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Kommentar Vogelschutz und WindkraftRechthaber müssen abrüsten

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Der Streit zwischen den Naturschützern und den Windmühlenbetreibern ist ideologisch. Er ist aber überwindbar.

Von Naturschützern als Gefahr für Vögel ausgemacht: Windkraftanlagen Foto: ap

E s ist ein ideologischer Streit, der die Diskussion über die Energiewende seit Jahren belastet. Überzeugte Naturschützer behaupten, Windräder würden so viele Vögel töten, dass man sich Sorgen über den Bestand mancher Art machen müsse. Anlagenbetreiber und ihre Lobby dagegen erklären die Vogelfreunde zu Ökospinnern. Derzeit ist eine neue Runde des Konflikts im Gange. Rechthabern auf beiden Seiten möchte man zur Abrüstung raten.

Aktuell dienen Rotmilane und Mäusebussarde als Objekte der Auseinandersetzung. Radikale Tierschützer behaupten, Windkraftfirmen würden die Nester geschützter Vögel zerstören, um Platz für ihre Kraftwerke zu schaffen. Mit aktuellen Gutachten schießen die Ökoenergie-Freunde zurück und entlarven plausible Argumente der anderen Seite als vermeintliche Propaganda.

In dieser Gefechtslage kommen nun vier renommierte Institute zu Ergebnissen, die den Streit beruhigen könnten. Ja, regelmäßig werden Mäusebussarde von den Rotorblättern zerfetzt. Möglicherweise sterben auf diesen Art in Schleswig-Holstein jährlich 6 Prozent der Tiere. Bei Arten mit relativ wenigen Exemplaren könne ein solche Todesrate durchaus problematisch sein, bei Arten mit großem Bestand jedoch nicht, lautet das Fazit.

Daraus lässt sich diese Botschaft ableiten: Natürlich sollte man beide Anliegen – Naturschutz und Energiewende – ernst nehmen. Kompromisse sind möglich. Geht es tatsächlich um kleine, bedrohte Vogelbestände, müssen die Unternehmen mal auf drei, vier Windmühlen verzichten.

Andererseits können viele Vögel durchaus überleben, obwohl ihnen die Kraftwerke zusetzen. Ein Grund: Sie bekommen genügend Junge, die die Verluste ausgleichen. Solche Gesichtspunkte werden demnächst hoffentlich stärker thematisiert, wenn das von der Bundesregierung und der Michael Otto Stiftung unterstützte Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende mit seiner Arbeit beginnt.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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13 Kommentare

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  • In F ist der Bestand an Milanen deutlich gesunken. Obwohl dort die WKA dazu fehlen. Was ist es dann?

    Es ist stets die intensive Landwirtschaft. Wenn in der EU 62% des Getreides an Tiere verfüttert werden muss ist doch klar weshalb jeder qcm genutzt und mit Pestiziden verseucht wird.

    Wem seltene Vögel wichtig sind sollte also vegan leben!

  • Genau so ist's: Und wenn sie fleißig Nachkommenschaft in kürzerer Zeit zeugen, dann lernen die räuberischen Piepmätze in einigen hundert Generationen auch Warnschilder lesen. Somit dienen WEA's der schnelleren Weiterentwicklung der Art und selektiert die nicht anpassungsfähigen, also Schwachen aus. Zudem werden Bodenräuber besser genährt, die in der kultivierten Landschaft sonst schlecht Nahrung finden.

    Zudem könnte da noch die Geschwindigkeits- und sonstigen Begrenzungen auf Straßen aufgehoben werden. Das gäbe dann auch einen guten Evolutionsschub und wäre, wenn die Unfallverursacher gleich mit abgeräumt würden auch durchaus ökologisch sinnvoll.

     

    Schönen Gruß aus Holtriem an der ostfriesischen Nordseeküste, dort wo jeglich mögliche Flächen mit WEA's vollgestellt sind bzw. in diesem Jahr noch werden. Schauen Sie sich dieses Phänomen einmal an und denken sie dabei auch an die Mehrheit der Nichtprofiteure, aber auch mal in die Vogelwelt hinein, die da durchfliegen muss und die Opfer, die die maschinellen Knüppel fordern.

  • Wenn ein Wirtschaftsjournalist über Artenschutz kommentiert....

