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Polizeieinsatz in der Rigaer StraßeLinke Szenekneipe geräumt

Mit einem Großaufgebot „unterstützt“ die Berliner Polizei die Hausverwaltung der Rigaer Straße 94. Auch die Kadterschmiede wird geräumt.

Inzwischen fast schon ein gewohntes Bild: Polizei vor dem Hausprojekt Rigaer Straße 94 Foto: dpa

Aufschrei, eine Mülltone wird an der Ecke Rigaer Straße – Liebigstraße hin- und hergezerrt. Auf der einen Seite der Tonne befinden sich Polizisten in Schutzmontur, auf der anderen Seite SympathisantInnen des autonomen Hausprojekts Rigaer 94. Nach wenigen Sekunden zieht sich die Polizei zurück, die RäumungsgegnerInnen dagegen halten die Stellung.

Mit der Unterstützung von 300 Polizisten, privaten Security-Mitarbeitern und Handwerkern begann am Mittwochmorgen um 7.30 Uhr die Räumung einer Werkstatt und der Szenekneipe „Kadterschmiede“ in der Rigaer 94 in Friedrichshain.

„Wir sind gekommen, weil uns die Hausverwaltung um Unterstützung gebeten hat. Wir sichern die Arbeiten vor Ort und agieren passiv“, erklärte Polizeisprecher Winfrid Wenzel. Die Polizeisperre in der Rigaer Straße, die für die Räumung errichtet wurde, umfasst die Hausnummern 91 bis 95. Vor den Absperrungen befinden sich bis zu 100 RäumungsgegnerInnen.

Der „Dachboden des Vorderhauses sowie zwei zweckentfremdete Flächen im Erdgeschoss“ würden im Auftrag der Eigentümergesellschaft geräumt, teilte die Hausverwaltung in einer Pressemitteilung mit. Außerdem diene der Einsatz dazu, „vorhandene Mängel im Brandschutz“ zu beheben. Nach Instandsetzung solle der Wohnraum an Geflüchtete vermietet werden.

Brennende Autos nach Polizeieinsatz

Nach dem Polizeieinsatz in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain sind in der Nacht zum Donnerstag mehrere Autos in Flammen aufgegangen. "In Pankow brannte in der Glaßbrennerstraße ein Fahrzeug", sagte ein Polizeisprecher am frühen Morgen. In der Finnländischen Straße - ebenfalls in Pankow - standen Baumaschinen in Brand, in der Wohnanlage Dora-Benjamin-Park zündeten Unbekannte weitere Autos an.

An Bankfilialen in der Beusselstraße und am Halleschen Ufer wurden Fensterscheiben eingeworfen. "Festnahmen gab es nicht", sagte der Sprecher. Ob die Straftaten in Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz in der Rigaer Straße stehen, war zunächst nicht ganz klar, es wird aber vermutet. (dpa)

Auf einem Transparent an der Rigaer 94 wird Innensenator Frank Henkel (CDU) mit „Flüchtlinge instrumentalisieren, antifaschistische Strukturen zerschlagen“ zitiert. Aufgrund der hohen Mietpreise im Bezirk könnten in den Wohnungen sowieso keine Geflüchteten unterkommen, teilen die Vereine „Moabit hilft“ und „Friedrichshain hilft“ in einer Pressemeldung mit. Die Rigaer 94 habe Geflüchteten bisher ohnehin kostenlosen Wohnraum zur Verfügung gestellt und ihnen als „Begegnung- und Rückzugsort“ gedient. Das Verhalten des Senats und der Hausverwaltung sei deshalb „zynisch“, kritisieren die Vereine.

Oliver Höfinghoff von der Piratenfraktion sieht in der Räumung ein wahlstrategisches Vorgehen von Innensenator Henkel: „Es ist nicht mehr lange bis zur Berlinwahl. Der Zeitpunkt der Räumung scheint deshalb nicht zufällig gewählt“, stellt Höfinghoff fest. Weil die Kameraüberwachung am Alexanderplatz nicht beschlossen werden konnte, suche sich Henkel nun ein anderes Schlachtfeld. Die Rigaer 94 eigne sich dafür ganz gut.

Währenddessen tragen AnwohnerInnen Möbel und einen Tischkicker aus dem Gebäude. Vieles sei von den Handwerkern schon entsorgt worden, erzählt eine Bewohnerin des Hauses. Ein Anderer warnt, dass dies die erste Eskalationsstufe einer Serie von Maßnahmen gegen die Rigaer 94 und umliegender Räumlichkeiten sein könnte. Ein Nachbar interpretiert die teilweise Räumung als „eine milde Strategie der sukzessiven Räumung“, mit der nach und nach alternative Räume aus dem Kiez verdrängt werden sollen. „Ich denke, die erste Antwort auf die heutige Räumung wird nicht lange auf sich warten lassen.“, sagt dagegen ein weiterer Sympathisant und Nachbar der Rigaer 94.

