portrait: Der Sprecher der US-Muslime
Nach dem Massaker von Orlando beeilte sich der Vorsitzende der größten muslimischen Organisation in den USA, die Tat aufs Schärfste zu verurteilen: „Es gibt für solch ein Verbrechen keinerlei Rechtfertigung“, sagte Nihad Awad vom Council On American-Islamic Relations (CAIR) am Sonntag in Washington. „Wie kann so jemand glauben, für uns zu sprechen? Er ist das Gegenteil von allem, wofür wir stehen, als Muslime und als Amerikaner“, sagte Awad, der den Attentäter zu einem „Gesetzlosen“ stempelte.
Nihad Awad ist das mediale Gesicht der Muslime in den USA. Seit dem Massaker von Orlando steht der 52-Jährige wieder mal im Fokus der Öffentlichkeit. Aufgewachsen in einem palästinensischen Flüchtlingslager in der jordanischen Hauptstadt Amman, kam Awad einst über Italien zum Studium in die USA. Er belegte das Fach Ingenieurwesen an der Universität von Minnesota. Anschließend gehörte er 1994 zu den Mitbegründern des Rats für amerikanisch-islamische Beziehungen mit Sitz in Washington D. C., dessen Vorsitzender er seitdem ist.
Die Organisation hat sich dem Schutz der Bürgerrechte von Muslimen in den USA und Kanada verschrieben. Ihre juristische Abteilung unterstützt Muslime, die aufgrund ihrer Religion am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit oder in den Medien diskriminiert werden. Außerdem bemüht sich CAIR, ein positives Bild des Islam zu zeichnen, das ihn als im Einklang mit amerikanischen Werten beschreibt.
Nach den Anschlägen vom 11. September gehörte Awad zu den ausgewählten Vertretern muslimischer Verbände, die ins Weiße Haus eingeladen wurden, um an der Seite des damaligen Präsidenten George W. Bush den Terror zu verurteilen.
Diese demonstrative Geste hielt notorische Islamhasser aber nicht davon ab, immer wieder Misstrauen gegen ihn und seinen Verband zu säen und ihnen eine Nähe zur Hamas, zur Muslimbruderschaft und anderen islamistischen oder militanten Organisationen zu unterstellen.
Manche Muslime dagegen sehen CAIR kritisch, weil der Verband in religiösen Fragen eher konservative Positionen vertritt. Auch mit dem Thema Homosexualität tun sich viele muslimischen Gemeinden traditionell sehr schwer.
Nach dem Attentat von Orlando ließ Awad aber keine Zweifel an seiner Haltung aufkommen. Er bekundete sein Mitgefühl mit den Opfern und warnte davor, dass es die Absicht solcher Extremisten sei, die Gräben zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu vertiefen. Und wie mehrere andere muslimische Organisationen im ganzen Land, riefen auch die CAIR-Verbände in Florida zu Blutspenden aus Solidarität mit den Opfern auf. Daniel Bax
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