     

    Der VLAB hat am 11.6.2016 über den Vogelmord für Ökostrom berichtet (http://www.umwelt-watchblog.de/vogelmord-fuer-oekostrom/) und bei windwahn gibt es eine eigene Rubrik zum Thema (http://www.windwahn.de/index.php/naturschutz/vogelmord-fuer-die-energiewende.html)

    Und eine Sache noch, Herr Koch, es handelt sich nicht Windmühlen. Da sie kein Mahlwerk besitzen, kann es sich per se nicht um Mühlen handeln.

    Tatsächlich sind es Kraftwerke. Wie Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke, Gaskraftwerke, Wasserkraftwerke oder Fusionskraftwerke auch.

  • Es ist schon erstaunlich, dass für bestimmte "gute" Technolgien nicht das Vorsorgeprinzip gilt: Sie sind erlaubt, solange kein Schaden bewiesen ist. Andere "böse" Technologien werden nur erlaubt, wenn bewiesen ist, dass sie keinen Schaden anrichten.

    • @alfonearth:

      Ähm ja. Und dann sagen Sie mal eine Kraftwerksart, die man nach dem Vorsorgeprinzip hätte zulassen dürfen.

    • @alfonearth:

      "Andere "böse" Technologien werden nur erlaubt, wenn bewiesen ist, dass sie keinen Schaden anrichten."

       

      So wie die Atomkraft und ihre nicht angerichteten Schäden von Tschernobyl und Fukushima?

  • Ich hätte mir einen Hinweis darauf gewünscht, dass es vor allem die „Grünen“ und die Umweltverbände waren, die seinerzeit den Umstieg auf erneuerbare Energien forderten, und zwar EINSCHLIESSLICH der Windkraft!

     

    Warum haben diese Leute damals nicht die gleiche gründliche Technikfolgen-Abschätzung vorgenommen und die Umweltverträglichkeit geprüft, die sie zu jeder Gelegenheit vehement von Politik und Wirtschaft fordern?

  • Mh, ich frage mich gerade wie das Fazit aussähe, wenn eine andere Technik die kein fesches Öko in der Bezeichnung hat 6% der Tiere einer Art pro Jahr in Stücke reißen würde mit der Aussage "oh es gibt ja genug Jungtiere, da können auch mal nen paar Tausend von den Viechern zerstückelt werden" gerechtfertigt würde.

  • Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren: Genau wie in der Politik werden die, die die Welt zu einer besseren machen wollen für uns alle, nicht nur von denen behindert, die entweder gar nicht oder nur an sich selber denken. Sie behindern sich zudem auch gegenseitig.

     

    Ich frage mich, wie die „Energiewende“ und mit ihr der Artenschutz jemals geschafft werden sollen, wenn die Fundamentalisten aller Seiten einander ihr Weltretter-Image neiden. Haben die die Schnauze wirklich immer noch nicht voll von Ideologien? Natur ist Veränderung. In all den Fällen, in denen der Mensch nicht dafür sorgt, dass eine Art zu schnell ausstirbt, passt sie sich an. Die Evolution ist ja nicht abgeschafft, nur weil der Mensch der Ansicht ist, er sei die Krone der Schöpfung und müsse es auf ewig bleiben!

    • @mowgli:

      Sehe ich genauso. Den Leuten fehlt der Blick für Große-Ganze.

      Einzelne Kleinigkeiten halten alles un jeden ewig auf und nie passiert irgendwas, jedenfalls nicht rechtzeitig.

      Und wenn dann was passiert, ist die Welt drumherum schon wieder so verändert, dass die Änderung nicht mehr so recht passt.

      Das sich dieses Phänomen immer mehr auch außerhab der Poltiik ausbreitet ist sehr bedenklich

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Sehr geehrter Herr Koch,

    "Windmühlenbetreiber" sind ausgestorben und "Windmühlen" dienen nur noch der touristischen Dekoration langweiliger Landstriche im Norden Deutschlands und in Holland.

    Beide Begriffe haben alles an Witz und Originalität längst eingebüßt.

    Nennen Sie die Dinger doch beim Namen und schon ist allen alles klar.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Ist das ihr größtes Problem, verehrter KLAUSK? Sie haben aber schon auch die Überschrift gelesen, oder?

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        Nein / ja, und zwar nicht nur die Überschrift.

        VerehrteR Mowgli, Sie haben aber schon meinen ganzen Kommentar gelesen, oder?

        Zu blödsinnigen Begriffen haben Sie doch sicher auch Meinungen, hoffe ich...