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16 Kommentare

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  • Wenn es einen vollstreckbaren Räumungstitel gibt, kann und darf geräumt werden. Für Hausbesetzungen gibt es in einem Rechtsstaat keine Legitimität.

  • Irgendwie immer dasselbe. " Von der Wiege bis zum Grab, spielt sich alles unter 300 Polizisten ab", K. Tucholsky etwas abgewandelt. Kapital und die angehängte Bürokratie "beteiligen den Bürger" im städtischen Verordnungskatalog am Stadtplanungsprozess. Freiheit geht komplett anders. Wir haben eine Schaufensterdemokratie mit Panzerglas.

  • Die Zeiten von Besetzungen sind vorbei.

  • "antifaschistische Strukturen zerschlagen"? Also faschistischen Strukturen den Weg ebnen? Mit "Hilfe" der Polizei?

     

    Die Frage ist wohl nicht, ob die rechten sich durchsetzen, sondern wann!

     

    Erbärmliches Deutschland.

  • Wenn einem was nicht passt, setzt man halt Autos und Baumaschinen in brand.

     

    Das sind "Nazi Methoden"!

    • 3G
      34420 (Profil gelöscht)
      @Gurkenbrille:

      Die Gurkenbrille mal putzen? Durchblick und so.

       

      Natürlich ist das Abfackeln von Autos kriminell. Aber es müsste auch durch eine Gurkenbrille zu sehen sein, dass hier noch ganz andere Kräfte zündeln. Was haben Sie für Vorstellungen von Nazi-Methoden? Offensichtlich sehr unklare.

    • @Gurkenbrille:

      Nein. Die Nazis haben zunächst Bücher und dann vorzugsweise Menschen verbrannt, die Neo-Nazis fackeln mal mehr, mal weniger bewohnte Häuser ab und die AfD begnügt sich bislang noch mit verbalem Zündeln. Das ist schon eine ganz andere Kategorie.

       

      Das die Brandstiftungen an Autos und Baumaschinen nicht zu rechtfertigen sind, steht außer Frage. Arbeitsplätze durch Zerstörung von Firmeninventar zu riskieren zeugt nicht gerade von ausgerpägten linken Idealen, sondern eher von Bandenmentalität, die "ihr Revier" um jeden dreckigen Preis verteidigen will. Wenn die Täter wirklich etwas mit der Rigaer zu tun haben sollten, dann wäre die Räumung durchaus gerechtfertigt.

      • @Cerberus:

        Sie haben wohl kein Twitter. Das war der #TagX aufgerufen dazu haben die Rigaer94 Bewohner. Alle sollen in die Stadt gehen und in kleinen Gruppen "kreativ" werden.

    • @Gurkenbrille:

      Mag sein. Aber haben da auch Kinder drin geschlafen in den Autos und Baumaschinen? Oder ist das Abbrennen von bewohnten Flüchltingsunterkünften vielleicht doch nochmal eine Spur mehr "Nazi" als die Sachbeschädigung von Kraftfahrzeugen?

      • @LeSti:

        Ich habe nicht gesagt das sie es "genau wie die Nazis" machen.

         

        die Methodik bleibt aber dieselbe.

        • @Gurkenbrille:

          Inwiefern?

           

          Weil das Feuer bei beiden in etwa die gleiche Temperatur hat?

           

          Ihr "Vergleich" ist nichtssagend, da er lediglich ein vorhersehbares und stringent vorgegebenes Ergebnis ihrer Vorstellungswelt zu bedienen hat. In einem Diskurs unter vernunftbegabten Diskussionspartnern versucht man mittels Vergleichen Antworten auf Fragen zu finden oder zumindest Anstöße zu geben. Sie definieren mit ihrer Gleichsetzung die Antwort vorab und suchen davonausgehend nach Fragen, welche niemand stellt, der seine Sinne noch beisammen hat.

           

          Das ist nicht mal "Nachdenken auf den Kopf gestellt", das ist lediglich eine Selbstdarstellung zum Thema "Nachdenken unter Entbehrung des Kopfes".

        • @Gurkenbrille:

          Sie haben schon Recht mit den Nazi Methoden da ja in jüngster Vergangenheit vor allem NPD und Nazi Kader im zusammenhang mit Brand- und Sprengstoffanschlägen auf Autos verhaftet wurden. Daher würde mich Interessieren woher sie ihre "Quellen" haben, die besagen das die Bewohner_innen der Rigaer irgendwas mit benennenden Autos zu tun haben und warum unterhalten wir uns überhaupt darüber?

          • @Muff:

            [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

        • @Gurkenbrille:

          hopp, erklär das mal genauer!

          Zurückrudern gilt nicht. der (dumme, revisionistische, unverschämte, geschichtsvergessene) Nazivergleich steht!

          • @Zecke:

            Man sehe und staune .... Manche Antworten erledigen sich von selbst.

             

            Man betrachte die Rigaer 94 und die Menschen die dahinter stehen.