteilt
Er verbreitete Hass-Collagen nach dem 7. Oktober
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar